Reaktion auf Artikel in GFF 11/2014 Gasfüllgrad: 90 Prozent oder doch etwas weniger?

GFF berichtete in Ausgabe 11/2014 über ein neues Prüfgerät zur Messung des Gasfüllgrads in Isolierglaseinheiten nach der Fertigung. Flachglas MarkenKreis bezieht Stellung zur Aussage des Anbieters, der Füllgrad dürfe 90 Prozent nicht unterschreiten.

  • Bild 1 von 2
    © Glaser
    Mit dem mobilen Messgerät prüfen Hersteller zerstörungsfrei den Gasfüllgrad von Isolierglas nach der Produktion.
  • Bild 2 von 2
    © Glaser
    Beim bisherigen Verfahren stechen Hersteller den Randverbund des Glases an.

Im Artikel behauptet der Messgeräte-Anbieter, dass Mehrscheiben-Isoliergläser (MIG) einen Gasfüllgrad von wenigstens 90 Prozent aufzuweisen hätten, um die  zugesicherten Eigenschaften einzuhalten. Eine Toleranz nach unten existiere im Hinblick auf die gängigen Systembeschreibungen der Isolierglashersteller (z.B. 90 Prozent Argon und zehn Prozent Luft) mit dazugehöriger Leistungserklärung sowie die Produktspezifikationen der Glasbeschichter dabei nicht.

Die Anwendungstechnikerin Iris Gotzhein von Flachglas MarkenKreis stellt unter Verweis auf die Bauproduktenverordnung und die geltende Produktnorm klar: „Nach der Produktnorm DIN EN 1279-5 für Mehrscheiben-Isolierglas sind in einer Systembeschreibung des Herstellers die Details zum Aufbau der Isoliergläser festzuhalten. Insbesondere findet sich dort der einzuhaltende Gasfüllgrad.“ Dies sei typischerweise ein Nennwert von 90 Prozent, was aber nicht ausschließe, dass dort ein abweichender Wert genannt sei, beispielsweise im Fall von bestimmten Silikon-Randverbundsystemen eine reine Luftfüllung. „Hinsichtlich der Grenzwerte für die Gaskonzentration gilt Teil 6 der Norm. Dort sind Vorgaben für die werkseigene Produktionskontrolle geregelt“, erklärt uns die Expertin.

Toleranzen zulässig

So muss der Hersteller in der Produktion sicherstellen und dokumentieren, dass er den in der Systembeschreibung festgelegten Nennwert mit einer Toleranz von fünf Prozent nach unten sowie zehn Prozent nach oben einhält. „Ferner gilt für Isolierglas, das das RAL-Gütezeichen trägt, dass bei einem festgelegten Nennwert oberhalb von 90 Prozent keine Unterschreitung vorkommen darf“, sagt Gotzhein.

Die Behauptung des Messgeräte-Anbieters sei falsch, da Isoliergläser zwar typischerweise mit einem Nennwert von 90 Prozent gefüllt seien, nach der Norm aber gewisse Toleranzen nach unten zulässig sind. „Ich bin davon überzeugt, dass Hersteller sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bei 90 Prozent Füllgrad und noch höheren Werten bewegen“, betont die Anwendungstechnikerin.

Siegfried Glaser, Glaser FMB, welcher an der Entwicklung des berührungslosen optochemischen Messverfahrens im Zuge des Forschungsprojekts FensterCheck beteiligt war, sieht Diskussionsbedarf zu Normen und Gütesicherungen. „Tatsache ist, dass der Ug-Wert direkt mit dem Gasfüllgrad zusammenhängt, und diese Angabe ist für die Systembeschreibung entscheidend. Die Vorproduktehersteller (Beschichter) geben dem Verarbeiter für ihre Produkte klare Ergebnisse für die jeweiligen Systemaufbauten an“, sagt Glaser.

Prozesskontrolle optimieren

Die Berechnungsgrundlage dafür sei neben lichttechnischen Werten ein Gasfüllgrad von 90 Prozent. Liege dieser Wert bei weniger als 90 Prozent, stimme der angegebene Ug-Wert nicht mehr. Auf diesen Wert würden sich aber auch Fenster- und Fassadenhersteller bei der Angabe ihres Uw-Werts in der Leistungserklärung verlassen. „Mit weiterentwickelten Prozesskontrollen, zu denen auch unser zerstörungsfreies Messverfahren zählen kann, haben Isolierglashersteller die Möglichkeit, die Produktqualität in Bezug auf den Gasfüllgrad zu dokumentieren und den Verarbeitern und Anwendern einen weiteren Vorteil ihres Isolierglases zu vermitteln“, betont Glaser. Niedrigere Füllgrade seien möglich, und hier entscheide ja jeder Hersteller selbst, welches Produkt er mit welchem Gasfüllgrad herstellt.

Gotzhein stellt nochmals das Verhältnis der Einflüsse auf den Ug-Wert klar: „Die Beschichtung hat bekanntlich den größten Einfluss auf den Ug-Wert. Der Gasfüllgrad bringt beim Standard-Zweifach-Wärmedämmglas nach EN 673 bestenfalls eine Verbesserung des Ug-Werts um 0,3 W/m²K, die Beschichtung dagegen von mehr als 1,5 W/m²K.“