Ideenanstöße für Fensterhersteller Lassen sich Fenster bald wie im Auto öffnen?

Vakuumglas eröffnet Fensterbauern neue Konstruktionsmöglichkeiten. Welche Vorteile sich daraus ergeben und welche Öffnungsarten möglich sind, erklärt Peter Schober, der Leiter der Abteilung Bautechnik und des Fachbereichs Fenster bei der Holzforschung Austria (HFA).

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    Peter Schober zeigt in Wien einen Fenster-Prototyp mit Vakuumglas und Öffnung nach außen.
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    Die Detailaufnahme zeigt die Innenansicht des Fensters.

Bereits auf der FENSTERBAU FRONTALE 2018 hatte Peter Schober über seine aktuellen Forschungen zu Vakuumglas informiert. Sein Vortrag auf der Veranstaltung Taste of Windays zeigte die (zukünftigen) Möglichkeiten von Vakuumglas auf, für die an der Holzforschung Austria (HFA) nun die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorliegen. „Wir haben im Zuge dieser Studie eine Konstruktion mit Vakuumglas realisiert, die bewusst keinen Drehkipp-Beschlag aufweist“, sagt Schober.

Sieben Prototypen haben die HFA-Fachleute demnach entwickelt, die diverse Öffnungsarten demonstrieren: innen öffnend, außen öffnend, Schwingklapp-Fenster, Vertikalschiebe-Fenster, seitliches Drehschwenk-Fenster, Magnetdichtungs-Fenster und ein variables Vierseit-Abstellfenster. Das wichtigste Konstruktionsmerkmal sei bei allen Varianten die Verwendung von Vakuumglas, sagt Schober. Seine Argumente dafür: „Neben exzellenten U-Werten und geringerem Gewicht kann Vakuumglas wie eine monolithische Scheibe verwendet werden.“

Vakuumglas als Türöffner

Zwei mal vier Millimeter dickes Vakuumglas weist demnach fast die Statik eines acht Millimeter dicken Glases auf. „Damit bietet Vakuumglas eine hohe statische Tragfähigkeit – und diese nutzen wir“, sagt Schober. Andererseits mache Vakuumglas einen großen Glaseinstand von zirka vier Zentimeter erforderlich, da über den Randverbund eine beträchtliche Wärmebrücke existiert. Trotz dieser Einschränkung seien Schober und sein Team in der Lage gewesen, Vakuumglas-Fenster zu entwickeln, deren Rahmen jenen historischer Kastenfenster mit Abmessungen von 40 mal 42 Millimeter entsprechen und Passiv­hausstandard erreichen. „Darüber hinaus erzielen wir größere Glaslichten – um bis zu 30 Prozent – und das bei gleichem Blendrahmen-Außenmaß.“

Autofenster für den Wohnbau

Unter anderem haben die HFA-Experten ein Fenster ohne beweglichen mechanischen Beschlag entwickelt. Das an der HFA als Handmuster gezeigte Fenster hebt der Nutzer aus der Verriegelung heraus und schwenkt es erst dann. „Bisherige Schwingfenster haben beim Drehpunkt eine Schwäche, da dort die Dichtungsebene wechselt“, erläutert Schober. „Durch das Anheben und dann das Schwenken verlegen wir den Drehpunkt nach oben, fahren beim Schließen in die Dichtebene hinein und erzielen daher eine wesentlich bessere Dichtheit.“ Das Vertikalschiebe-Fenster wiederum ist das Kfz-Fenster für das Bauwesen und mit acht Millimeter dickem Vakuumglas ausgestattet – wobei nur das Vakuumglas bewegt werde, aber nicht der Rahmen. Antriebe dafür gebe es am Markt, an der HFA werde gerade eine optimale Dichtung dafür getestet. „Gleitdichtungen, wie sie im Kfz Standard sind, sollten für die Fenstertechnik weiterentwickelt werden“, sagt Schober.

Jetzt sind Fensterhersteller am Zug

Der Fachmann zieht insgesamt ein positives Fazit der Prototypenentwicklung: „Wir wollten einen Anstoß geben, wie zukünftige Fenster aussehen könnten“, sagt Schober. Dabei gehe es der HFA nicht um ein Superfenster, das die Drehkipp-Systeme ersetzen soll, sondern darum, der Branche einen Ansporn zu geben, darüber nachzudenken, wie Fenster anders konstruiert sein könnten. „Vakuumglas ist eine Chance – und es ist im Handel erhältlich.“