Berner Fachhochschule Windays auf Windows

Einiges war anders an den diesjährigen Windays 2021. Das Wichtigste aber blieb gleich: Am Treffpunkt für die Fenster- und Fassadenbranche überzeugte einmal mehr der interessante fachspezifische Inhalt.

Windays 2021
Die Windays 2021 feierten ihre zehnte Umsetzung, u.a. mit Urs Uehlinger, Sarah Althaus, Reinhold Kober, Nadine Aeschlimann und Christoph Rellstab (v. li.). - © Berner Fachhochschule

Die Organisatoren um Christoph Rellstab und Urs Uehlinger hatten sich ihre Jubiläumsveranstaltung anders vorgestellt. Coronabedingt fanden die zehnten Windays aber nicht im Bieler Kongresshaus vor Publikum, sondern ausschließlich online stattfinden. Das neue Format funktionierte einwandfrei: Die Referenten präsentierten ihre Vorträge in ei-nem eigens dafür eingerichteten Studio. Aufgrund professioneller Technik konnten die Zuschauer auch von zuhause aus Fragen stellen. Über eine spezielle virtuelle Plattform ermöglichten die Veranstalter der Berner Fachhochschule BFH in den Pausen den Austausch unter den teilnehmenden Fachleuten.

Auch dieses Jahr profitierten mehr als 180 Teilnehmende von spannenden Inhalten. Ohne lange Anreise informierten sie sich über technische Weiterentwicklungen, Neuerungen, Normen sowie das allseite präsente Thema Digitalisierung. Durch das abwechslungsreiche Programm führten die beiden kompetenten Moderatoren Reinhold Kober und Rellstab.

Markt – Entwicklungen – Innovationen

Norbert Winterberg von der Berner Fachhochschule BFH erläuterte in seinem Vortrag die wirtschaftlichen Entwicklungen im Bau- Fenster- und Fassadenmarkt. Auch hier habe die Pandemie ihre Spuren hinterlassen, in der Schweiz allerdings weniger als im übrigen Europa. Grundsätzlich zeichnete der Experte ein positives Bild für die nähere Zukunft. Nachholeffekte seien spürbar und die Prognosen für die wesentlichen Indikatoren zeigten wieder nach oben. Die Tendenz zum Kauf von teurer Fenstern sei als erfreulich zu werten.

Über technische Weiterentwicklungen berichtete Matthias Dick. Der Business Development Manager von Sika erwähnte z.B. riesige Gläser mit Abmessungen von 15 mal drei Meter oder neue Glasbeschichtungen, die ein verbessertes Energiemanagement erlauben. Auch die erhöhte Sicherheit durch Verklebungen von Glas und Rahmen fehlten in diesem Referat nicht.

Direkt aus Wien zugeschaltet, stellte Peter Schober von der Holzforschung Austria smarte und energieeffiziente Fensterprototypen vor. Sie tragen den Namen Morgenfenster, da der Begriff Fenster der Zukunft schon zu häufig Verwendung findet. Alle vier gezeigten Modelle weisen mechatronische Antriebe sowie automatisierte Lüftungsmöglichkeiten auf und basieren auf Vakuumglas. Das Spezielle seien die verschiedenen Öffnungsarten der Modelle: ein flächenbündiges, nach innen öffnendes Dreh-Fenster, das nach außen öffnende Parallel-Abstell-Dreh-Fenster, das an ein Garagentor erinnernde Schwing-Klapp-Fenster und das Abstell-Schiebe-Fenster. Die vier Prototypen wurden in Österreich vor 300 Fensterbauern vorgestellt. Sie sehen beim nach innen öffnenden Dreh-Fenster und dem Abstell-Schiebe-Fenster das größte Innovations- und Umsetzungspotenzial. Einen wichtigen Punkt erwähnte Schober mehrmals: Trotz mechatronischen Beschlägen soll das Erlebnis Fenster öffnen den Nutzern erhalten bleiben.

Für das an den vergangenen Windays präsentierte Autowindow von der Berner Fachhochschule gibt es ein Nachfolgeprojekt. Unter dem Namen M-Window entwickelt es sich weiter, um die Digitalisierung von Fenstersystemen für Endverbraucher zu ermöglichen. Wie Urs Uehlinger ausführte, sollen sich Lüftungs-, Sicherheits-, und Lärmfunktionen – bei gleichzeitiger Verbesserung der Energieeffizienz – automatisieren. Eine der Herausforderungen besteht darin, Schallschutz und Lüftung intelligent zu vereinen. Schlafzimmerfenster in urbanen Gebieten erfordern z.B. eine solche Kombination. Das Projekt läuft bis zum Jahr 2023.

