Fallstrick bei Regressforderungen Prüfen Sie Ihre Ware sofort nach Anlieferung

Wie bereits in GFF 7-8/16 berichtet, soll ein Gesetzesvorhaben die Position des Handwerkers im Verhältnis zu Lieferanten verbessern. Ungeachtet dessen muss der Betrieb seiner Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nachkommen, damit der Regress gelingt; GFF sagt, was dabei wichtig ist.

Um Regressansprüche an Lieferanten erfolgreich zu vertreten, kontrollieren Handwerker die gelieferte Ware unverzüglich und zeigen einen Mangel sofort an. - © sdf

Der springende Punkt ist § 377 HGB, der bei Geschäften zwischen Kaufleuten zum Tragen kommt. Die Vorschrift hat nach Angaben der Frankfurter Rechtsanwaltsgesellschaft SMNG insbesondere Bedeutung für die Organisation der Wareneingangskontrolle – also dafür, wie der Fenster- oder Fassadenbauer bei der Anlieferung von gekauften Bauteilen verfährt. Nach § 377 HGB hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, sofern dies bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang möglich ist, zu untersuchen – und im Fall eines festgestellten Mangels dem Verkäufer darüber ebenso schnell Anzeige zu machen. „Die Regelung verpflichtet den Käufer, die bei ihm angelieferte Ware (z.B. Glas, Beschläge, Profile, beschichtete Bauteile o.Ä.) unverzüglich nach der Ablieferung auf Schäden, Mängel, Abweichungen von der Bestellung o.Ä. hin zu untersuchen“, konkretisiert Rechtsanwalt Prof. Christian Niemöller, geschäftsführender Gesellschafter von SMNG. Festgestellte Mängel seien dem Verkäufer unverzüglich und nachweislich anzuzeigen.

Erhebliche Folgen bei Missachtung

Beachtet der Käufer die Untersuchungs- und Rügepflichten nach § 377 HGB nicht hinreichend und unterlässt die (unverzügliche) Anzeige, so gilt laut RA Niemöller die angelieferte Ware – durch eine Fiktion/Festlegung des Gesetzes – als genehmigt. Dies kann, wie der Rechtsanwalt ausführt, im Einzelfall bedeuten, dass der Käufer beispielsweise Profile oder Fassadenelemente mit einer vertragswidrigen Farbe oder nicht vertragsgerechten Abmessungen, Gläser mit Ausmuschelungen oder Beschläge mit nicht vertragsgerechten Bohrungen danach nicht mehr als mangelhaft beanstanden kann, sondern diese akzeptieren und den vertraglich vereinbarten Kaufpreis bezahlen muss.

Der Betrieb sollte als Käufer folglich darauf achten, eine geordnete Wareneingangskontrolle vorzunehmen. Wie Niemöller erläutert, ist § 377 HGB allerdings nicht zu entnehmen, welche Frist sich konkret hinter „unverzüglich“ verbirgt. Die einschlägige Rechtsprechung weise darauf hin, dass der Begriff in jedem Einzelfall gesondert zu bestimmen sei. Im Baubereich dürfte nach Meinung des Rechtsgelehrten eine Mangelrüge eine Woche nach Anlieferung verspätet sein. „Bei zeitlichen Richtwerten für die erforderliche Untersuchung und Anzeige tun sich die Gerichte und Baujuristen schwer; letztlich ist schnellstmöglich zu reagieren“, gibt RA Niemöller als Empfehlung.

Individuelle Vereinbarungen möglich

Die Maßgaben des § 377 HGB lassen sich im Rahmen von individuellen Vereinbarungen verändern oder sogar außer Kraft setzen. Eine Individualvereinbarung im Sinn des § 305 BGB liegt laut Niemöller insbesondere dann vor, wenn die Vertragsparteien die Regelung „ausgehandelt“ haben. „Der Partner einer derartigen Verhandlung muss insofern die reale Möglichkeit erhalten, den Inhalt einer entsprechenden Regelung zu beeinflussen“, präzisiert dazu der Rechtsanwalt.

Tipps hat Niemöller auch zur Mängelanzeige. So sei diese telefonisch zwar möglich, müsse im Streitfall aber bewiesen werden. Wichtig bei einer ordnungsgemäßen Mängelanzeige sei es daher, dass der Betrieb für einen „Zugangsnachweis“ sorge. „Im Streitfall hat der betroffene Betrieb als Käufer zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen, dass er bei einem vertragswidrig angelieferten Bauteil dem Verkäufer den Mangel unverzüglich angezeigt hat“, sagt Niemöller. Der Käufer muss dafür die organisatorischen Voraussetzungen schaffen. Bevorzugt komme eine Übermittlung als Schriftstück vorab per Telefax sowie mit Einschreiben/Rückschein in Betracht. Inhaltlich sollte der festgestellte Mangel laut Niemöller möglichst genau bezeichnet werden. Musterschreiben mit Standardformulierungen bieten demnach lediglich Anhaltspunkte für die konkrete Formulierung.