Nachgefragt Dietmar Walz: "Darauf sind wir sehr stolz."

Dietmar Walz beschreibt im GFF-Interview die Entwicklung des neuen Kantensäumers von Glaston, den das Unternehmen auf der glasstec in Düsseldorf erstmals bei einer Fachmesse präsentiert. Vor ein paar Jahren gaben Gespräche mit Messebesuchern den Anstoß zur Entwicklung der Maschine. GFF sprach mit Walz am Sitz von Glaston Germany in Neuhausen-Hamberg bei Pforzheim.

Dietmar Walz ist Senior Vice President Geschäftsbereich Isolierglas bei Glaston. - © Glaston

GFF: Herr Walz, die letzte glasstec fand 2018 statt. Was hat sich in der Zwischenzeit bei Glaston getan hinsichtlich Forschung und Entwicklung und welche Neuheiten zeigen Sie in Düsseldorf?

Dietmar Walz: Ein Thema auf der Messe ist unser Multi‘Arisser, unsere Neuentwicklung für das automatische Kantensäumen von Glas. Den Anstoß dafür gab es 2014, als ich das erste Mal auf der Messe in Düsseldorf war. Damals sind die Kunden schon in signifikanter Anzahl auf uns zugekommen und haben gesagt, wir hätten an unseren Isolierglaslinien eine Schwachstelle, denn es fehle ein neuer Einkopf-Kantensäumautomat. Das wiederholte sich im Laufe der Jahre. Jetzt stehen wir mit dieser neuen Maschine auf der glasstec 2022 und darauf sind wir alle sehr stolz.

Dem ging ein intensiver Entwicklungsprozess voraus, nehme ich an.

Ja, in der Tat. Mit allem, was zum klassischen Maschinenbau dazugehört – sei es Marktuntersuchung, Pflichtenheft, Lastenheft und so weiter. Wir haben in den Bereichen Entwicklung und Engineering sehr intensiv gearbeitet. Nun haben wir endlich die Gelegenheit, diese Maschine einem breiten Publikum vorzustellen. Die Marktfreigabe hat bereits 2021 stattgefunden, die ersten Maschinen sind verkauft und installiert.

Im Prinzip sind wir für die nächsten zwei Jahre ausverkauft, denn wir haben dank der neuen Maschine große, ja sogar sehr große Kundenaufträge gewonnen und freuen uns alle sehr darüber. Eine Isolierglaslinie muss man sich vorstellen wie eine Kette. Sie ist im Prinzip nur so stark wie das schwächste Glied, und das war bei uns das Kantensäumen.

Diese Lücke ist jetzt geschlossen, deswegen sind wir gerade mit vielen namhaften Unternehmen in der Glasindustrie im Gespräch. Das Thema Arbeitssicherheit wird immer wichtiger. So ist es aus Arbeitsschutzgründen mittlerweile teilweise vorgeschrieben, dass jede Scheibe gesäumt werden muss.

Woran arbeiten Sie noch?

Beim automatischen Versiegeln bieten wir künftig neben unserem Spitzenprodukt, dem Speed‘Sealer, mit den neuen Active’Sealer und Comfort’Sealer auch Lösungen speziell für mittelgroße Kunden an. Das heißt, diese Produkte zeichnen sich durch eine gute Leistungsfähigkeit aus, aber im Vordergrund steht die Positionierung im mittleren Preissegment.

Können Sie das genauer beschreiben?

Diese neuen Versiegelungsautomaten sind einerseits für den asiatischen Markt gedacht und andererseits für den übrigen Weltmarkt. Für Asien findet die Produktion in unserem Werk in China statt, für den Rest der Welt hier in Deutschland. Grundsätzlich basieren beide Varianten auf unserer bewährten Dosiertechnologie mit einem statischen Mischsystem.

Die Pandemie hat die globalen Lieferketten durcheinandergebracht, jetzt sorgen der Ukraine-Krieg und mögliche Versorgungsengpässe mit Erdgas für zusätzliche Unsicherheiten. Wie gehen Sie damit um?

Trotz aller Krisensituationen sind wir sehr stolz darauf, dass wir gerade Marktanteile aufgrund unseres homogenen Produktportfolios und unserer Zuverlässigkeit gewinnen. Allerdings stellen uns momentan die allgemeinen Lieferengpässe bei der Teileversorgung auch vor sehr große Herausforderungen.

Mussten Sie wegen Corona die Fertigung zeitweilig drosseln?

Nein. Über die ganze Zeit der Corona-Pandemie haben wir hier komplett durchgearbeitet.

Viele Betriebe haben Kurzarbeit machen müssen.

Bei uns war das Gegenteil der Fall. Wir haben sehr viel unternommen, dass wir entsprechend beliefert werden. Wenn z.B. Teile angeliefert wurden, haben wir die Lkws desinfiziert. So sind wir eigentlich mit einem „blauen Auge“ davongekommen. Alle Kunden haben selbstverständlich die bestellten Linien auch abgenommen und bezahlt. Die Produktionskapazitäten in Neuhausen-Hamberg sind bei uns gerade maximal ausgeschöpft. Das hat sich rumgesprochen, sodass sich in der Zwischenzeit Kunden ihre Produktionsslots bei uns sichern.

Wie muss man sich das vorstellen?

Unsere Kunden kontaktieren uns, wenn sie in naher oder ferner Zukunft eine Investition planen und wollen von uns wissen, wann freie Produktionsslots zur Verfügung stehen. Das gab es früher nicht.

Der Green Deal der EU soll eine Sanierungswelle im Gebäudebestand auslösen, in den kommenden Jahren können sich die Hersteller von Türen und Fenstern mit Isolierglas auf volle Auftragsbücher freuen. Zugleich gibt es wie erwähnt eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Unwägbarkeiten. Das macht es schwer, Entwicklungen vorauszusagen. Auch für Unternehmen wie Glaston?

Die Situation ist sehr vielschichtig. Wir rüsten gerade Betriebe z.B. in Polen, Litauen und Rumänien mit neuen Anlagen aus. Diese osteuropäischen Standorte sind heute schon Wachstumsmärkte. Und dann ist da natürlich noch der Fachkräftemangel mit dem Stichwort Automatisierung. Damit beschäftigen wir uns auch intensiv.

Obwohl wir schon sehr hoch automatisierte Lösungen haben, so ganz ohne Personal geht es trotzdem nicht. Wir setzen in Zukunft verstärkt auf integrierte Lösungen, d.h. zusätzliche Automatisierungsschnittstellen zu vor- und nachgelagerten Prozessen.

Glaston auf der glasstec 2022: Halle 15, Stand A40/A41