AEE INTEC eröffnet neuartigen Teststand mit Zwillingsräumen Wie beeinflussen komplexe Fassaden das Raumklima?

Für die Entwicklung komplexer Fassadensysteme steht ab sofort ein Test- und Prüfstand zur Verfügung, der eine Charakterisierung und Bewertung multifunktionaler Fassadenelemente unter Realbedingungen erlaubt. Unternehmen profitierten davon in der Entwicklungsphase.

Die Test- und Prüfbox für Fassaden und Fassadenelemente der Zukunft steht auf dem Dach des Prüflabors von AEE INTEC. Mithilfe der Zwillingsräume lassen sich zwei Bauteile im Gesamtkonzept der Fassade prüfen und miteinander vergleichen. - © AEE INTEC

Die österreichische Forschungseinrichtung AEE – Institut für Nachhaltige Technologien (AEE INTEC) in Gleisdorf beschäftigt sich in ihrem Themenschwerpunkt Bauen und Sanieren u.a. mit vorgefertigten Fassaden für die Sanierung von Bestandsgebäuden. Um für Bauträger eine attraktive Alternative zu den preislich günstigeren Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) darzustellen, müssen solche Elemente laut DI Dr. Karl Höfler einen Mehrwert bieten. „Vorgefertigte Fassaden müssen mehr können, als nur zu dämmen. Sie müssen einen Teil der Haustechnik integrieren“, sagt der Bereichsleiter für Bauen und Sanieren bei AEE INTEC. Abgesehen von den Fenstern und Sonnenschutzeinrichtungen gehören u.a. Lüftungsanlagen, Photovoltaik- bzw. solarthermische Elemente oder Wärmepumpen zu den möglichen Komponenten solcher multifunktionaler Fassaden.

Um die komplexen Einflüsse dieser Konstruktionen auf das Raumklima von Gebäuden zu testen, hatten laut Höfler bisher keine Prüfeinrichtungen existiert. Seit September 2016 arbeitete AEE INTEC daher gemeinsam mit dem Österreichischen Institut für Baubiologie und -ökologie (IBO) daran, diese prüftechnische Lücke zu schließen – mit Erfolg. Seit Kurzem befindet sich eine neue Fassadenprüfbox auf dem Dach des Prüflabors, die über eine Vielzahl an technischen Features und messtechnischen Einrichtungen verfügt.

Ganz unter Realbedingungen testen

Die Test- und Prüfeinrichtung mit drehbaren, energetischen Zwillingsräumen erlaubt Freiversuche an multifunktionalen Fassadenelementen, Fenstern und Sonnenschutzeinrichtungen. Im Bauteil und in den dahinter liegenden Räumen erfolgen bauphysikalische Vergleichsmessungen und Behaglichkeitsbetrachtungen richtungsorientiert. „Mit der Prüfbox können wir die einzelnen Komponenten im Gesamtkonzept der Fassade betrachten – mitsamt den Auswirkungen auf den dahinter liegenden Raum“, erläutert Höfler. Besonders hebt er hervor, dass sich der Prüfstand um 360 Grad drehen lässt. „Wir können infolgedessen in jeder Himmelsrichtung prüfen.“ Wichtig sei das vor allem, da etwa die Westfassade in Bezug auf Fenster, Sonnenschutz und sommerliche Überwärmung weitaus komplizierter zu handeln sei als die Südfassade.

Hinsichtlich des Prüfaufbaus unterscheidet Höfler zwei Szenarien: Einerseits lassen sich in den komplett identisch aufgebauten Zwillingsräumen zwei unterschiedliche Bauarten von Fenstern, Fassaden oder Sonnenschutzeinrichtungen exakt miteinander vergleichen – unter denselben Umweltbedingungen. Andererseits lässt sich die Zwischenwand entfernen, so dass ein größerer Raum für die Betrachtung entsteht. Im Testraum messen Sensoren u.a. sämtliche Energieflüsse durch die Fassade sowie die Luftströme und die Behaglichkeit. „Unter das für die Raumnutzer wichtige Kriterium der Behaglichkeit fallen neben der Temperatur auch die Parameter Tageslicht, Reflexionen und Blendwirkung“, erläutert Höfler. Die Messungen im Prüfstand werden nach seinen Angaben immer auch mit einer Gebäudesimulation gekoppelt (sog. Hardware in the Loop), um eine umfangreichere Analyse und die genaue Interpretation der Ergebnisse zu ermöglichen.

Tolle Prüfmöglichkeit für die Branche

Mit dem neuen Prüfstand sieht sich AEE INTEC für die Zukunft gut gerüstet. Laut Höfler geht der Trend hin zur Entwicklung multifunktionaler Fassaden. Unternehmen aus der Branche steht die Prüfbox für Produkt- und Entwicklungstests zur Verfügung. Einzelkomponenten, wie z.B. Fenster, lassen sich – in der Gesamtheit einer Fassade betrachtet – ebenfalls auf ihre Auswirkungen auf den dahinter befindlichen Raum überprüfen.