Gebäudesektor verfehlt Klimaschutzziel RTG unzufrieden: Wo bleibt der Sanierungsturbo?

Laut dem aktuellen Emissionsbericht des Umweltbundesamtes verfehlt der Gebäudesektor in Deutschland zum vierten Mal in Folge das im Klimaschutzgesetz vorgesehene Ziel. Die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG) erklärt, warum es gerade jetzt wichtig ist, mehr Anreize für energieeffiziente Gebäudesanierungen zu schaffen.

Laut der dena-Leitstudie müsste die Sanierungsrate bis 2031 auf 1,9 Prozent steigen, um die gewünschte Klimaneutralität im Jahr 2045 zu erreichen.
Laut der dena-Leitstudie müsste die Sanierungsrate bis 2031 auf 1,9 Prozent steigen, um die gewünschte Klimaneutralität im Jahr 2045 zu erreichen. - © RTG

Laut aktuellen Zahlen des Umweltbundesamts (UBA) sind die Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2023 zwar deutlich gesunken, doch zusammen mit dem Verkehr hat der Gebäudesektor erneut sein Klimaschutzziel verfehlt. Der CO2-Ausstoß von Gebäuden sank von 111 auf 102 Millionen Tonnen und liegt damit noch um ca. 1,2 Millionen Tonnen über der Zielmarke. Das UBA erklärt die Emissionssenkung maßgeblich mit der milden Witterung und einem sparsamen Heizverhalten auf Grund der hohen Energiepreise.

Statt auf Sanierung wird auf mildes Wetter gesetzt

Die RTG, die die Bauindustriebranchen Glas, Fenster, Fassade, Sonnenschutz und Automation vertritt, wertet die Zahlen nicht als Erfolg: "Milde Witterung und sparsames Heizen sind vergängliche Effekte. Strukturell gibt es viel zu wenig Verbesserung. Im Gegenteil: Die Sanierungsrate ist zuletzt spürbar gesunken", erklärt RTG-Leiter Thomas Drinkuth. "Durch mehr Sanierungsmaßnahmen, vor allem bei alten Gebäuden mit hohem Energieverbrauch, wäre ein nachhaltiger Klimaschutz möglich. Dafür müsste die Bundesregierung dringend bessere Rahmenbedingungen schaffen."

Nach dem geltenden Klimaschutzgesetz müsste die Bundesregierung laut der RTG auf Grund des verfehlten Ziels nun ein wirksames Sofortprogramm für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor vorlegen. Doch das habe sie schon im vergangenen Jahr nicht getan. Stattdessen überarbeite die Ampelkoalition derzeit das Klimaschutzgesetz und weiche die darin enthaltene Regulierung auf. Laut einem bereits 2023 bekannt gewordenen Entwurf will die Regierung sich nicht mehr auf sektorspezifische Jahresziele verpflichten. In Zukunft soll nur noch eine mehrjährige Prognoseberechnung überprüfen, ob das Gesamtklimaschutzziel im Jahr 2030 weiterhin erreichbar bleibt. Eine Verfehlung der Sektorziele hätte dann keine Konsequenzen mehr. Die Gebäudesanierung dürfte weiterhin auf der Strecke bleiben, solange die Energiewirtschaft oder die Industrie ihre Emissionsziele übererfüllen.

Ohne Sanierung keine Klimaneutralität bis 2045

Das hält die Branchenvertretung RTG jedoch für gefährlich: Die Bundesregierung argumentiert, es sei für den Klimaschutz nachrangig, welche Sektoren ihre Jahresziele unter- oder überfüllen − solange das Gesamtziel der Emissionsminderung in der Prognose erreicht werde. Dabei übersehe sie zwei wesentliche Aspekte. Erstens sei das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 nur mit erheblich mehr Gebäudesanierung zu erreichen. Alle Klimaszenarien würden nämlich davon ausgehen, dass die Sanierungsrate von aktuell gut 0,7 Prozent auf mindestens 1,6 Prozent, eher auf ca. zwei Prozent steigen muss. "Der heutige Energiebedarf ist so hoch, dass erneuerbare Energien ihn niemals decken können. Es kommt also sehr wohl auf konkrete Erfolge im Gebäudesektor an", sagt Drinkuth. Zweitens ließen sich Sanierungen, die jetzt versäumt werden, nicht später im Galopp nachholen. Gebäudesanierung funktioniere nur kontinuierlich. "Statt also mit der Abschwächung des Gesetzes den Druck vom Kessel zu nehmen, müsste die Bundesregierung eigentlich den Sanierungsturbo zünden", fordert Drinkuth.

Gegenmaßnahme: Förderanreize stark erhöhen

Die Optionen, politisch dagegen zu steuern sind vorhanden und vielfältig, werden jedoch der Branchenvertretung RTG zu Folge nicht ausreichend genutzt. Primär müssten die Förderanreize für alle Eigentümergruppen deutlich verbessert werden. Insbesondere seien höhere Zuschüsse und attraktivere Steuerabschreibungen in Kombination mit zinsgünstigen Krediten notwendig, um kurzfristig einen starken Impuls zu setzen. Besonders starke Unterstützung durch Förderung, Information und Beratung müsste für die Sanierung alter Gebäude mit hohem Energiebedarf geleistet werden. Ergänzend sei eine schnelle und konsequente Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie, die bereits vom Europaparlament final beschlossen wurde, wichtig. Nicht zuletzt sei es grundsätzlich nicht falsch, bei der Klimaschutzregulierung künftig stärker auf eine Prognose als Ziel zu setzen. Dennoch müsse man die einzelnen Sektoren im Blick behalten und verbindlich nachsteuern, wenn der Kurs nicht stimmt.