Wintergärten versus Sommergärten „Einen Trend kann man nicht aufhalten!“

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Moderne Terrassendächer bieten Loungecharakter, sind auf Wunsch rundum verschließbar und verlängern den Aufenthalt im Freien. Im Moment scheinen sie dem klassischen Wintergarten den Rang abzulaufen. Eine Ursachenforschung.

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    Damit die Montage von Wintergärten und Terrassendächern gelingt, bietet TS-Aluminium Monteuren auch 2022 wieder Montageseminare an.
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    Der Bundesverband Wintergärten will das Thema künftig globaler fassen und auch Glashäuser bzw. Sommergärten betreuen.

Um die schönen Tage des Jahres so lange wie möglich im Grünen zu genießen, galt der Wintergarten als Nonplusultra. Den Wohnraum ins Freie verlagern, sich ein zweites, lichtes Wohnzimmer erschaffen und ganzjährig den Blick in die Natur genießen: Das war jahrzehntelang für Eigenheimbesitzer höchst erstrebenswert. Und heute? Lässt dieser Trend, in einen Wintergarten zu investieren, spürbar nach. „Wenn wir von Wintergärten in Wohnraumqualität sprechen, dann kann man tatsächlich den Trend feststellen, dass sie tendenziell zurückgehen“, resümiert Rainer Trauernicht, Geschäftsführer von TS-Aluminium-Profilsysteme und stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands Wintergarten mit Sitz in Berlin. Ein solcher Wintergarten müsse ja so konstruiert sein, dass er sich ganzjährig als Wohnraum nutzen lasse. „Also benötigt er ein Fundament, eine Rahmenkonstruktion und Verglasung mit entsprechender Qualität, eine Heizung, Anlagen zur Beschattung und Belüftung. Dies bringt von vornherein gewisse Investitionen mit sich“, stellt Trauernicht dazu fest.

Gute Baukonjunktur als Ursache

Rudolf Richter, der vor mehr als 25 Jahren das Unternehmen Wigatec Glas- und Metallbau in Sinsheim-Reihen gründete, beobachtet ebenfalls, dass sich Wintergärten nicht mehr so gut entwickeln, wie dies noch vor einigen Jahren der Fall gewesen war. Dies hänge gewissermaßen mit der guten Baukonjunktur zusammen: Viele Häuslebauer hätten zusätzlich zu ihrem Neubau einfach nicht die Mittel, um noch in einen Wintergarten zu investieren.

„Wenn die Konjunktur erst zurückgeht, läuft es im Wintergarten-Geschäft auch besser.“

„Von dieser Entwicklung profitieren vor allem Anbieter von Terrassendächern, die in der Lage sind, ihre ‚Sommergärten‘ günstig anzubieten“, sagt Richter. „Hinzu kommt, dass sich Vorschriften und Gesetze im Wintergarten- und Fensterbau verschärft haben.“ Im Vergleich zu einer Markise benötige die Montage eines Wintergartens mehr Know-how sowie eine intensivere Planung – „das kann nicht jeder Metallbauer um die Ecke.“ Eines habe ihm seine 30-jährige Berufserfahrung jedoch gezeigt: „Wenn die Konjunktur wieder zurückgeht, läuft es im Wintergarten-Geschäft schnell wieder viel besser.“

Konkurrenz ist breiter aufgestellt

Für Franz Wurm, der das Ingenieur- und Sachverständigenbüro für das Bauen mit Holz-Glas-Metall in Rosenheim leitet und seit 1999 Vorsitzender des Wintergarten-Fachverbands in Rosenheim ist, gibt es einen ganz klaren Grund, weswegen die Anbieter von Sommergärten sich heute so gut am Markt behaupten: Sie seien mit ihren Produkten breiter aufgestellt als Anbieter von Wintergärten. „Der Preis spielt dabei natürlich auch eine Rolle“, ergänzt er. Beim Wintergarten handle es sich um ein Produkt für Menschen mit etwas mehr Geld im Portemonnaie.

