Wie Fensterbauer die Anforderungen schaffen Fit für die CE-Kennzeichnung

Fenster, die das CE-Zeichen nicht tragen und den anerkannten Regeln der Technik (DIN EN 14351-1) nicht entsprechen, müssen seit 1. Februar 2010 weder abgenommen noch bezahlt werden. GFF sagt konkret, wie sich Fensterhersteller darauf einstellen.

Die Koexistenzphase der Produktnorm Fenster und Außentüren, DIN EN 14351-1:2006, ist am 1. Februar 2010 abgelaufen. Dadurch wird sie zur harmonisierten Europäischen Norm (hEN). Fenster(aufträge), die nicht das CE-Zeichen tragen und zusätzlich auch den anerkannten Regeln der Technik (DIN EN 14351-1) nicht entsprechen, müssen Kunden seither weder abnehmen noch bezahlen. Für Fensterhersteller wird es deshalb allerhöchste Zeit, sich mit den Bedingungen und Voraussetzungen für eine CEKennzeichnung der betroffenen Bauteile vertraut zu machen und die Umsetzung im eigenen Betrieb anzugehen.

Um weiterhin rechts- und damit zukunftssicher Holzfenster zu produzieren und zu verkaufen und um Diskussionen über Einzelfälle oder Nichtserienfertigung aus dem Weg zu gehen, sollten Sie schnells tens einen Systemgeber aufsuchen und eine entsprechende Vereinbarung („Lizenzvertrag“) abschließen. Möchten Sie das CE-plus-Holzfenster-System nutzen, ist der Besuch einer CE-Infoveranstaltung, teilweise auch „Lizenzschulung“ genannt, nötig. Termine dazu finden Interessierte im Internet unter www.fenster-marke-tischler.de; für den süddeutschen Raum bietet die Gewerbliche Akademie für Glas-, Fenster- und Fassadentechnik Karlsruhe Gelegenheit dazu. Die Kosten in Höhe von zirka 500 Euro für eine dreijährige Lizenz sind dabei gering angesichts des Ärgers, der anderenfalls droht. Denn das Thema CE-Kennzeichnung wird sich nicht aussitzen lassen, wie das in einigen Fällen beim Ü-Zeichen funktioniert haben mag. Mit der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) können Sie sich direkt selbst befassen und dazu das WPK-Musterhandbuch „Holz und Holz-Metall“ nutzen. Das Handbuch ist über die gff-bi.com Beratungsgesellschaft mbH unter Fax 0721/9209524 erhältlich und beinhaltet einfach zu bearbeitende Vorlagen; im Folgenden mehr zu den detaillierten Anforderungen und zu den Hilfsmitteln für die CE-Kennzeichnung.

Nach der Produktnorm Fenster und Außentüren, die im Entwurf seit 2002 vorliegt und Gültigkeit mit der Fassung 2006-07 besitzt, hat der Hersteller eine Reihe von Eigenschaften/Merkmalen in einer bestimmten Form zu erklären. Es handelt sich dabei um Merkmale, die im Rahmen der Produktnorm mandatiert bzw. im Anwendungsland bauaufsichtlich eingeführt sind. Voraussetzung für die an Form erfordernisse gebundene CE-Kennzeichnung ist, dass der Betrieb die beiden Grundanforderungen erfüllt:

1. Es werden Erstprüfungsergebnisse (ITT, Initial Type Test) für diese Eigenschaften benötigt, der Betrieb muss folglich ein geprüftes System verarbeiten.

2. Der Betrieb benötigt eine werkseigene Produktionskontrolle (WPK) als „kleines Qualitätsmanagement-System“ zum Nachweis, dass die fertigen Fenster wirklich die vereinbarte Beschaffenheit erfüllen.

Da eigene Systeme nur für sehr große Betriebe oder solche mit absoluten Sonderprodukten in Frage kommen, ermöglicht das nachträglich zu der Norm veröffentlichte „Amendement“ – das ist eine Ergänzung – im Rahmen eines „Cascading ITT“ die Nutzung von fremden Erstprüfungsergebnissen. Diese Möglichkeit wird als „Systemhausmodell“ bezeichnet und ist seit Jahrzehnten in den Bereichen Kunststoff-, Aluminum-, Holz-Metall-Fenster bekannt und üblich.

