Am Wissenschaftszentrum Straubing Glasfaserlamellen schützen elegant vor der Sonne

Eine Fassade aus leuchtend weißen Glasfaser lamellen schützt das Wissenschaftszentrum Straubing vor der prallen Sonne und hilft dem Betreiber, Energie einzusparen.

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Nur etwa ein Viertel der Sonneneinstrahlung, die tatsächlich auf das Gebäude auftrifft, sollte die Schutzfassade für das neue Wissenschaftszentrum Straubing nach dem Willen der Planer durchlassen. Laut Colt schafft sie jetzt noch mehr: Die Lamellen lassen nur etwa 16 Prozent der solaren Strahlung passieren. Dieser verbesserte energetische Abminderungsfaktor – Fachleute sprechen vom FC-Wert – optimiert die Energiebilanz des gesamten Gebäudes. Der Effekt passt in die Strategie des Bauherrn, des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst.

Die leuchtend weiße Lamellenfassade des Wissenschaftszentrums dient als attraktive Visitenkarte und stellt einen sehr wichtigen Baustein des planerischen Gesamtkonzepts, das auf Nachhaltigkeit im Umgang mit Ressourcen und Energie setzt, dar. Im Architekturbüro Nickl & Partner fand das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst einen ehrgeizigen Partner. In Straubing war die Verwendung nachwachsender Rohstoffe als Baumaterialien im Außen- und Innenbereich ein wichtiges Anliegen. Nickl & Partner setzte deshalb Holz als Baustoff für die Tragkonstruktion und die Bodenbeläge, im Innenausbau und bei der Wärmedämmung ein. Für Wärme im Gebäude sorgt eine Biomassefeuerungsanlage.

Die Sonnenschutzfassade aus dem Hause Colt International fügt sich mit ihrem optimierten FC-Wert in das Gesamtkonzept des Gebäudes ein, das im vergangenen Jahr begleitet von einer interessierten Öffentlichkeit eingeweiht wurde. Von drei Seiten umschließt die strahlende Hülle aus Glasfaserlamellen diesen Gebäudekomplex. Sie schützt die Nutzer des Gebäudes vor zu viel Sonneneinstrahlung und gewährleistet laut Colt gleichzeitig die bestmögliche Ausnutzung der Sonne als natürlichen sowie nachhaltigen Energielieferanten.

Die Sonnenschutzanlage des Baus besteht aus 1.488 Membranlamellen vom Typ Colt Shadotex. Sie sind zwischen 1,75 und 1,60 Meter breit und zirka 60 oder 75 Zentimeter hoch. Angeordnet in 18 Reihen übereinander, legen sie sich um das Wissenschaftszentrum. Allein der im Westen gelegene großzügige gläserne Eingangsbereich blieb offen, das Technikum auf der gegenüberliegenden Seite setzt sich durch eine Holzverkleidung ab. Insgesamt bestückten die Monteure 1.612 Quadratmeter Fassadenfläche mit Lamellen (Südost: zirka 580, Nordwest: zirka 680, Südwest: zirka 240, Nordost: zirka 112 Quadratmeter).

Die Haltekonstruktion, an der die Lamellen befestigt sind, wurde konsequent nach der Struktur der Primärfassade ausgerichtet. So entstand ein harmonisches Raster, das den Rhythmus der Gebäudefassade weder von innen nach außen noch von außen nach innen stört oder unterbricht. Der geschickte Wechsel von feststehenden und beweglichen Lamellen unterstützt dieses Gleichmaß: Auf der Südwestseite neben dem Haupteingang und dem dahinter befindlichen Bereich sind alle Lamellen starr fixiert. Etwa zwei Drittel dieser festen Lamellen sind in einem Winkel von 30 Grad zur Horizontalen geöffnet, die anderen geschlossen. An den übrigen Gebäudeseiten bewegen sich die Lamellen vor den Fensterbändern, im Brüstungsbereich unter den Fenstern befinden sich nur feststehende geschlossene Lamellenelemente. Zwischen der Lamellenhülle und der eigentlichen Gebäudefassade verläuft vor jedem Stockwerk ein etwa 40 Zentimeter breiter Gitterrostgang. Er dient zur Reinigung und Wartung von Lamellenanlage und Fassade. Die Lamellen selbst bestehen aus Glasfasergewebe, das wie eine textile Membran stramm auf Aluminiumrahmen aufgespannt ist. Je nach Position und energetischem Bedarf – bezogen auf den Sonnenstand – sind die Lamellen einzeln oder doppelt bespannt. Am Ende des Produktionsprozesses wurden die textilen Bespannungen der Lamellen achtfach mit Teflon (PTFE) überzogen.