In den vergangenen Jahren sind laut Trauernicht sehr viele neue Produkte auf den Markt gekommen: immer leichtere und größere Öffnungselemente, Schiebedächer und vor allem Ganzglas-Anlagen, die eine fast absolute Transparenz versprechen. In diesem Zusammenhang sei der Begriff Glashaus entstanden. „Von der technischen Seite gesehen, ist ein Glashaus ein Terrassendach mit Seitenelementen, also eigentlich nichts Neues. Der Begriff zielt aber auf diese neue Vielfalt von Ausstattungsmöglichkeiten und eben eine sehr transparente Bauweise ab“, sagt der TS-Aluminium-Geschäftsführer. Ein solches Glashaus oder ein Kaltwintergarten sei zwar nicht in Wohnraumqualität das ganze Jahr über zu benutzen, aber doch sehr lange bis in die Übergangszeiten hinein. Und auch im Winter könne sich eine Überdachung mit geschlossener Glasfront schnell aufheizen, sobald Sonnenstrahlen auf sie träfen. Ganz davon abgesehen, dass sich viele abends mit einem Heizstrahler Behaglichkeit schafften. Und dies scheine für viele Endkunden offensichtlich ausreichend zu sein, betont Trauernicht.

Kunden geben, was sie wünschen

Lässt sich dieser Trend weg von Wintergärten hin zu Sommergärten, wie Richter und Wurm sie nennen, aufhalten? Rainer Trauernicht verneint diese Frage deutlich: „Die Branche selbst hat ja dazu beigetragen, dass es heute so viele unterschiedliche Konstruktions- und Ausstattungsmöglichkeiten gibt.“ Das sei bei TS Aluminium zum Beispiel die Glasschiebe-Tür der Serie S 16, die sich erfolgreich auf dem Markt etabliert habe. Einen Trend könne man nicht aufhalten, aber man müsse darauf reagieren und dem Kunden genau das geben, was er sich gemäß seinen Nutzungsvorstellungen wünscht.

Höhere Margen nutzen

Auf die rückläufige Nachfrage nach Wintergärten hätten sich auch Verarbeiter bereits eingestellt. „Viele Wintergartenbauer haben in ihrem Repertoire mittlerweile auch Sommergärten“, sagt Wurm. Das hänge damit zusammen, dass die Marge in diesem Bereich größer ausfalle, da der Wintergarten wesentlich mehr Planung und Beratung brauche und auch die Ausführung intensiver sei.

Man dürfe laut Trauernicht nicht außer Acht lassen, dass es auch einen Trend dazu gebe, Wohnwintergärten immer besser und komfortabler auszustatten. Wenn diese Zahl absolut auch abnehmen mag, so sei dieses Segment nach wie vor von großem Interesse für die Branche, sagt der Wintergarten-Fachmann. Und es gebe vermehrt nun auch Wintergärten, die nicht mehr nur an die vorhandene Hauswand „angelehnt“ würden, sondern die direkt einen Teil der Hauswand ersetzen oder bei Neubauten direkt in das gesamte Gebäude integriert werden.

Vorteile gegeneinander ausspielen

„Der Wintergarten wird nie aussterben“, davon ist Franz Wurm überzeugt. Vermögendere Kunden, die es exklusiver mögen, würden diese Variante einem Sommergarten auch heute noch vorziehen. Zudem habe sich das Produkt weiterentwickelt. „War er früher vielleicht nicht mehr als ein Schuhkarton mit schrägem Deckel, verfügt der moderne Wintergarten heute beispielsweise über Flachdächer mit eingesetzten Glaselementen.“

„War er früher vielleicht nicht mehr als ein Schuhkarton mit schrägem Deckel, verfügt ein moderner Wintergarten heute schon über Flachdächer samteingesetzten Glaselementen.“

Um jetzt gegen Sommergärten anzukommen, empfiehlt Richter, den größten Vorteil der Wintergärten auszuspielen: „Man muss den Leuten klarmachen, dass sie mit einem Terrassendach den Sommer vielleicht um fünf Wochen verlängern, aber der Wintergarten ihnen einen naturnahen Raum für das ganze Jahr bietet.“

Verband will Orientierungshilfen geben

Auf Bundesverbandsebene will man das Thema der Wintergärten künftig globaler fassen. Man müsse sich der ganzen Bandbreite der Möglichkeiten eines gläsernen Anbaus stellen. Der Bundesverband Wintergarten könne hier wichtige Orientierungshilfen geben und aufzeigen, welche Konstruktion zu welcher Nutzungsvorstellung passt. „Es ist ja nach wie vor ein großes Problem, dass viele private Bauherren erst einmal – und vielfach mit der Hilfe des Handwerksbetriebs – für sich definieren müssen, wie sie ihr Wunschobjekt künftig nutzen wollen und ob dieser Wunsch dann mit der gewählten Variante wirklich zu realisieren ist“, erklärt Trauernicht.