Kommentar von Ulrike Jocham Steigende Haftungsgefahren beim Bau von Türschwellen

Bauordnungsrechtliche und normative Forderungen nach barrierefreien Nullschwellen sind längst vorhanden, betont die Bausachverständige Ulrike Jocham. Die Umsetzung entsprechender Lösungen sei daher dringend empfohlen, um Baumängel und Haftungsgefahren zu vermeiden.

Lebensqualität pur:  Für die Seniorinnen und Senioren des Münchner Mathildenstifts bewirken die barrierefreien und universell designten Magnet-Nullschwellen eine selbstständige und sturzpräventive Nutzbarkeit ihrer Balkone.
Lebensqualität pur: Für die Seniorinnen und Senioren des Münchner Mathildenstifts bewirken die barrierefreien und universell designten Magnet-Nullschwellen eine selbstständige und sturzpräventive Nutzbarkeit ihrer Balkone. - © Ulrike Jocham

Die Auswirkungen aufgrund der Nullschwellen-Stellungnahme aus dem Jahr 2013, der längst geforderten Barrierefreiheit nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG §4) und des noch viel weiter reichenden Gesetzes zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (kurz UN-Behindertenrechtskonvention oder UN-BRK) werden in der Türen- und Fensterbranche immer spürbarer. Im Ernstfall ist es für Bauverantwortliche nicht mehr möglich, sich auf die längst überholte Ausnahmeregel der ein bis zwei Zentimeter hohen Türschwellen zurückzuziehen.

Die aktuelle Sachlage

Bereits vor mehr als zehn Jahren hat das Deutsche Institut für Normung (DIN) in Berlin mit der Nullschwellen-Stellungnahme klargestellt, dass barrierefreie Nullschwellen nach der DIN-Norm für barrierefreies Bauen (DIN 18040) sogar als Regelfall gefordert sind. Die Fachzeitschrift "Behinderte Menschen" (heute "Menschen."), welche die Nullschwellen-Stellungnahme in der Ausgabe 4-5/2013 erstmals öffentlich machte, ermöglicht seither den kostenfreien Zugang zu dieser durchaus bedeutenden Kommentierung des DIN und des verantwortlichen Arbeitsausschusses der DIN 18040 Teil 1 und Teil 2.

GFF hatte in der Ausgabe 10/2014 auf diese damals für Türen- und Fensterbauer grundlegende Veränderung durch die Nullschwellen-Stellungnahme hingewiesen. Doch immer mehr Schadensfälle, auch vor Gericht, zeigen, dass einige Schlüsselmultiplikatoren in der Türen- und Fensterbranche es versäumt haben, die Bauverantwortlichen auf diese weitreichende Nullschwellen-Stellungnahme hinzuweisen – obwohl eine Oberste Baurechtsbehörde diese ein Jahr später zusätzlich untermauerte: mit dem Nullschwellen-Runderlass.

Und nicht nur das. Mit bundesweiter Auswirkung betonte das baden-württembergische Ministerium für Verkehr und Infrastruktur am 16. Dezember 2014 in diesem Nullschwellen-Runderlass, dass bis zu zwei Zentimeter hohe Türschwellen bereits bei den Vorgängernormen der DIN 18040 unzulässig waren. Auch dieser Nullschwellen-Runderlass hat – neben der Nullschwellen-Stellungnahme – enorme Folgen auf die Branche. Da die Vorgängernormen (DIN 18024 und DIN 18025) der DIN 18040 allein in Baden-Württemberg bereits im Jahr 1997 bauordnungsrechtlich eingeführt wurden, sind barrierefreie Nullschwellen schon seit nunmehr fast drei Jahrzehnten gesetzlich vorgeschrieben. Laut den Rechtsanwälten Teubner & Hülsebeck gibt es "im öffentlichen Baurecht keine Verjährung, die man gegen das Einschreiten der Behörde einwenden kann."

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Barrierefreies Bauen und GFF Exklusiv