Guardian-PK, London (Ost-)Europa rückt in den Fokus

500 Kilometer Glas produziert das Unternehmen vom Lake Michigan jeden verdammten Tag, es gehört zum 100 Milliarden Dollar-Trust Koch Industries. Die größte Investition dieses Jahres fließt in eine neue Beschichtungsanlage und eine Floatglasproduktion im polnischen Czestochowa.

Freunde der Sonne: CEO Kevin Baird (li.) und Vice President Guus Boekhoudt sind sich einig, statt Glas Tageslicht verkaufen zu wollen. - © Kober

„Wir verkaufen Tageslicht“, sagt Guus Boekhoudt und das sagt er nach eigenen Angaben auch immer wieder seinem Team. Eine Million Euro hat die Europa-Organisation von Guardian nach den Worten des Vice President Guardian Glass kürzlich in das Casa del Desierto in der spanischen Wüste nahe Granada investiert, um vor allem eines zu zeigen. Dank des hoch selektiven Produkts SunGuard SNX 60 – LT = 52 Prozent, g-Wert = 0,25, Ug-Wert = 0,5 W/m2K – lässt es sich mitten in der unbarmherzigen Wüste (Temperaturen erreichen minus fünf nachts und plus 40 Grad Celsius in der Hitze des Tages) leben; laut Harvard Dozentin und Architektin Špela Videčnik von OFIS in Ljubljana bei Maximaltemperaturen von 28 Grad Celsius im Inneren sogar recht angenehm. Während Investor Koch – das größte familiengeführte Unternehmen der USA – der allerdings im heimischen Kansas mehr als eine Million US-Dollar in den Erhalt der einzigartigen Tallgrass Prairie gesteckt hat, als einer der wichtigsten Financiers von Klimawandelskeptikern gilt, wird Boekhoudt bei der PK in London nicht müde, darauf hinzuweisen, wie wichtig gerade auch beim Casa del Desierto der Ansatz eines Lebens im Einklang mit der Natur gewesen sei. Millionenbeträge hat der Konzern in den zurückliegenden Jahren in eine Verbesserung der Umwelteigenschaften, wie die Reduzierung von Emissionen, rund um seine Aktivitäten in Europa investiert.

Das freilich dürfte mit den Perspektiven für den weltweiten Glasabsatz zusammenhängen, die mit einem prognostizierten Plus von vier Prozent auf dem alten Kontinent etwas besser aussehen als in Nordamerika (drei Prozent). Warum also Polen als Zentrum für das Europa-Business? „Wir wollten die Nähe zur dort immer erfolgreicheren Fensterproduktion“, sagt Boekhoudt erwartbar unromantisch; weitere Investitionen sind in Ungarn und Spanien geplant, Deutschland musste sich vergangenes Jahr mit einer Reparatur des Ofens in Thalheim bescheiden. Für das Cada del Desierto, sagt der starke Mann am European Headquarter in Luxemburg, ein Niederländer, „haben wir künftig noch was in der Pipeline“. Derzeit laufen groß angelegte Monitorings am Haus aus Glas, nach deren Ablaub in einem Jahr ist damit zu rechnen, dass die nächste Innovation aus dem Multi Million Dollar Lab in Caleton, Michigan, eingebaut wird. Wie zu hören ist, ist der Bürgermeister des nahe gelegenen 400 Seelen-Nestes im Nirgendwo verzückt von der unerwartet über die Region hereinbrechenden Aufmerksamkeit.

Megatall Building Business

Als step change apostrophiert Jasmin Hodzic, Director für Commercial Projects in Afrika und dem Mittleren Osten, im exklusiven GFF -Interview für die glasstec-Ausgabe 10/18 die weitere Absenkung des Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,5 auf 0,05 (!) W/m2K, wie sie in den USA erprobte Vakkumisoliergläser offenbar hergeben. Ob der mindestens einen Kilometer (!) hohe Jeddah Tower in Saudi-Arabien oder das nicht minder aberwitzige, aber abgeschlossene 828 Meter-Projekt Burj Khalifa in Dubai oder die vergleichsweise niedlichen Londoner Klötzchen wie One Blackfriars mit 170 Meter (lesen Sie auch dazu mehr in unserer glasstec-Ausgabe!) – Guardian ist im weltweiten Megatall Building Business unübersehbar eine große Nummer. Spannend ist, bauphysikalisch gesehen, dass laut Hodzic selbst bei Außentemperaturen von 50 Grad Celsius und mehr innen Low E-beschichtet wird, um Kondensatbildung vorzubeugen. Schließlich hat so ein Scheich gern den Durchblick.