Leserbriefe GFF-Leser reagieren auf Freundorfer-Gastkommentar

Franz Freundorfer vom Netzwerk Pro Passivhausfenster hatte sich in einem GFF-Gastkommentar gefragt, warum in Deutschland nicht möglich ist, was in der Slowakei seit dem 1. Januar gilt: ein maximaler Uw-Wert von 0,85 W/m2K. Mehrere GFF-Leser äußerten daraufhin ihre Bedenken.

Sollten hochwärmedämmende Fenster gesetzlich vorgeschrieben sein? GFF-Leser äußern Bedenken. - © Pro Passivhausfenster

In seinem Gastkommentar (Komplettfassung siehe unten) hatte Franz Freundorfer vom Netzwerk Pro Passivhausfenster darauf hingewiesen, dass in der Slowakei seit dem 1. Januar 2021 ein maximaler Uw-Wert von 0,85 W/m²K gelte, die Empfehlung sogar bei 0,60 W/m²K liege. Deutschland müsse hier nachziehen, um die Technologieführerschaft im Gebäudebereich nicht komplett zu verlieren, mahnte der Fachmann. Hierzulande schreibt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) für Wohngebäude aktuell einen Uw-Wert von maximal 1,3 W/m²K vor.

An der (Altbau-)Realität vorbei gedacht

Zum entsprechenden Artikel "Freundorfer: Slowakei düpiert Deutschland beim U-Wert" hat GFF mehrere Zuschriften erhalten, u.a. von Andreas Kretz, Inhaber von Pforzheimer Fensterbau. Er schreibt:

"Mit Interesse lese ich Ihren Artikel zu o.g. Thema. Wir sind sehr glücklich, dass wir Fenster mit einem Uw-Wert von 1,3 W/m2K noch verbauen dürfen. Oft sind Bautiefen von nicht mehr als 70 Millimeter notwendig, in einigen Fällen ist ein hochwärmegedämmtes System aus bauphysikalischer Sicht schlicht Unsinn, weil die Gebäudehülle das nicht hergibt. Insbesondere von uns Fachhandwerkern sollte so eine unsinnige und an der (Altbau-)Realität verfehlte Forderung nach dem Wegfall von 1,3er-Fenstern vermieden werden."

Wegen Bauphysik: unnötige gerichtliche Auseinandersetzungen

Auch Rüdiger Müller, der sich gerade als Institutsleiter des PfB Rosenheim zurückgezogen hat, bezieht Stellung:

"Ich beobachte schon seit Längerem eine große U-Wert-Olympiade und meine, dass der Gastkommentar bezüglich der Slowakei nicht auf Deutschland zu übertragen ist. Vor gut zehn Jahren hatte ich bereits ein Gerichtsgutachten, wo der Verbraucher geklagt hatte, dass er aufgrund seiner schönen neuen Fenster morgens bei Sonnenaufgang die Berge nicht mehr sehen konnte. Grund war, dass je nach Klima, vor allen Dingen im schönen Bayernland, die Isolierglasscheiben von außen starke Tauwassererscheinung aufwiesen. Dies ist bekannt und laut technischen Regelwerken stellt das keinen Reklamationsgrund dar.

Bei einem Wert von 0,85 W/m2K oder sogar 0,60 W/m2K bei kompletten Fenstern muss zwangsläufig das Isolierglas einen hohen Wert aufweisen. Dies führt ebenfalls aufgrund bauphysikalischer Vorgänge zu einem noch stärkeren außenseitigen Tauwasserbefall. Gerade vergangene Woche hatte ich beobachten können, wie bei einem Neubau, der noch nicht bezogen war, die Fenster auf der Außenseite der Isoliergläser gefrorenen Raureif durch Tauwasserbildung aufgewiesen haben.

Vor 40 Jahren hatten die Schweizer eine Presseveröffentlichung mit dem Motto "Die Jagd nach dem Luftzug". Dies bedeutete eine Jagd nach jeglicher Lufterscheinung über die Fenster. Meine persönliche Meinung ist, dass mit Blick auf die U-Wert-Olympiade schon vieles zu unnötigen Rechtsstreit-Auseinandersetzungen geführt hat und weiterhin führen wird."

Hohe Gewichte als Qual für Monteure

Auch auf unserer Facebook-Seite gab es eine Rückmeldung. Ein User schreibt:

"Unsinnige Uw-Wert Olympiade! Fragt mal Eure Monteure, die täglich solche Bauteile montieren müssen, wie es denen nach kurzer Zeit gesundheitlich geht. An alle Schreibtischtäter in den warmen Architekturbüros, Instituten und Behörden. Geht mal ein paar Wochen mit auf den Bau und schleppt die hochwärmegedämmten Fenster und Fassadenelemente durch die Gegend bzw. montiert mit. Dann werdet Ihr manche Sache anders bewerten – und bitte vergleicht nicht China mit Deutschland in Sachen Umweltschutz."

Im Original: Gastkommentar von Franz Freundorfer

Franz Freundorfer ist Geschäftsführer des Netzwerks Pro Passivhausfenster. - © Pro Passivhausfenster

Seit dem 1. Januar 2021 gilt in der Slowakei ein maximaler Uw-Wert von 0,85 W/m²K, die Empfehlung liegt sogar bei 0,60 W/m²K. In Deutschland hingegen schreibt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) aktuell für Wohngebäude einen Uw-Wert von maximal 1,3 W/m²K vor. In der Praxis heißt das, dass in der Slowakei nur noch Fensterheizung erlaubt ist: Die seit Anfang des Jahres in der Slowakei vorgeschriebene Fensterqualität erzielt im Kernwinter noch einen Energieüberschuss, wodurch sich ein gut gedämmtes Gebäude im Winter zum größten Teil über die solaren Einträge der Fenster beheizen lässt. In Deutschland hingegen darf das Fenster mit entsprechend hohen Energieverlusten weiterhin das größte Wärmeloch im Gebäude sein. Das kann doch nicht sein.

Nicht abhängen lassen

Während man in der Slowakei beim Gesetzgeber die absolute Notwendigkeit für bessere Komponenten erkannt hat, orientiert man sich im Vorzeigeland Deutschland an dem, was jeder Fensterbauer ohne Nachdenken und ohne Anpassung seiner Konstruktion machen kann. So verlieren wir komplett die Technologieführerschaft im Gebäudebereich. Andere Länder wie die Slowakei oder auch China enteilen uns, hängen uns beim Thema Klimawandel und Klimaschutz ab. Ich hoffe und erwarte, dass unsere Politiker bald zur Einsicht kommen, dass es so nicht weitergeht – zumal Holzfensterbauer heutzutage problemlos in der Lage wären, passivhaustaugliche Elemente zu fertigen. Mit einer kleinen Investition in neue Fräswerkzeuge lassen sich entsprechende Konstruktionen realisieren. Im PVC-Bereich sind die Profillieferanten gefordert.