Architektenlieblinge schlanke Profile Überholen auf der Schmalspur

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Seit jeher ein „brennend interessantes Thema“ seien Profile mit schmalen Rahmenansichten,sagt Architekt Tim Driedger aus Frankfurt. GFF zeigt, welche Lösungen dazu die Hersteller und Systemgeber anbieten, und erklärt, warum Architekten derart darauf abfahren.

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    © Finstral
    Wo ist der Rahmen? Bei den Flügeln des Typs Nova-Line erwartet den Betrachter von außen eine komplette Ganzglasoptik.
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    © Aluplast
    Das System Energeto 5000 View von Aluplast lässt sich beinahe vollständig überputzen bzw. mit einem WDVS überdecken.

Wie Fensterbauer und Systemgeber berichten, lässt sich im Markt seit einigen Jahren eine steigende Nachfrage nach schmalen Profilen beobachten. „Als Impulsgeber kann man sicherlich die Architekten betrachten, die den Trend mit maximalen Glasflächen und damit immer größer werdenden Elementen gesetzt haben“, sagt Dr. Gerhard Schuhmann, Leiter der Systemtechnik bei Aluplast. Der Systemgeber hat auf diese Entwicklung reagiert und bietet seinen Verarbeitern mit Energeto und Energeto 5000 View die Möglichkeit, sich mit schmalen Systemen zu differenzieren. Für den Trend hin zu schmalen Ansichten sind laut Schuhmann indes nicht nur ästhetische Gesichtspunkte entscheidend; er habe auch mit der Erkenntnis zu tun, dass Licht für das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen eine entscheidende Rolle spiele – gerade vor dem Hintergrund, dass der moderne Mensch einen Großteil seines Lebens in geschlossenen Räumen verbringt. Mit seinem System Energeto bietet Aluplast Ansichten von 102 bis 109 Millimeter. Dank dreier verschiedener Technologien wartet das System dem Hersteller zufolge mit einem Uf-Wert von 0,79 W/m2K auf: Der Werkstoff Powerdur, ein glasfaserverstärkter Kunststoff, sorgt im Inneren der Profile für die nötige Stabilität und ersetzt den Wärmeleiter Stahl. Die Klebetechnik Bonding Inside trägt ebenfalls zu einer verbesserten Stabilität bei. Die Technologie Foam Inside, für welche die Profilkammern mit einem PU-Schaum ausgefüllt werden, verbessert die Wärmedämmung optional nochmals.

Kleben, statt zu klotzen

Davon abgesehen, hilft die Klebetechnik entscheidend mit, schmale PVC-Konstruktionen umzusetzen: „Bei der Klebetechnik wird die Eigensteifigkeit der Scheibe zur Stabilisierung des gesamten Fensterelements genutzt. Die Kammern in den Profilen können kleiner werden, wodurch sich die Ansichtsbreite reduziert“, führt Schuhmann aus. Bei konventionell mit Stahl verstärkten und verklotzten Systemen lasse sich die notwendige Stabilität dagegen nur mithilfe eingeschobener Stahlarmierungen erreichen, die wiederum ausreichend große Kammern in den Profilen erforderten.

Eine besonders schmale Lösung stellt das System Energeto 5000 View von Aluplast dar. Diese Lösung mit verdeckt liegendem Flügel lässt sich fast vollständig überputzen bzw. mit einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) überdecken, so dass von außen nur die Glasfläche sichtbar sei. Hier kommen die Features von Energeto zum Einsatz. Durch die Möglichkeit, den Rahmen zu überputzen, lässt sich laut Schuhmann die oft unterschätzte Wärmebrücke Fenster/Laibung in den Griff kriegen.

