Glas sauber halten So lassen sich Kratzer bei der Glasreinigung vermeiden

Der Anteil von Glas, gut so, nimmt in der Gebäudehülle auch wegen der steigenden Zahl der PV-Anlagen zu. Die Reinigung der Glasflächen indes stellt besondere Anforderungen.

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Nicht nur in Büro- und Verwaltungsgebäuden, auch im privaten Bereich erfreut sich Glas einer wachsenden Beliebtheit. Dies gilt insbesondere für vorgespannte Gläser. Neue Regelwerke, die für Isolierverglasungen weitgehend auf Glaskombinationen aus ESG und VSG abstellen, verstärken diesen Trend. Dazu kommt wie erwähnt die zunehmende Verbreitung von Photovoltaikanlagen (PVA). Dagegen setzen Gebäudenutzer in der jüngs - ten Vergangenheit Sicherheitsgläser weniger bereitwillig ein; dies u.a. deshalb, weil ESG neuerdings im Ruf steht, eine geringere Kratzfestigkeit als vorgespannte Gläser aufzuweisen. GFF untersucht im Folgenden Ursachen und Hintergründe für das besondere Materialverhalten thermisch vorgespannter Floatgläser, um den fachgerechten Umgang mit diesem Werkstoff zu ermöglichen. Glas darf durchaus als unproblematisch im Verschmutzungsverhalten gelten, ist gleichzeitig jedoch mitnichten als völlig pflegefrei zu bezeichnen. So ist zu beachten, dass Glasoberflächen der regelmäßigen Reinigung bedürfen. Das kann je nach dem Grad der Verschmutzung monatlich, sollte indes wenigstens vierteljährlich passieren. Leider bleibt das oftmals ein frommer Wunsch. Begründet wird dies mit einer geringeren Umweltverschmutzung und der Reduzierung immissiver Produktionsstätten.

Dazu kommen gekürzte Reinigungsbudgets bei gewerblichen Immobilien und ein geändertes Freizeitverhalten im privaten Bereich. Beanspruchung der Glasoberflächen Normale Umweltbeanspruchungen schädigen Glasoberflächen zunächst nicht. Abgesehen von der bekannten Empfindlichkeit im Falle alkalischer Auswaschungen aus angrenzenden Bauwerksteilen, zumal solchen aus Beton oder Kalksandstein, ist eine Korrosion ebenfalls unter dem Einfluss von Wasser möglich. Dazu sei auf die spezifische Netzstruktur bei Kalk-Natron-Glas verwiesen. Das Siliziumdioxid des Quarzsandes (SiO2), wesentlicher Bestandteil des Glases, tritt hier in Form von Silikat (SiO4) auf. Die Molekülstruktur von Silikat besteht aus dem zentralen Siliziumatom, das vier Sauerstoffatome in der Form eines Tetraeders umgeben. Chemisch gesehen gehören zu jedem Siliziumatom nur vier halbe Sauerstoffatome (chemisch stabil SiO2), da ja jedes Atom ebenfalls Bestandteil des benachbarten Tetraeders ist. An der Glasoberfläche treten daher chemisch sehr aktive, freie Sauerstoffatome auf, die zunächst das in der Luftfeuchtigkeit vorhandene Wasser binden. Man spricht von einer permanenten Wasserhaut – einer molekularen Schicht, die eine Dicke von nur zirka einem Nanometer (Millionstel Millimeter) aufweist. Aus je einem Wasserund Sauerstoffmolekül werden zwei Hydroxidmoleküle: O + H20 ..2 OH. Die in der Glasstruktur gelegentlich eingelagerten Metalloxide reagieren in Oberflächennähe mit atmosphärischem Wasser. Zu den häufigsten Reaktionen zählen: – Na2O + H2O ..2 NaOH – CaO + H2O ..Ca(OH)2 – Al2O3 + 3 H2O ..2 Al(OH)3 Die entstandenen Metallhydroxide sind Salze, die in wässeriger Lösung zu den starken Basen zählen. Bekannt ist beispielsweise Natriumhydroxid (NaOH) als Natronlauge. Steht nur wenig Wasser zur Verfügung, werden infolge von Konzentration recht schnell hohe und für das Glas gefährliche pH-Werte erreicht. Unter dem Einfluss dieser konzentrierten Basen entsteht ein wasserlösliches Gel, das bei größerem Wasserangebot aus der Oberfläche ausgewaschen wird und mikroskopische Oberflächendefekte hinterlässt, die wesentlichen Einfluss auf die Festigkeit des Glases haben. Der Netzstruktur des Glases fehlt im Inneren ein festigkeitsgebendes Kristallgitter von Symmetrie und Periodizität. Wegen der eingebundenen Fremdmoleküle treten immer wieder Fehlstellen im Gefüge auf.

