Pro & Contra Ist es wichtig, die Bleiverglasung zu beherrschen?

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    Jonathan Schaaf arbeitet als Glasermeister bei der Firma Pregizer & Schaaf in Rudersberg-Klaffenbach.
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    Glasermeister Florian Sacher ist Geschäftsführer von Sacher Fenster & Glasbau in Oelde.

Die Bleiverglasung sollte meiner Meinung nach fester Bestandteil unseres Berufsbilds sein. Die Situation ist doch folgende: Der Kunstglaser als Beruf stirbt aus und der Glaser-Beruf verschiebt sich immer mehr in Richtung Fensterbau. Ich persönlich finde das schade: Glaser sollten mit Glas arbeiten können. Daher sollte man die Bleiverglasung als Technik zu schätzen wissen und sie auch beherrschen. Viele Möglichkeiten gibt es sonst nicht, mit den Händen direkt am Material zu arbeiten. Zum ersten Mal bin ich in der überbetrieblichen Ausbildung mit der Bleiverglasung in Kontakt gekommen. Ich möchte nicht verhehlen, dass ich anfangs auch dachte, diese Technik braucht kein Mensch. Ich habe meine Meinung aber geändert und finde es auch richtig, dass im Meisterkurs die Anfertigung einer einfachen Bleiverglasung verlangt wird. Fragwürdig ist da schon eher, dass wir den französischen Keilverschluss beherrschen müssen – vor allem wenn man bei dieser Situationsaufgabe an der Maschine fräsen darf. Bei der Bleiverglasung muss man dagegen filigran mit der Hand arbeiten. Ich finde insbesondere die Reparatur kaputter Bleiverglasungen spannend. Die Farbtöne zu treffen und die Teile so zusammenzufügen, dass es am Ende wieder passt, ist anspruchsvoll und es erfordert exaktes Arbeiten. Wenn man das richtig macht, dann entstehen tolle Bilder. Dass viele im Meisterkurs nicht so gut mit dieser Technik zurechtkommen, liegt meiner Meinung nach daran, dass sie im betrieblichen Alltag keinerlei Berührung mit der Handwerkskunst haben.

www.pregizer-schaaf.de

Wer Bleiverglasungen anbieten will, der soll sich gerne darauf spezialisieren. Ich bin aber der Meinung, dass eine Bleiverglasung kein Bestandteil einer Meisterprüfung sein sollte. Ich habe mich 2016/2017 in Rheinbach zum Meister qualifiziert und musste im Zuge der praktischen Abschlussprüfung dort eine Bleiverglasung anfertigen. Dass das Bestehen davon abhängt, wie geschickt und fingerfertig man in der Bleiverglasung ist, ist meines Erachtens nicht mehr zeitgemäß. Das ist so, als würde von einem Metallbauer, der sich hauptsächlich mit Pfosten-Riegel-Konstruktionen beschäftigt, verlangt, dass er im Kurs ein Kutschenrad schmiedet. Nicht nur wird eine Bleiverglasung von der Kundschaft so gut wie gar nicht mehr gewünscht. Ein Meister hat heutzutage auch ganz andere Aufgabenfelder zu erfüllen: Er muss meist den Betrieb leiten und ist mehr Manager und Kaufmann als auf der Baustelle. Und wenn, dann sind komplexe Konstruktionen wie Fenster, Wintergärten etc. zu planen. In den Themen muss man heute up to date sein. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Dass das Thema im Meisterkurs angesprochen wird, ist völlig in Ordnung. Als Meister muss man schließlich wissen, worüber man spricht. Aber dass man Experte in der Ausführung sein muss, ist nicht erforderlich. Wir bieten als Betrieb auch Bleiverglasungen an – dafür haben wir einen darauf spezialisierten Mitarbeiter. Diese Aufträge nehmen freilich immer mehr ab. Früher haben wir noch die Haustür-Füllungshersteller beliefert, die beziehen ihre Waren heute aber längst aus China.

www.sacher-glasbau.de