Was die beiden Grundanforderungen anbelangt, bieten die Tischler-/Schreiner- und Glaserverbände handwerklichen Herstellern von Holzfenstern und Holzhaustüren weitreichende Unterstützung. Die Verbände haben sich zu dem als Systemgeber für „CE-plus“ agierenden Verein „fenstermarke tischler/schreiner/glaser“ zusammengeschlossen. Auch die Handelshäuser und Beschlaghersteller bieten als Systemhäuser entsprechende Prüfnachweise und Dokumentationen an. Die nachfolgenden Betrachtungen beschränken sich auf die handwerklichen Lösungen „CE-plus“ der „fenstermarke tischler/schreiner/glaser“ und des WPK-Musterhandbuchs „Holz + HolzAlu“ des Instituts für Betriebs- und Arbeitstechnik im Tischlerhandwerk (IBAT). Es ist eine Möglichkeit zur Erfüllung der in der Produktnorm genannten Pflichten.

Dieses aus dem Handwerk heraus entwickelte System hat eine Breite, Tiefe und Flexibilität wie kein anderes System am Markt. Ausgehend von den üblichen Holzfensterwerkzeugen, die in den vergangenen Jahrzehnten alle auf der Basis der DIN 68121 „Holzfensterprofile“ angeschafft wurden, deckt das System die dort beschriebenen und bewährten Profilierungen und Profildicken, z.B. IV 68, 78, 88, 92, 110, ebenso ab wie die Öffnungsarten Drehen, Kippen, Dreh/Kipp, Klappen, Schwingen, Hebe/Schiebe-, Parallelschiebe-, Falttüren, nach außen öffnende Fenster, Fenstertüren mit niedriger Schwelle (für Barrierefreiheit). Auch Verbund- und Kastenfenster mit mindestens einer der genannten IVKonstruktionen, verkleidete Holz-Metall-Fenster (nicht: klassische Holz-Metall-KonstruktionenKonstruktionen, bei diesen ist der jeweilige Aluminiumsystemgeber wegen Prüfergebnissen anzusprechen) und ein- und mehrflügelige Ausführungen (Stulp) werden im CE-plus-Holzfenster-System behandelt.

Dazu decken die nachgewiesenen Eigenschaften nicht nur die „Regelmerkmale“ (Tabelle 2) ab, sondern im Sinne von CE-plus auch weitere freiwillige Merkmale wie die mechanische Festigkeit, Bedienkräfte, Dauerfunktion sowie beim Schallschutz mit gut 30 geprüften Ausführungen weit mehr als die mickrige Ablesetabelle in der Produktnorm hergibt. Eine hochinteressante – ebenfalls in dieser Form einmalige – Merkmalausprägung bietet dieses System mit geprüften Rahmen-U-Werten. Durch aufwändige Prüfungen konnte belegt werden, dass der Uf-Wert von Holzfenster-Profilen keinesfalls nur nach der in der DIN EN ISO 10077-1 für Laubholz bzw. Nadelholz genannten Wärmeleitfähigkeit betrachtet werden muss. Letztlich entscheidet die Rohdichte der Hölzer über den Rahmen-U-Wert. Während durch diese Aktion für ein Holz bis 450 Kilogramm pro Kubikmeter bei 68 Millimeter Dicke statt Uf=1,4 für CE-plus-Lizenznehmer Uf=1,2 W/m2K angenommen werden kann, stellt die Verbesserung etwa für Meranti-Fenster bei 68 Millimeter Dicke von Uf=1,8 auf Uf=1,3 W/m2K einen riesigen Schritt dar – wenn im Rahmen der WPK die eingesetzte Rohdichte für die genannten Bedingungen mit maximal 540 Kilogramm pro Kubikmeter festgestellt wird. Fraglos werden bei den Standardmerkmalen Wind, Wasser, Luft (Windwiderstand, Schlagregendichtheit, Luftdurchlässigkeit) hohe und höchste Klassen erreicht und häufig sogar überschritten. Die Produktnorm trifft dazu die eindeutige Aussage: „Hohe Klassen decken die niedrigeren Klassen mit ab.“

Als Zusatzvorteil enthält das System CE-plus ohne weitere Kosten Programmmodule zum Erstellen der auftragsbezogenen CE-Kennzeichnung, zur Berechnung einer prüffähigen Statik für Pfosten oder Riegel sowie ein sehr gut handhabbares und flexibles Excel-Programm zur Ermittlung von Uw-Werten, speziell auch für Hebe-Schiebe-Türen. Eine spezifische „CE-plus-Software“, mit der Nutzer über hinterlegte Einsatzempfehlungen auch die Anforderungen in einer bestimmten baulichen Situation ermitteln und mit den nachgewiesenen Leistungseigenschaften der geplanten Fensterelemente vergleichen können, kostet 59 Euro. Die Software macht auch den Ausdruck der zugehörigen CE- Erklärung möglich.

Zur CE-Kennzeichnung für Fenster befragte GFF den Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Prof. Christian Niemöller, geschäftsführender Gesellschafter der SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Frankfurt und ständiger Berater des VFF.

