Pro & Contra Gehört der Closed Cavity Fassade die Zukunft?

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    Bernhard Rudolf ist Dipl.-Physiker/Dipl.-Ing. (FH) und technischer Leiter bei Josef Gartner.
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    An der TU Braunschweig leitet Univ. Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch das Institut für Gebäude- und Solartechnik.

Mit nachhaltigem Bauen sollen nicht nur die Energieeffizienz, sondern ebenso die Tageslichtnutzung verbessert, Betriebs- und Wartungskosten eines Gebäudes gesenkt und der Nutzerkomfort erhöht werden. Für Fassaden ergeben sich daraus komplexe technische Herausforderungen. So standen die Anforderungen an Transparenz bisher in Widerspruch zum Wärmeschutz. Um niedrige Ucw- und g-Werte zu erzielen, musste die Lichttransmission der Gläser durch Sonnenschutzbeschichtungen eingeschränkt werden, die zudem Farbwerte verändern. Dieses Problem ist im Fall von Closed Cavity Fassaden (CCF) gelöst. Bei der geschlossenen zweischaligen Fassade, die mit einem Ucw-Wert von 0,59 W/m2K Maßstäbe setzt, lassen sich hoch transparente Gläser mit einem überaus effizienten Sonnenschutz im komplett geschlossenen Fassadenzwischenraum einsetzen. Die Betriebskosten sinken mit dieser wartungsarmen Konstruktion, bei der die Zwischenräume vor Schmutz geschützt sind und im Unterschied zu offenen zweischaligen Fassaden nicht gereinigt werden müssen. Die Zufuhr getrockneter Luft in der Kavität verhindert die Kondensatbildung an der Außenscheibe. Reflektive Oberflächen von Sonnenschutzanlagen sind so dauerhaft wirksam. Außer dem sehr guten sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz bietet die CCF eine Schalldämmung bis 50 Dezibel. Da eine CCF im Vergleich zu offenen zweischaligen Fassaden etwas günstiger ist, werden Green Buildings zunehmend mit diesem von Gartner erfundenen Typ verkleidet.

www.josef-gartner.de

Die Closed Cavity Fassade (CCF) wird heute als ein Beitrag zum weitsichtigen, zukunftsorientierten Bauen beschrieben. Sie ist aber nichts anderes als ein weiterentwickelter Typus der zweischaligen Gebäudehülle. Zwar sind für transparente Fassaden hervorragende Ucw-Werte von weniger als 0,9 W/m²K erreichbar, der Nutzer nimmt aber in Kauf, dass eine natürliche Belüftung der Räume systembedingt nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. In der Konsequenz sind Gebäude mit dem Typus CCF automatisch mechanisch be- und entlüftet. Dieser Aspekt sollte bei der ganzheitlichen Betrachtung der Investitionen und Lebenszykluskosten berücksichtigt werden. Die CCF lässt sich mit einem fassadenintegrierten Luftkollektor in Stagnation vergleichen, was zu einem ihrer größten Probleme führt. Selbst bei einem im Solarspektrum hoch reflektierenden Lamellenbehang werden in der Kavität Temperaturen von 80 bis 90 Grad Celsius erreicht. Dies führt zwangsläufig dazu, dass raumseitig eine Dreifach-Verglasung mit einem U-Wert von weniger als 0,7 W/m2K nötig ist, um die externen thermischen Lasten und hohe Oberflächentemperaturen zu reduzieren. Die CCF stellt aus meiner Sicht keine Zukunftslösung für Fassaden dar und keinesfalls eine Revolution für das energieeffiziente Bauen. Der technische Aufwand, der Materialeinsatz und die Vollkosten sind unverhältnismäßig hoch. Zukünftige Fassaden sollten materialsparend und mit adaptiven, innovativen Oberflächen (schaltbar, energieerzeugend) ausgestattet sein.

www.tu-braunschweig.de/igs