Die optische Brillanz von Glas bestimmen die Faktoren Lichtstreuung, Lichtbrechung und Lichtdurchlässigkeit. Während Lichtbrechung durch die physikalische Größe der Brechzahl z.B. für den Übergang von Glas nach Luft fix definiert ist, hängt die Lichtstreuung vor allem von der Oberflächenstruktur des Glases ab. Die Lichtdurchlässigkeit richtet sich nach der chemischen Zusammensetzung/Einfärbung des Glases und nach den vorhandenen Beschichtungen. Selbst die glatt wirkende Oberfläche von Float glas hat nach der Produktion eine Rauigkeit von einem bis zwei Nanometer auf der Bad- und von fünf bis zehn Nanometer auf der Atmosphärenseite. Eine solche Ober - flächenrauigkeit wirkt optisch diffus, ist für den gewöhnlichen Betrachter aufgrund nicht zu erkennender Streuung aber unsichtbar. Kratzer dagegen sind ab wenigen 100 Nanometer Tiefe mit bloßem Auge erkennbar, ab zirka 2.000 Nanometer bzw. 0,002 Milli meter Tiefe auch manuell spürbar. Auf Glasscheiben mit Beschichtungen sind Kratzer sichtbar, wenn sie die teils nur etwas mehr als zehn Nanometer dicke Beschichtungsschicht verletzt haben. Glas weist eine materialtypische Kratzempfindlichkeit auf, die durch die Ritzhärte, also eine Art Oberflächenritzfestigkeit, repräsentiert wird. In der DIN EN 101 ist die MOHSRitzhärte für thermisch entspannte und thermisch vorgespannte Floatgläser mit fünf bis sechs angegeben.

Dagegen ist die Ritzhärte für reines Siliziumdioxid (SiO2, etwa in Form des so genannten Saphirglases) mit sieben beziffert. Dies deshalb, weil die beschriebenen Oberflächendefekte zur Aufspaltung der festeren Hauptstruktur führen, also potenzielle Ritzkerben vorgeben. Mit einem gewöhnlichen Taschenmesser lassen sich Minerale bis zum Härtewert vier ritzen. Legt man dies zugrunde, wäre kein bei der Verarbeitung und zur Reinigung verwendeter Gegenstand in der Lage, einen Kratzer an der Glasoberfläche zu erzeugen. In der Praxis finden sich freilich immer wieder derartige Beschädigungen. Ursache: Bei der Verarbeitung von Flachglas brechen mikroskopisch kleine Partikel an den Glaskanten ab, die sich an den Kontaktmaterialien wie Transportrollen, Handschuhen, Werkzeugen absetzen. Im eingebauten Zustand ist die Glasoberfläche zahlreichen Belastungen durch harte Partikel ausgesetzt. Dies sind außer Staubkörnchen oft Quarzsandteilchen, die vom Sprühnebel der zunehmend verbreiteten Hochdruckreiniger aufgewirbelt werden. Wird dann mit zu wenig Wasser als Spüllösung das Glas gereinigt, schürfen die harten und kaum löslichen Schmutzpartikel die Glasoberfläche auf und hinterlassen die berüchtigten Kratzspuren. Häufig geschieht dies sogar in Form der typischen Wischbewegung. Auch die Klingen, mit denen die professionellen Gebäudereiniger hartnäckigem Schmutz Herr zu werden versuchen, lösen bei fehlerhaftem Gebrauch starke Schäden hervor. Durch zu starken Anpressdruck, z.B. infolge einer zu steilen Haltung des Werkzeugs, können in die Klingenoberfläche Aluminiumoxidpartikel (Al2O3, laut EN 572-1 liegt der Anteil im Glas bei bis zu drei Prozent) eingedrückt werden.

