Architektur spielt hier die Hauptrolle Um die Ecke gedacht – Glas biegen

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Gebogenes Glas steht gerade bei renommierten Architekten hoch im Kurs und eröffnet damit qualifizierten Fachleuten ungeahnte Gestaltungsmöglichkeiten. Für Hersteller und Verarbeiter mit der nötigen Kompetenz ergeben sich daraus attraktive Marktchancen.

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    © Glasverdelung Freericks
    Auch für kleinere Objekte, wie hier bei einem Wohnhaus, fertigt die Glasveredelung Freericks gebogenes Glas.
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    © Nord LB/BF
    Im Bürogebäude von Latvijas Gaze im lettischen Riga setzte Döring Glas gebogenes Glas ein.

Eines vorneweg: Gebogenes Glas ist definitiv kein Produkt für Einsteiger ohne ausreichende Erfahrung mit der Materie. „Wer sich einfach einen Ofen kauft und damit loslegen will, der muss viel Lehrgeld bezahlen. Wir haben über Jahrzehnte Erfahrung gesammelt, die in jedem unserer Produkte steckt und sich in hoher Qualität niederschlägt“, betont Bernward Freericks, ehemaliger Geschäftsführer von Freericks Glas. Der Spezialist hat vor 35 Jahren ein Verfahren zur großflächigen Scheibenverformung patentiert. Seitdem fertigt das Unternehmen gebogenes Float, beschichtetes Glas, VSG und Isolierglas. Möglich sind ebenso ESG sowie teilvorgespanntes Glas (TVG) mit Radius, sowohl für den Einsatz im Innenausbau als auch für die Fassadengestaltung. Selbst gebogenes Isolierglas mit drei Scheiben und einer vorgesetzten vierten Scheibe aus VSG meistern die Experten.

„Weil in den zurückliegenden Jahren die Entwicklung in der Produktions-, aber auch der Veredelungstechnik, etwa bei Funktionsbeschichtungen für Wärme- und Sonnenschutz, für gebogenes Glas große Fortschritte gemacht hat, können multifunktionale, geometrisch komplexe Fassaden entstehen, durch die sich neue Potenziale für die Gestaltung und damit auch für die Wertschöpfung eröffnen“, fasst Jochen Grönegräs, Geschäftsführer des Bundesverbands Flachglas, zusammen.

Draußen und drinnen im Einsatz

„Aktuell liefern wir das meiste gebogene Glas für den Inneneinsatz. Das kann sich aber wieder ändern, je nachdem, wie sich die Nachfrage der Architektur entwickelt“, sagt Freericks. Anders hat sich Döring Glas aufgestellt. Das Unternehmen hat sich auf die Gestaltung von Fassaden spezialisiert und fertigt deshalb hauptsächlich gebogenes Isolierglas. „Wir biegen Glas bereits seit den 1950er-Jahren und liefern heute nur noch solches Glas, weil wir uns damit von anderen Betrieben abheben wollen. Der Anteil von Architekturglas liegt bei Döring bei zirka 80 Prozent“, erläutert Uwe Rauschning, Leiter Vertrieb und Marketing bei Döring Glas.

Als aktuelles Großprojekt hat der Betrieb mit knapp 40 Mitarbeitern den Kö-Bogen in Düsseldorf mit 2.200 Quadratmeter gebogenem Multifunktions-Isolierglas als Kombination aus Sonnenschutz, Wärmeschutz und Sicherheitseigenschaften als VSG in Weißglas ausgestattet. „Bei solchen Großprojekten muss alles stimmen, von der Beratung für die richtige Glaskombination über die Fertigung des gebogenen Glases in höchster Qualität bis hin zur Montage“, betont Rauschning. Das Spektrum der einsetzbaren Gläser sei bei gebogenen Varianten kleiner, die Expertenberatung von Architekten deshalb sehr wichtig. „Wir müssen den Planern auch sagen, was nicht geht, um hinterher nicht Probleme bei der Umsetzung zu bekommen“, erläutert der Experte. Um diese hohe Qualität aufrechtzuerhalten, investiert Spezialist Döring Glas immer wieder in zeitgemäße Anlagentechnik wie Spezialöfen, die das Unternehmen nach der Installation noch mit eigenem Know-how weiterentwickelt. „Damit bleibt stets ein großer Teil unseres Fachwissens im Haus“, sagt Rauschning.

Erfahrung und Technik

Freericks Glas setzt auf ältere Biegeanlagen, die aber in Kombination mit der Erfahrung der Fachkräfte spezielle Anforderungen der Kunden erfüllen: „Wir stellen mit unserer Technik und den erfahrenen Augen unserer Ofenmeister Produkte her, welche hochmoderne Anlagen gar nicht bearbeiten können“, sagt Freericks. Dazu zählt unter anderem ein anspruchsvolles Projekt aus 40 Scheiben mit unterschiedlichen Radien oben und unten und verschiedenen Radien im Verlauf der Biegung, insgesamt entstehen so 60 verschiedenen Radien.
Um die Qualität sicherzustellen, muss nach seiner Herstellung das Glas sofort auf die Biegung hin kontrolliert werden. „Entsprechend ist hoch qualifiziertes Personal erforderlich. Die Ausbildungszeit zum Anlagenführer dauert zirka ein Jahr“, betont Alois Schafhausen, Produktionsleiter bei Arcon Glas. Das BF-Merkblatt 009/2011 „Leitfaden für thermisch gebogenes Glas im Bauwesen“ macht Angaben zu Maßhaltigkeit und der optischen Qualität.