Markus Brunner, Geschäftsführer von IPB-Profile und Betriebsleiter von EGE 3D-Druck im Fensterbereich: Drucken sich eines Tages die Fensterbauer ihr Flachglas selbst?

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IPB-Profile – hauptsächlich für ihre Optizarge bekannt – beschäftigt sich seit fünf Jahren mit dem 3D-Druck im Fenster- und Türenbereich. Markus Brunner gibt im Gespräch mit GFF seine Einschätzung zum Szenario, ob sich Flachglas im gewünschten Format direkt aus einem 3D-Drucker herstellen lässt. „Mit 3D-Glasdruck wird schon länger experimentiert, in der breiten Öffentlichkeit ist das allerdings noch nicht angekommen. Das Problem stellt die benötigte Größe der 3D-Drucker für großformatige Flachglasscheiben dar, da die Drucker-Öfen extrem hohe Temperaturen generieren müssen“, sagt Brunner.

Verschiedene Forschungseinrichtungen haben laut Brunner deswegen Fremdstoffe ins Glas gemischt, um mit niedrigeren Temperaturen drucken zu können: „Das Verfahren funktioniert: Diverse Kunststoffe imitieren klassische Glaseigenschaften wie Transparenz. Das Endresultat hat allerdings mit dem Produkt Glas im herkömmlichen Sinne nicht mehr allzu viel zu tun.“

Langzeittests bezüglich Witterungs- oder UV-Strahlen-Einwirkungen stünden indes noch aus, da es sich bei den Experimenten bisher lediglich um Laborergebnisse handle. „Solche Verfahren eignen sich eher für spezielle Glaskunstobjekte, aber nicht für massentaugliches Flachglas im Baugewerbe.“

Knackpunkt seien in beiden Fällen die Kosten: Sowohl die Variante mit 3D-druckfähigen Öfen als auch mit alternativen Mischstoffen seien schlicht zu teuer für mittelständische Fensterbaubetriebe. Zudem bestehe keine wirtschaftliche Notwendigkeit, da traditionelles Flachglas in ausreichendem Maß im angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis verfügbar sei. „Bei jedem Fensterbauer befindet sich in zirka 200 Kilometer Umkreis ein Glaslieferant. Lieferschwierigkeiten haben sich in der Vergangenheit immer nur ergeben, wenn Produktionskapazitäten gefehlt haben – nicht aufgrund mangelnden Rohmaterials“, sagt Brunner. „Die Verfügbarkeit von Flachglas ist auf absehbare Zeit ausreichend vorhanden, weswegen bei Betrieben die Motivation fehlen dürfte, in den 3D-Druckbereich für Glas zu investieren. Abgesehen davon: Externes Fachwissen anzuwerben, ist ebenso schwierig wie teuer.“

Vorteile gebe es allerdings durchaus: Insbesondere die schnelle Verfügbarkeit – vorausgesetzt das benötigte Rohmaterial für die 3D-Glasproduktion ist vorhanden – sieht Brunner als entscheidenden Faktor: „Bei einigen Glaselementen müssen längere Lieferzeiten eingeplant werden. Falls nun ein größerer Fensterbauer in einer Nebenhalle solch einen 3D-Drucker stehen hat, ist er nicht mehr vollständig von seinem Zulieferer abhängig – er druckt sich bedarfsweise fehlende Komponenten selbst.“ Dieses Szenario sei allerdings nur denkbar, wenn sich die Marktsituation bei herkömmlichem Glas deutlich verschlechtere.

Ferner muss bei an dieser Technologie interessierten Betrieben eine gewisse Experimentierfreude vorhanden sein. Der Vorteil besteht darin, dass beim 3D-Druck in der Research-Phase nur geringe Kosten für die Anfertigung von Prototypen anfielen – somit sei wenig verloren, wenn sich eine Lösung als nicht markttauglich erweise.

Fazit: Die Entwicklung auf diesem Gebiet bleibt abzuwarten. „Wenn es der Wissenschaft gelingt, Rohmaterialien derart zu mischen, dass sich Fensterbauer selbst Flachgläser drucken können, eröffnen sich automatisch neue Perspektiven: Dann reden wir vom bedarfsgerechten Anbieten, was für die Betriebe ein großer Hebel wäre“, sagt Brunner.

Die Technologie des 3D-Drucks mit Glas ist vorhanden. Die Herausforderung liege darin, die Technologie massentauglich zu gestalten.