Wegen der im Vergleich zu Siliziumdioxid höheren Dichte (3,9 g/cm–3) und Schmelztemperatur von 2.045 Grad Celsius lösen sich diese nicht in der Glasschmelze auf, sie sinken zu Boden. So dürfte das hochfeste Mineral besonders auf der Badseitenoberfläche von Floatglas auftreten. Al2O3 ist ebenfalls unter dem Namen Korund bekannt, dieser Werkstoff findet z.B. in Schleifscheiben Verwendung und weist eine Ritzhärte von neun auf. Ist die Klinge damit kontaminiert, verkommt die Reinigung zur Sabotage. Die Eigenheiten von ESG Durch thermisches Vorspannen wird aus einem technisch entspannten Float Einscheibensicherheitsglas (ESG). Glas weist zudem als materialtypische Besonderheit eine Mikroplastizität des Gefüges auf. Unter anhaltenden Spannungen werden einzelne Moleküle in die Hohlräume gepresst. Diese marginalen Strukturveränderungen bewirken den Spannungsabbau, so dass von der Gewöhnungsfähigkeit an Dauerlasten gesprochen werden könnte. Die Vorspannung des ESG ist so eine Dauerlast. Von bestimmten Anomalien im Randbereich abgesehen, zeigt vorgespanntes ESG im Inneren eine mäßige Zugspannung von 20 bis 30 Newton pro Quadratmillimeter, an der Oberfläche dagegen eine sehr große Druckspannung von 120 bis 180 Newton pro Quadratmillimeter (siehe die Grafik unten).

Die eingeschlossene Fläche oberhalb und unterhalb der Spannungsnulllinie ist in dem Gleichgewichtszustand gleich groß. Die hohe Druckspannung im Bereich der Oberfläche bewirkt eine Gefügeverschiebung, so dass die oberflächlichen Kerben zusammengepresst und wie bei einem gedrückten Schwamm die weniger druckfesten Teile der Netzstruktur nach außen geschoben werden, um wieder einen Teil der Spannungen abzubauen. Außer den bekanntlich verbesserten technisch-physikalischen Eigenschaften (höhere ertragbare Oberflächenzugspannung und Temperaturwechselbeständigkeit) droht die spürbare Erhöhung der Oberflächenrauigkeit und damit eine höhere Kratzempfindlichkeit. Für die spätere Wartung und Reinigung gilt es die konstruktiven Voraussetzungen zu schaffen. Es ist wichtig für die Gebrauchstauglichkeit jeder Konstruktion, dass alle Glasflächen zu Reinigungszwecken zugänglich sind. Sind diese nicht unmittelbar zu erreichen, obliegt es dem Bauausführenden, entsprechende Einrichtungen wie Leitern, Putzgerüste und Möglichkeiten wie Einhängeösen, Ausstiegsluken vorzuhalten, welche die spätere Wartung und Reinigung ermöglichen. Auch gehört es zu den konstruktiven Bedingungen, dass die Glasflächen von Zeit zu Zeit mit ausreichend Wasser gespült werden. Ein Problem ist dies bei den Verglasungen unterhalb von vorspringenden Dächern. Gelangen Sonne und Schmutz anders als Regen gut an die Glasoberflächen, drohen chemische Prozesse, unterstützt von der hohen Temperatur, die Glasstruktur anzugreifen.

GFF gibt Reinigungstipps – häufigere Reinigungszyklen anstreben – mindestens alle drei Monate – so genannte selbstreinigende Gläser wie Pilkington Activ und SGG Bioclean nur anwenden, wo eine ausreichende und häufige Beregnung möglich ist (nicht unter Dächern/ Dachvorsprüngen) und ein Mindestgefälle für hinlänglich große Fließgeschwindigkeiten des Wassers sorgt – stets mit reichlich Wasser reinigen bzw. Wischer öfters ausspülen – neutrale beziehungsweise geringfügig säurehaltige Reinigungsmittel verwenden – diese neutralisieren basische Glaskorrosionsauslöser wie Natronlauge – weitgehend auf Klingen, Schaber oder Ähnliches verzichten GFF rät: Beachten Sie diese Ratschläge und geben Sie sie an Ihre Kunden weiter. Damit Glasoberflächen sauber bleiben, um die gewünschte Durchsicht oder mit Blick auf PVAnlagen den Ertrag zu gewährleisten.