Kommt mit der neuen Norm eine Marktverschiebung? TVG in der E DIN 18008

Die DIN 18008 löst die bisherigen Regelwerke für die Glasbemessung ab – und ersetzt sie durch eine neuartige Vorgabe. Im Falle von TVG kann dies zu einer Marktverschiebung führen.

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Im vergangenen Jahr hat das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) einen Normentwurf zu Bemessungs- und Konstruktionsregeln für Glas im Bauwesen herausgebracht, die E DIN 18008. Die erforderlichen Nachweise entsprechen in vielen Punkten den bisherigen technischen Regeln für linienförmig gelagerte Verglasungen (TRLV), in weiteren Normteilen auch den technischen Regeln für punktförmig gelagerte Verglasungen (TRPV) sowie in den Spezialanforderungen den bekannten Regelungen für absturzsichere oder begeh- und betretbare Verglasung. Neu ist jedoch die Berücksichtigung von TVG, dem teilvorgespannten Glas, das in den vergangenen Jahren immer mehr Einzug in die Gebäudeverglasung gehalten hat. Dazu gab es bisher allenfalls in allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (AbZ) entsprechende Festlegungen.

Grundsätzlich kann TVG überall dort zum Einsatz kommen, wo auch Floatglas zulässig ist: In allseitig linienförmig gelagerten Vertikalverglasungen oder als Bestandteil von VSG in Überkopfverglasungen bei Einfachverglasungen oder als untere Scheibe einer Isolierverglasung. Der Vorteil dieses aufwändiger herzustellenden und damit auch teureren Produktes liegt in der höheren zulässigen Biegespannung, die größere Scheibenspannweiten oder geringere Glasdicken ermöglicht.

Zwingend wird die Verwendung von vorgespanntem Glas, sobald eine Scheibe Bohrungen oder Ausschnitte enthält. Als Bauverglasung kann hier Float- oder Ornamentglas nicht mehr verwendet werden (diese Einschränkung gilt nicht für Möbelverglasungen). Im Vertikalbereich können derartige Scheiben aus ESG oder TVG sein. Im Überkopfbereich muss es zumindest für die untere Glasscheibe ein VSG aus TVG sein. Für die Bemessung der Glasscheiben ist das nicht unbedingt von Vorteil. Liegen zwischen den Bohrungsrändern bzw. zwischen Bohrungs- und Scheibenrand nur 80 Millimeter oder weniger, gilt dieser Scheibenbereich im statischen Sinne als nicht vorgespanntes Glas und darf deshalb nur mit der Belastbarkeit des unvorgespannten Basisglases bemessen werden. Eine Tatsache, die insbesondere den Herstellern von Ganzglastüren und -duschen nicht gerade gefallen wird. Ein wesentlicher Vorteil von TVG soll aber nicht unerwähnt bleiben. Während es beim statischen Nachweis auf der Widerstandsseite für Floatglas verschiedene Werte für kurze, mittlere und lange Einwirkungszeiten gibt, kann man bei TVG wie auch bei ESG auf einen einzigen Wert zugreifen. Das macht die Ergebnisse vergleichbarer.

Die neue DIN 18008 wirkt sich auf die verschiedenen Glasarten recht unterschiedlich aus. Während TVG und ESG aus Floatglas durchweg profitieren, schneiden nicht vorgespannte Gläser generell sowie TVG und ESG aus Ornamentgläsern durchweg schlechter ab (siehe Grafik). Für nicht vorgespannte Glasscheiben kann das bei einem höheren Anteil von mittelfristiger oder dauernder Lasteinwirkung sogar noch um einiges schlechter aussehen. Insbesondere kleinformatige Isolierglasscheiben sind kaum noch mit nicht vorgespannten Gläsern ausführbar.

TVG zieht endlich auch in die allgemeinen Regelwerke ein. Es bietet dem Anwender Vorteile, doch die Verwendbarkeit ist mit einigen Tücken und mit einem höherem Preis behaftet. Wegen seines recht groben Bruchbildes sind einige Anwendungen mit nicht vorgespanntem Floatglas vergleichbar, andererseits ist eine Kantenprüfung auf Verletzungen wie beim ESG obligatorisch. Die nur geringe Vorspannung schließt ein Spontanbruchrisiko wie beim ESG praktisch aus, so dass ein Heißlagerungstest weder notwendig noch sinnvoll ist. TVG aus
Floatglas profitiert von den neuen Berechnungsverfahren mit am stärksten und wird in der Bauanwendung wohl noch deutliche Marktanteile gewinnen können. Vor allem im Isolierglasbereich wird TVG zum „Retter“ gängiger Scheibenaufbauten.