GFF: Herr Prof. Niemöller, welche Konsequenzen drohen den Fensterherstellern seit 1. Februar 2010, wenn sie ihre Produkte ohne korrekte CE-Kennzeichnung ausliefern?
Niemöller: Die Konsequenzen fehlerhafter Kennzeichnung können vielfältig sein. Die Pflicht zur CE-Kennzeichnung entstammt dem Bauproduktenrecht und ist somit zunächst dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Bei fehlerhafter Kennzeichnung können daher die zuständigen Behörden Verwaltungsakte insbesondere in Form von Untersagungsverfügungen erlassen. Darüber hinaus kann ein fehlerhaftes CE-Kennzeichen entwertet bzw. beseitigt werden. Allerdings sieht § 13 des Bauproduktengesetzes nur bestimmte Fälle vor, in denen die Behörden zu entsprechenden Maßnahmen befugt sind. Im Bereich des Zivilrechts – also im Verhältnis zwischen Käufer/Verkäufer oder Auftragnehmer/Auftraggeber – wird eine fehlende/fehlerhafte Kennzeichnung regelmäßig die Annahme eines vertragsrelevanten Mangels begründen. Verstöße gegen Kennzeichnungspflichten können schließlich wettbewerbsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

GFF: Welche Produkte fallen unter diese Pflicht zur CE-Kennzeichnung?
Niemöller: Die gesetzliche und damit verbindliche Pflicht zur CE-Kennzeichnung folgt in Deutschland aus dem Bauproduktengesetz. Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter anderem für Bauprodukte, für die die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Fundstellen der harmonisierten Normen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht hat. Alle Produkte, welche in den Anwendungsbereich einer solch harmonisierten Norm fallen, unterliegen damit der Kennzeichnungspflicht. Der Anwendungsbereich wird in der Norm selbst definiert. Die Produktnorm für „Fenster und Außentüren ohne Eigenschaften bezüglich Feuerschutz und/oder Rauchdichtigkeit“ (EN 14351-1) beschreibt ihren Anwendungsbereich beispielsweise unter Ziffer 1; dort wird auch festgehalten, für welche Produkte die Norm nicht gilt, zum Beispiel für Innentüren. Die unbedingte Pflicht zur CE-Kennzeichnung tritt mit Ablauf der so genannten Koexistenzphase der Norm ein; und die Koexistenzphase der EN 14351-1 ist wie erwähnt bereits am 31. Januar 2010 abgelaufen.

GFF: Wie können sich gerade kleine Betriebe mit begrenzten Mitteln juristisch absichern?
Niemöller: Grundsätzlich muss sich jeder Betrieb, der Bauprodukte in Verkehr bringt, mit den Anforderungen der maßgeblichen Norm auseinandersetzen. Die Lektüre der EN 14351-1 ist daher für alle Hersteller von Fenstern und Türen unerlässlich. So beschreibt beispielsweise der Anhang ZA der genannten Norm, welches Konformitätsverfahren anzuwenden ist, welche Angaben das CE-Zeichen zwingend enthalten muss und an welcher Stelle es angebracht werden kann. Unterstützung erhalten kleinere Betriebe häufig über Systemhäuser, die bereits eine Vielzahl der erforderlichen Erstprüfungen haben durchführen lassen und die ihren Kunden die Prüfergebnisse im Rahmen des Verfahrens „Cascading ITT“ zur Verfügung stellen. Einige dieser Systemhäuser haben darüber hinaus Unterlagen erarbeitet, die die Einführung und Aufrechterhaltung der ebenfalls erforderlichen werkseigenen Produktionskontrolle vereinfachen
sollen. Zudem ist im Fraunhofer IRB Verlag ein Kommentar zur DIN EN 14351-1 erschienen.

GFF: Wie viele Betriebe haben in der Branche nach Ihrer Einschätzung bereits ausreichende Vorkehrungen für die Kennzeichnungspflicht getroffen. Wie groß ist der Nachholbedarf?
Niemöller: Verlässliche Zahlen liegen nicht vor. Allerdings kann ich aus meiner Erfahrung berichten, dass eine Vielzahl von Betrieben aus der Branche gerade in den vergangenen Monaten, also kurz vor Ablauf der Koexistenzphase am 31. Januar 2010, die erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben. Mittlerweile dürften die meisten Unternehmen zumindest Kenntnis von der EN 14351-1 genommen haben, die auch dadurch in den Fokus der Diskussionen geraten ist, weil ihre Koexistenzphase verlängert wurde und sie zudem bereits während der Koexistenzphase überarbeitet beziehungsweise mittels eines Amendments ergänzt wurde.