Bauen und Energie

Bisher fehlte in der Schweiz für verschiedene Anwendungen die Grundlage zur Glasbemessung. Raumhohe Verglasungen mit Absturzsicherung, Glasgeländer oder Überkopfverglasungen sind einige Beispiele dafür. Das neue SIA-Merkblatt 2057 Glasbau sorgt nun für Klarheit. Andreas Luible, Hochschule Luzern Technik und Architektur, war beim Erarbeiten entscheidend beteiligt und stellte das neue Dokument vor. Es soll u.a. ein vereinfachtes Nachweisverfahren für Mehrscheibenisolierglas ermöglichen. Das SIA-Merkblatt 2057 erscheint voraussichtlich im August 2021.

Bereits im Mai 2021 soll das neue Reglement für das Minergie-Modul Fenster rauskommen. Damit zertifizierte Produkte bieten Planern eine Sorglos-Lösung und Eigentümern eine Qualitätsgarantie. Um das sicher zu gewährleisten, weitet sich die Qualitätssicherung in der Produktion aus und umfasst neu auch externe Kontrollen. Andreas Meyer Primavesi warb in seinem Referat auch dafür, möglichst alle Minergie-Modul Fenster mit einem QR-Code zu kennzeichnen. Als Geschäftsleiter des Vereins Minergie sieht er da-rin ein gutes Kontroll-Mittel, ob wirklich das deklarierte Fenster eingebaut ist.

Vertieft mit dem Thema Qualitätssicherung befasste sich Beat Rudin in seinem Vortrag. Der Geschäftsführer des Fensterverbandes (FFF) ordnete das FFF Q-Signet ein in die allgemein gültigen Grundsätze von Qualitätsmanagementsystemen. Auch die Erweiterung für eine zertifizierte Fenstermontage passt in dieses Schema. Rudin betonte, dass QM-Systeme nicht nur zur Fehler-Vermeidung dienen. Vielmehr schaffe das damit geförderte strukturierte Arbeiten für das Unternehmen und die Kundschaft einen deutlichen Mehrwert.

Auf dem Weg in die digitale Zukunft

Die von der Berner Fachhochschule initiierte Werkstatt der Zukunft soll eine offene und neutrale Lern-, Entwicklungs-, Test- und Demoumgebung im Originalmassstab sein. Laut Rolf Baumann von der BFH verfolgt er mit seinem Team das Ziel, in dieser Werkstatt die Vorteile von Massen- und Einzelfertigung zu vereinen: Mit tiefen Kosten flexibel und in hoher Qualität zu produzieren. Digital gut vernetzt, sollen Produkte zukünftig individualisiert sein. Dabei setzt Baumann auch großen Wert auf ein gutes Zusammenspiel von Mensch und Maschine sowie auf konsequente Kundenorientierung.

Umgesetzte Digitalisierungsschritte präsentierte Thomas Wehrle von Erne Holzbau. Ein parametrisiertes Tool z.B., mit dem verschiedene Fassadengestaltungen möglich sind. Durch robotische Fertigung lassen sich die so flexibel geplanten Elemente anschließend rationell herstellen.

Zum Abschluss der Windays fand eine spannende Diskussion über Digitalisierung im Bau- und Fensterbau statt. Unter der Leitung von Moderator Reinhold Kober unterhielt sich Gastgeber Rellstab mit den beiden Referenten Baumann und Wehrle sowie Peter Wicki, der die Eigentümerseite vertrat. Er ist für Zug Estates tätig, die Liegenschaften entwickelt, vermarktet und bewirtschaftet.

20 Jahre Windays

Der Mut hat sich gelohnt. Aufgrund der Bereitschaft, neue Wege zu gehen, gelang es dem Organisationsteam der Berner Fachhochschule die Windays 2021 auch unter den speziellen Bedingungen erfolgreich umzusetzen.

Die nächste Veranstaltung findet am Donnerstag, 23. und Freitag, 24. März 2023 unter dem Motto "20 Jahre Windays" statt.