Funktionen bleiben erhalten

Auch der Südtiroler Vollsortimenter Finstral spürt den Trend hin zu großen Glasflächen und schmalen Rahmenansichten. „Bauherren und vor allem Architekten wünschen sich einen modernen Glaslook mit klaren Linien, ohne dabei Abstriche bei der Funktion in Kauf zu nehmen“, sagt Geschäftsführer Joachim Oberrauch. Auch sein Unternehmen setzt auf die Klebetechnik, um Blendrahmen und Flügel schmal zu halten. „Dies ist gerade bei sehr großen Flügeln von Vorteil. Durch die stabile Konstruktionsweise lassen sich größere Glasflächen mit schmaleren Rahmen realisieren.“ In normal großen PVC-Flügeln – die Profile extrudiert das Unternehmen selbst – verbessere sich ohne die entbehrliche Stahlverstärkung außerdem die Wärmedämmung. Finstral bietet mehrere Designlinien für schmale Ansichten: Für seine Flügel des Typs Slim-Line kommuniziert das Unternehmen eine Außenansicht von 28 Millimeter, für die Stulpausführung sind es 116 Millimeter. Wer es noch reduzierter haben möchte, findet mit dem Nova-Line-Flügel ein Fenster, bei dem von außen kein Flügelrahmen sichtbar ist. Das Glas liegt direkt am Blendrahmen an, der Stulp misst 75 Millimeter. „Für eine komplette Ganzglasoptik lässt sich der Blendrahmen zudem seitlich und oben einputzen“, betont Oberrauch. Um an der Raumseite möglichst viel Glas und wenig Rahmen zu haben, biete sich die neue Designlinie Cristal an. Hier läuft das Glas über den Flügelrahmen, so dass dieser raumseitig gar nicht mehr sichtbar ist.

Alu-Fenster mit PVC-Kern

Eine interessante Lösung im Programm von Finstral ist das modular konstruierte Fenstersystem FIN-Project. Dieses verbindet die Vorteile von Alu-Fenstern mit den funktionalen Eigenschaften eines Kunststofffensters. „Der Kern aus Kunststoff ist die funktionale Ebene. Er übernimmt u.a. die Wärmedämmung bis Uw = 0,80 W/m2K, die Beschlagaufnahme und die Wasserführung“, führt Oberrauch aus. Außen und innen ist die Gestaltungsfreiheit groß, verschiedene Farben und Flügelvarianten lassen sich je nach Anforderung konfigurieren. Auch für dieses System bietet Finstral den Nova-Line-Flügel mit Nullansicht an – sowie das entsprechende Verbundfenster Twin-Line Nova mit innen liegender Beschattung. In den Kombinationen Holz/PVC und Holz/PVC/Alu lassen sich ebenfalls die spezifischen Eigenschaften der Materialien miteinander verbinden. „Ein Kunde, der sich an der Raumseite Holz wünscht, an der Fassadenseite dagegen Witterungsbeständigkeit schätzt und im Fensterkern außerdem hohe Isoliereigenschaften fordert, findet mit unserem Fenstersystem Lignatec das richtige Produkt“, sagt Oberrauch.

Das sagt der Architekt

„Für uns als Architekten sind schmale Rahmenbreiten und schmale Ansichten seit jeher ein brennend interessantes Thema“, sagt Architekt Tim Driedger vom Frankfurter Architekturbüro in_design. „Dieser Wunsch – fast schon: diese Sehnsucht – liegt darin begründet, dass damit eine starke Einbindung der Umgebung sowie der Außenräume in die räumliche Wirkung erfolgen kann.“ Seiner Erinnerung nach ist der Wunsch nach schmalen Rahmen parallel zu den wachsenden Anforderungen hinsichtlich thermischer Trennung, Schall- sowie Einbruchschutz laut geworden. „Je höher hier die Anforderungen wurden – desto breiter die Rahmen und desto größer unser Wunsch nach mehr Glas.“ Das Produktangebot ist seiner Wahrnehmung nach in den vergangenen 20 Jahren „zunächst zögerlich, in letzter Zeit erfreulich schnell“ gewachsen. Seien zunächst nur einzelne Bastler, Edelschmieden oder Nischen-Anbieter an der Entwicklung beteiligt gewesen, die unter Architekten als Geheimtipps ausgetauscht wurden, böten mittlerweile auch viele der etablierten Großen Produkte mit schmaleren Ansichten an. Driedger hofft, dass durch eine größere Verbreitung solcher Elemente ein attraktiverer Preis entsteht – um vermehrt Bauherrenwünschen nach größerer Transparenz, Helligkeit und raumhohen Verglasungen, verbunden mit Anforderungen an Einbruchsicherheit, Schwellenlosigkeit und Öffnungsfähigkeit, entsprechen zu können.

Welche Wünsche Tim Driedger an die Fensterhersteller für die weitere Entwicklung hat und worauf es bei der Planung und Umsetzung ankommt, lesen Sie im ausführlichen Interview online unter www.gff-magazin.de/driedger.