Diese Beschichtung sorgt bei Sonneneinstrahlung für eine sehr hohe und gleichmäßig diffuse Streuung des Lichts ins Gebäudeinnere. Das Gewebe wirkt außerdem wasserundurchlässig und schmutzabweisend. Für das Projekt Wissenschaftszentrum Straubing führte Colt International spezielle Testreihen in einer eigens aufgebauten Musteranlage durch, um die Belastbarkeit der Lamellen zu prüfen. Biaxiale Spannungstests der Lamellengewebe in den Richtungen von „Schuss“ und „Kette“ sicherten, dass sich die leichtgewichtigen Lamellen auch bei widrigen Wetterverhältnissen nicht verziehen oder wegen Materialermüdung Falten werfen.

Den wichtigsten Wert bildet wie bei jeder Sonnenschutzfassade der energetische Abminderungsfaktor, der durch die Lamellen erzielt wird. Mit diesem so genannten FC-Wert bezeichnet man den Quotienten der solaren Strahlung, die auf das Schutzsystem auftrifft, und derjenigen Strahlung, die durch das Sonnenschutzsystem hindurch ins Gebäudeinnere gelangt. Der FC-Wert ist abhängig von vielen Einflussfaktoren. Dazu gehören die geografische Lage des Gebäudes, die Ausrichtung der Fassaden, die Jahreszeit, die geometrische Anordnung des Sonnenschutzes sowie die strahlungstechnischen Kerngrößen der verwendeten Materialien. Strenggenommen variiert der FC-Wert sogar laufend mit der Tageszeit, so dass bauphysikalisch üblicherweise repräsentative sommerliche Mittelwerte errechnet und konservativ gerundet werden.

Das Gebäude in Straubing sollte einen FC-Wert von 0,25 erreichen. Die Lamellenanlage sollte dafür sorgen, dass von der tatsächlich auf das Gebäude auftreffenden solaren Strahlung nur mehr ein Viertel auf die eigentliche Gebäudefassade auftrifft. Colt International legte den Berechnungen kalorische Messungen des Instituts für Fens tertechnik (ift) in Rosenheim zugrunde und korrigierte die Daten dann zusätzlich aufgrund der spezifischen Verhältnisse vor Ort. So trugen die Planer der Tatsache Rechnung, dass die Sonnenstrahlen nicht immer senkrecht auf die Lamellen treffen, und dass die Himmelsstrahlung in der Realität nicht an allen Stellen gleichmäßig einwirkt. Eine Optimierung des FC-Werts unterhalb des geforderten Werts erreichte Colt dadurch, dass die Nachführung der beweglichen Lamellen einen mehrfachen Strahlungsdurchgang ermöglicht: Die solare Strahlung passiert nicht nur eine, sondern zwei oder mehrere Lamellen, bevor sie auf die Primärfassade trifft. Der FC-Wert erreicht bei den doppelt bespannten Lamellen im Wissenschaftszentrum Straubing 0,17 bei den beweglichen Lamellen und 0,16 bei den feststehenden Lamellen. Konkret dringen nur noch 16 bis 17 Prozent der Solarstrahlung ein. Das entspricht laut Colt einer Verbesserung der FC-Werte um zirka 40 Prozent – und leistet einen Beitrag zur Energieeffizienz des gesamten Gebäudes.