Modernes Astronomie-Besucherzentrum Den Sternen zum Greifen nahe

Im ESO Supernova sind die Sterne zum Greifen nahe. Das neue Astronomie-Besucherzentrum im Großraum München nennt das größte 360-Grad-Planetarium Deutschlands sein Eigen. Ein Südtiroler Fassadenbauer hat die aufwändige Außenhülle geplant, gefertigt sowie montiert.

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    © Frener & Reifer Fassaden / Alex Filz
    Die markante Gebäudeform des mehr als 17 Meter hohen Astronomie-Besucherzentrums lässt erahnen, dass sich im Inneren Außergewöhnliches verbirgt.
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    Blick in das Innere: Im Welt-Raum werden die Sternenbilder gezeigt.
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    © Frener & Reifer Fassaden / Alex Filz
    Hub der gigantischen Sternenkuppel-Unterkonstruktion
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    © Frener & Reifer Fassaden / Alex Filz
    Die Drehung des Mobilkrans galt es vorab, genau zu berechnen.

Vom Fulldome-Planetarium über eine interaktive Ausstellung mit 13 unterschiedlichen Themengebieten bis hin zu Führungen und Sonderveranstaltungen – das ESO Supernova bietet viele Wege, die Begeisterung für die Astronomie zu wecken. Direkt neben dem Hauptsitz der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Garching bei München können Besucher seit April 2018 die faszinierende Welt des Universums mit allen Sinnen erleben.

Ähnlich spannend wie das Innere der ESO Supernova ist die Architektur des Gebäudes. Der Entwurf des Darmstädter Büros Bernhardt + Partner besteht aus zwei Gebäudeteilen, die der Explosion einer Supernova nachempfunden sind. Um das XXL-Projekt realisieren zu können, kamen insgesamt zirka 1.000 Tonnen Stahl und 5.000 Kubikmeter Beton zum Einsatz. Das Fassadenbauunternehmen Frener & Reifer hat die Außenhülle aus gekrümmten Aluminium-Blechen mit einem 233 Quadratmeter großen Sternendach geplant, gefertigt und montiert.

„Für dieses Großprojekt kamen in Garching ungefähr 1.000 Tonnen Stahl und 5.000 Kubikmeter Beton in dem Bau zum Einsatz.“

Die technisch anspruchsvolle Gebäudehülle stellte sowohl bei der Planung als auch in der Fertigung und Montage eine Herausforderung dar. Für die 3.200 Quadratmeter große vorgehängte, hinterlüftete Systemfassade fügten die Profis ungefähr 1.400 Aluminiumbleche, die mit einem wetterfesten Pulverlack beschichtet sind, aneinander. Jedes der zweisinnig, zum Teil auch dreisinnig gekrümmten Bleche ist ein Unikat. Die facettierten Glas-Fassaden bestehen aus 213 Scheiben, die in unterschiedlichen Winkeln aufeinandertreffen. Zur Befestigung der Bleche wurden zirka 9.000 Halterungen auf die Betonverschalung darunter geschraubt. Zusammen mit der Unterkonstruktion mussten demnach 10.000 Einzelteile zusammengefügt werden.

Hochkomplexe Bauteile definieren

Die frei geformte Konstruktionsart der Gebäudehülle, bei der alle Teile unterschiedlich sind, eignete sich gut für die parametrische Planung. Das Konzept, Formen mithilfe von veränderbaren Variablen zu beschreiben, ermöglicht es, hochkomplexe Bauteile wie Verbindungsknoten oder Oberflächenaufteilungen zu definieren. Ein Rhino 3D-Modell vom Architekten bildete die Basis für die geometrischen Daten, die Frener & Reifer dann in die 3D-Software integrierte. Durch den parametrischen Planungsprozess waren viele Grundlagen bereits vorhanden.

Sowohl die Biegung als auch die Schnittkontur der Bleche konnten aus dem Modell abgeleitet und an ein Bearbeitungszentrum übermittelt werden. Dort erfolgte die vollautomatische Herstellung der Bleche in einem einschrittigen, eigens für den Bauprozess entwickelten Fertigungsprozess.

Neben der Aluminium-Blechfassade waren ebenso die Planung und Realisierung der Glasfassaden anspruchsvoll. Bei den 550 Quadratmeter großen Foyer-Fassaden und bei den zwölf Stahl-Pfosten-Riegel-Splitterfassaden trifft jede einzelne Scheibe in einem anderen Winkel auf die nächste. So galt es, sämtliche Scheiben, Pfosten, Riegel sowie deren Anschlüsse individuell zu planen, fertigen und zu montieren. Erneut kam der parametrische Planungsprozess zur Anwendung. Um den Nachweis für die Zustimmung im Einzelfall (ZiE) für die Scheiben erbringen zu können, wurden Testmuster erstellt. An den Mustern wurden die Fassadenlast, Luftdurchlässigkeit, Schlagregendichtigkeit und die Widerstandsfähigkeit gegen die Windlast im Einzelfall geprüft.

Zu einer weiteren zentralen Herausforderung gehörten die technische Entwicklung, Konstruktion und Fertigung der verglasten Dachkuppel. Die 25 Tonnen schwere Stahlkonstruktion mit einem Durchmesser von 17 Meter wird von einem vorgespannten Randträger aus hochlegiertem Stahl zusammengehalten. Sie weist 138 Knotenpunkte auf, die mit LED-Lichtern versehen sind, damit Besucher im Inneren des so genannten Welt-Raums die Sternenbilder des südlichen Himmels bewundern können.

Diese Sternenkuppel besteht aus einer 25 Tonnen schweren Stahlkonstruktion, das spezielle Dach hat satte 17 Meter Durchmesser.

Die 233 Quadratmeter große Stahlstruktur inklusive des auf die Träger aufgeschraubten Dichtungssystems wurde in einem Stück in der Produktionshalle der Schlosserei von Frener & Reifer im norditalienischen Brixen vorgefertigt. Für den Transport wurde sie in mehrere Baugruppen zerteilt und anschließend in Garching erneut zusammengesetzt. Um die Dachkonstruktion in einem Hub in die richtige Position auf das Dach heben zu können, mussten die Drehung des Mobilkrans vorab genau berechnet und die Ausrichtung des Dachs bei der Montage exakt festgelegt werden.

Bis an die Grenzen des Machbaren

Nach dem Dachhub der Stahlstruktur mussten die 263 Isoliergläser an das Stahltragwerk montiert und mit Alu-Halterungen punktuell befestigt werden. Die Fugen zwischen den Gläsern wurden mit einem Spezialsilikon abgedichtet. Um Wassereinbrüchen vorzubeugen, wurde oberhalb der T-Stahlstruktur im Bereich der Fugen noch eine Entwässerungsrinne aus Edelstahl angebracht. Durch das Gewicht der acht Tonnen schweren Gläser wurde die Unterkonstruktion 50 Millimeter überhöht konstruiert. Durch die komplexe Geometrie des Gebäudes gingen alle beteiligten Firmen an die Grenzen des Machbaren.