Fassadenbau Basiswissen Dreischeibenisolierglas

Energieeffiziente Gebäude werden in Zukunft selbstverständlich sein. Sogar Plusenergiehäuser sind keine Utopie mehr. Wieso Dreifach isoliergläser im Fassadenbau wichtig sind, lesen Sie hier.

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Der Trend zu Dreischeibenisolierglas setzt sich unverändert fort, da es einen wichtigen Beitrag zu sparsamen, energieeffizienten Gebäuden leistet – auch wenn zur Einhaltung der EnEV 2009 durchaus noch Zweischeibenisoliergläser reichen. Doch wie lange noch? Zwischen 2012 und 2020 sollen die energetischen Anforderungen nochmals steigen. Ziel ist das sogenannte Plusenergiehaus. Wolfgang Böttcher, Leiter Anwendungstechnik bei Saint-Gobain Deutsche Glas, geht der Frage nach den Auswirkungen nach, die sich aus den geänderten Anforderungen an Fenster, Fassaden und die Verglasungen ergeben. Für den Neubau gibt es außer den Höchstwerten des Jahres-Primärenergiebedarfs Maximalanforderungen an die Qualität der Gebäudehülle durch den Höchstwert des spezifischen, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlusts H’T – eine Art mittleren UWerts der Gebäudehülle.

Maximale U-Werte für Glas oder Fenster sind im Einzelnen nicht definiert. Dieses Verfahren nimmt Einfluss auf die maximal möglichen Fensterflächen in der Gebäudehülle. Zur Ermittlung der Eigenschaften der Rahmenprofile stehen Tabellenwerte nach EN ISO 10077-1 zur Verfügung, alternativ sind Berechnungen nach EN ISO 10077-2 oder Messungen nach EN 12412-2 möglich. In der Regel ergeben Messungen oder Berechnungen bessere Werte, da Tabellenwerte aus Normen Sicherheitszuschläge beinhalten. Eigenschaften von Mehrscheibenisolierglas Der Energietransport durch eine Isolierglas - einheit ist abhängig von der Wärmeleitung durch das Glas und den Wärmeübergängen infolge von Luftbewegungen vor und hinter den Glasflächen. Zwischen den Glasoberflächen im Scheibenzwischenraum der Isolierglaseinheit findet ein Strahlungsaustausch statt. Beschichtete Glasoberflächen können mit Low–E-Schichten den Strahlungsaustausch im Verhältnis zu anderen Einflussgrößen (Gasfüllung, Scheibenabstand) stark verringern und somit die Wärmedämmung der Isolierglaseinheit verbessern.

Die Wärmeleitfähigkeit des im Scheibenzwischenraum eingefüllten Spezialgases (Argon, Krypton) und die Emissivität der Glasoberfläche sind die beiden bestimmenden Kenngrößen für die Verbesserung der Wärmedämmung. Zu beachten ist, dass der Ug-Wert von der Neigung der Verglasung abhängig ist und die Werteangaben in der Regel für den vertikalen Einbau gelten. Zwei Scheibenzwischenräume mit Spezialgasfüllungen und zwei Beschichtungen mit niedriger Emissivität (0,03–0,01) erklären die bessere Wärmedämmung von Dreifachisolierglas. War bisher die Doppelverglasung mit Grenzwerten von Ug = 1,1 bis 0,9 W/m²K der Maßstab, können Dreifachverglasungen Ug-Werte von 0,8 bis 0,4 W/m²K erreichen. Mit den realisierbaren Werten sind die wärmetechnisch wirksamen Eigenschaften von Mehrscheiben-Isoliergläsern weitgehend ausgeschöpft. Außer einer Reduzierung der Energieverluste führt die verbesserte Wärmedämmung durch die Erhöhung der raumseitigen Oberflächentemperaturen auch zu einem verbesserten Behaglichkeitsklima. Bei Produktvergleichen ist es wichtig, gleiche Bemessungsregeln für Ug - und g-Wert zu verwenden. Weitere Produktverbesserungen sind durch Optimierungen der Low-E-Schichten bei der Lichttransmission und den g-Werten zu erwarten.

Die seit Jahrzehnten diskutierte Vakuumverglasung kann auch keine niedrigeren Ug-Werte als ein Dreifachisolierglas erreichen. Sie hat zwar den Vorteil, dass sie leichter und dünner ist, verfügbar ist sie derzeit aber nicht. Solares Bauen erfordert eine mit Blick auf solare Gewinne optimierte Lage des Gebäudes, hohe g-Werte der Verglasung, keine Verschattung durch andere Gebäude oder Bepflanzungen, schnelle Heizsysteme, aber auch steuerbare zusätzliche Verschattungseinrichtungen. Zu beachten ist, dass in der EnEV 2009, § 3, Absatz 4, der Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes mit Einhaltung der maximal zulässigen Sonneneintragskennwerte nach DIN 4108-2:2003-07, Abschnitt 8, gefordert ist. Ziel ist es, die solaren Erträge in der warmen Jahreszeit zu begrenzen und die Überhitzung der Räume zu vermeiden. Eine Forderung, die durch ein Sonnenschutzisolierglas erfüllt werden kann, das jedoch die solaren Gewinne reduziert. Die Produktvorteile eines Sonnenschutzisolierglases sind gegen höhere solare Gewinne abzuwägen. Die komplexen Berechnungen für ein Gebäude, aus denen Bauteilanforderungen UWD und UCW resultieren, sind Aufgabe von Fachplanern.

