Rosenheimer Fenstertage – part two Von Schlossbau und Schlagkraft

Was die Branche bewegt, zeigte sich auf den diesjährigen Rosenheimer Fenstertagen. Hier ging es unter anderem um die Änderung der Musterbauordnung und den Transformationsprozess, in dem sich die Branche befindet. Das Fazit: Die Herausforderungen sind handelbar.

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    Wie sich deutsche Fensterbauer gegen die osteuropäische Konkurrenz behaupten, wollte Moderator und VFF-Geschäftsführer Ulrich Tschorn (li.) von Dr. Constantin Greiner von der Munich Strategy Group wissen.
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    Ulrich Sieberath verriet Redakteurin Mareike Knewitz, dass er mit der diesjährigen Veranstaltung zufrieden war.
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    Ein Highlight war die Brandschutzprüfung im neuen Technologiezentrum des ift Rosenheim.

Gemeinhin heißt es, Scherben bringen Glück. Wenn dem so ist, werden die Rosenheimer Fenstertage im kommenden Jahr eine mehr als gelungene Veranstaltung sein. Denn die diesjährige Tagung des ift endete mit einer zerbrochenen Scheibe.

Zuvor begrüßte am Morgen des 14. Oktober der Institutsleiter des ift Rosenheim Prof. Ulrich Sieberath die Teilnehmer im Saal Bayern des Kultur + Kongress Zentrums Rosenheim. Er zog eine positive Bilanz der diesjährigen Veranstaltung. „Das Grundkonzept ist gut aufgegangen“, verriet er im Exklusivinterview mit GFF.Die Rückmeldungen der Teilnehmer seien durchweg positiv gewesen. Die Anzahl der Teilnehmer betreffend war Sieberath ebenfalls sehr zufrieden. „Wir sind ziemlich ausgebucht. Viel mehr Teilnehmer können wir gar nicht mehr unterbringen“, erklärte er.

1.000 Fenster für ein Schloss

Auch in diesem Jahr gab es wieder spannende Vorträge. Hans-Dieter Hegner, Vorstand Bau der Stiftung Humboldt Forum, berichtete über den Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldt Forum. „Es wird das modernste Kulturhaus, das das Land zu bieten hat“, erklärte er den Anwesenden. Insgesamt kommen am Bau 1.013 Fenster zum Einsatz, 500 historische und 513 moderne. Die Fenster müssen gewisse Anforderungen unter anderem hinsichtlich Sonnenschutz und Lichtsteuerung erfüllen.

Änderungen der Musterbauordnung

Die CE-Kennzeichnung bewegt die Branche nach wie vor. „In der täglichen Praxis ist das wahnsinnig aufwändig“, betonte Markus Ladenbauer, zuständig für die Qualitätssicherung bei Bayerwald Fenster, auf Nachfrage von GFF. Das stellt die Fensterbaubranche vor Herausforderungen. „Wir sind Verarbeiter und keine Juristen“, konstatierte er.

Da war es wohl kein Zufall, dass knapp zwei Jahre nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Änderung der Musterbauordnung MR Dr.-Ing. Gerhard Scheuermann die Teilnehmer der Rosenheimer Fenstertage über die Neuerungen aufklärte. Seit dem 16. Oktober gilt in Zusammenhang mit Bauprodukten nach harmonisierten Spezifikationen, dass es nicht mehr erlaubt ist, das Ü-Zeichen aufzubringen. „Lagerbestände mit Ü-Zeichen sind aber zulässig“, verriet Scheuermann. „Außerdem wird die Bauregelliste B1 teilweise aufgehoben“, sagte er. Die materiellen Anforderungen würden erhalten bleiben. Es sei aber weiterhin möglich, die Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (AbZ) als technisches Dokument zu verwenden, wenn sich am Produkt nichts ändert.

Schlagkraft im Mittelstand

„Die Lage für die Branche wird sich zuspitzen“, prognostizierte Dr. Constantin Greiner von der Munich Strategy Group in seinem Vortrag zu strategischen Herausforderungen im Fenstermarkt. Was er damit meinte, ist der Transformationsprozess, in dem die Branche sich befinde. Dieser lasse sich unter anderem an einer schwachen Wachstumskraft ablesen. „Obwohl sich die Absatzmärkte sehr gut entwickeln, profitieren deutsche Hersteller hiervon kaum“, betonte Greiner. Denn osteuropäische Unternehmen drängen auf den Markt und provozieren eine negative Preisspirale. Die Lösung: Hersteller sollten ihre Regionalität ausspielen. Denn ausländischen Firmen ist es nicht möglich, Kundennähe zu imitieren. Zudem riet Greiner großen Unternehmen, sich zu professionalisieren. Aber nicht für jedes Unternehmen sei jeder Weg gangbar. Konkrete Tipps zur Umsetzung lieferte der Referent nicht. „Eine schnelle akute Hilfe können wir nicht leisten“, erklärte er den Zuschauern.

„Mir hat der Vortrag sehr gut gefallen, vor allem, weil er provokativ war. Ich finde, es ist der richtige Ansatz in der Wettbewerbsfähigkeit weg vom Preis zu gehen“, resümierte Oliver Borho, Verkaufsleiter bei Mayer & Co. Beschläge.

Prüfung einer Brandschutzscheibe

Zum Abschluss der Veranstaltung lud das ift ins neue Technologiezentrum ein zur Prüfung des größten Brandschutzglases mit einer Breite von sechs Meter und einer Höhe von drei Meter. Als nach knapp viereinhalb Minuten die Innenscheibe platzte, sollte das Brandschutzglas noch mehr als die geforderte halbe Stunde standhalten. In der 34. Minute schließlich hatte das Glas eine Temperatur von knapp 900 Grad erreicht. Für die Teilnehmer war das eine einmalige Gelegenheit, einen solchen Test hautnah zu erleben.