Eine Ausnahme besteht bei Maßnahmen am Gebäudebestand und bei Nichtwohngebäuden mit normalen Temperaturen, bei denen UW-Werte vorgegeben sind. Grundsätzlich kann für beheizte Wohngebäude aufgrund verschiedener Vorgaben ein UW-Wert von 1,3 W/m²K und damit ein niedrigerer Wert als der Richtwert angenommen werden. Er muss jedoch im Einzelfall rechnerisch nachgewiesen werden. Die Entwicklung von Rahmenprofilen hat in den vergangenen Jahren mit der Erhöhung der Konstruktionstiefen, zusätzlichen Dämmebenen und IR-reflektierenden Oberflächen in den Profilen eine Verbesserung erfahren. Eine Unsicherheit bleibt die Angabe des richtigen Uw-Werts. Regelwerke wie die EnEV, DIN 4108-4, EN 14351-1, Prüfzeugnisse, CEZeichen, Berechnungen und Anforderungen von Leistungsverzeichnissen lassen widersprüchliche Aussagen zu, welche Werte für ein konkretes Bauvorhaben verbindlich anzugeben sind. Planer sind aufgefordert, eindeutige Anforderungen zu definieren. Berechnungsprogramm Mit Caluwin 4.6 steht unter www.swisspacer. com ein kostenfreies und zertifiziertes Berechnungsprogramm zum Download zur Verfügung. Auf Basis der neuesten Normen, Rechenverfahren und technischen Werte lässt sich für Zweifach- und Dreifachisolierglas nicht nur der Wärmedurchgangskoeffizient Uw eines Fensters oder einer Fassade berechnen, sondern auch der Taupunkt am Glasrand unter vorgegebenen Randbedingungen ermitteln. Mit der Erhöhung der Anforderungen der EnEV 2009 sowohl an den maximalen Jahres- Primärenergiebedarf als auch an die Referenzwerte ist die Einhaltung der Anforderungen derzeit sowohl mit Zweifach- als auch mit Dreifachwärmedämmglas möglich.

Kommt es zu einer weiteren Verschärfung der Anforderungen oder liegen weitere Entscheidungskriterien wie Förderprogramme der Bundesländer und der KfW-Bank oder zukunftsorientierte Gebäudetechnik (Passivhausstandard) zugrunde, wird der Einsatz von Dreifachwärmedämmglas zum Standard. Folgt man darüber hinaus den ungünstigen Szenarien für die mittel- und langfristige Verfügbarkeit und der damit prognostizierten Preisentwicklung fossiler Brennstoffe, hat der EnEV-2009-Standard schon heute nur noch Altbauniveau. Dass die Problematik bereits erkannt wurde, bestätigt der heute schon hohe Produktanteil von bis zu 40 Prozent für Dreifach- Isolierglas. Der Isolierglaseffekt Eine Änderung der Temperatur oder des barometrischen Drucks erzeugt eine Druckdifferenz zwischen den Scheibenzwischenräumen einer Isolierglasscheibe und dem Außenraum und führt zu einer Belastung der Einzelscheiben. Im Allgemeinen hängt das Verhalten der Scheiben von der Steifigkeit des Systems ab. Dieser als Isolierglaseffekt oder Klimalast bezeichnete Lastfall von Isolierglas ist seit Langem gut bekannt und im statischen Nachweisverfahren (TRLV) berücksichtigt. Bei Dreifachisoliergläsern ist der Isolierglaseffekt stärker ausgeprägt, da sich die beiden Scheibenzwischenräume addieren und somit wie ein sehr großer Zwischenraum wirken.

Auf einen Überdruck im Scheibenzwischenraum reagieren diese Scheibenformate mit einer Aufweitung des Randverbunds und einem Ausbauchen der Glasscheiben. Bei einem Unterdruck im Scheibenzwischenraum wird der Randverbund zusammengedrückt und die Scheiben bauchen ein. Das Randverbundsystem muss mit Blick auf die Verformungen so stabil sein, dass die Haftung der Dichtung an Glas und Abstandhalter nicht beeinträchtigt wird und das Rückstellvermögen der Dichtstoffe langfristig erhalten bleibt. Dazu muss der Randverbund Randverbund den Bewegungen ausreichend Kräfte entgegensetzen. Werden die Klimalasten nicht genügend berücksichtigt, können Glasbruch und Schäden am Randverbund die Folge sein. Als kritisch erwiesen haben sich große Scheibenzwischenräume von mehr als zwei mal zwölf Millimeter, schmale Glasformate von weniger als 600 Millimeter Kantenlänge, asymmetrische Glasaufbauten und Höhenunterschiede von mehr als 200 Meter zwischen Herstell- und Einbauort sowie mehrere der genannten Faktoren. Eine genaue Analyse der Randbedingungen ist im Einzelfall für einen funktionsfähigen Glasaufbau erforderlich. Die Praxis zeigt, dass die Verantwortung der Glas- und Fensterhersteller hier verstärkt zum Tragen kommen muss.

Fazit Dreifachisolierglas bietet eine deutlich bessere Wärmedämmung als übliches Isolierglas und wird das Zweifachisolierglas mittelfristig ablösen. Mit seinen Eigenschaften bewegt es sich im Spannungsfeld der Bauphysik zwischen Sonnenschutz und solaren Gewinnen, Tageslicht und Blendschutz. Dreifachisolierglas ist aufgrund physikalischer Eigenschaften ein komplexes System und bei Berücksichtigung der veränderten Belastungssituation ein technisch beherrsch bares Produkt. Es ist schwerer und dicker, wobei sich die Fenster-, Fassaden- und Zubehörindustrie auf die geänderten Randbedingungen eingestellt haben. Klimalasten wirken sich stärker aus als bei Zweifachisolierglas, führen zu hohen Beanspruchungen der Glasscheiben und des Randverbunds und müssen bei der Glasauswahl berücksichtigt werden.