ift-Baustellenbegehung in München Serielle Sanierung in der Baupraxis

Die energetische Modernisierung des Gebäudebestands gilt als zentraler Hebel, um den CO2-Ausstoß in Deutschland zu reduzieren. Ein Mittel zum Zweck ist die serielle Sanierung, bei der Fassadenelemente mit Bekleidung und Fenstern montiert werden. Im Herbst haben Experten des ift Rosenheim ein Münchner Sanierungsprojekt besucht.

Bauexperten von B & O, Huber & Sohn und ift Rosenheim diskutierten Chancen und Verbesserungspotenziale der seriellen Sanierung und Aufstockung mit vorgefertigten Holzfassaden: v.l.n.r. Projektleiter Martin Nachtwey und Josef Huber (Huber & Sohn), Hermann Schmitz (ift Beirat/Veka), Prof. Jörn P. Lass, Markus Egli, Anyke Aguirre Cano (ift), Projektleiter Frank Melzer (B & O), Gregor Vollenberg, Martin Hessler und Andreas Preuß vom ift. - © ift Rosenheim

Die Fassadenbauteile werden als Alternative zu Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) installiert.

Die ift-Mitarbeiter begutachteten im Münchner Norden die Montage an einem mehrstöckigen Gebäude aus den 60er-Jahren, bei dem eine energetisch unzureichende Styrodur-Dämmung entfernt und durch seriell produzierte Holzbauwände ersetzt wurde.

Generalsanierung und Aufstockung der Wohnfläche

Die Ausführung der Holzfassade erfolgt durch Huber & Sohn im Rahmen einer Generalsanierung durch B & O. "Die Baustellenbegehung zeigte sehr eindrucksvoll die vielfältigen Herausforderungen bezüglich Abdichtung, Bauphysik, Brandschutz, Befestigung und Logistik. Hierbei will das ift Rosenheim Hersteller, GUs, Wohnungsbaugesellschaften und Planer in Zukunft stärker unterstützen", so der Institutsleiter Prof. Jörn P. Lass.

Die angebrachte Styrodur-Dämmung aus einer vorherigen wärmetechnischen Sanierung und die Haustechnik waren technisch und optisch in die Jahre gekommen und so beschloss die Baugenossenschaft Hartmannshofen e.G. als Bauherr eine umfangreiche Modernisierung in Verbindung mit einer Aufstockung in Holzbauweise.

Holzfassade statt WDVS

Bei diesen Gesprächen brachte B & O dann die serielle Sanierung mit Holzfassaden als Alternative zum zunächst geplanten WDVS ins Spiel. Die höhere Qualität, bessere Nachhaltigkeit, kürzere Bauzeit mit geringerer Störung der Mieter sowie der Wohnraumgewinn im Bereich der geplanten 3-stöckigen Aufstockung überzeugte den Bauherren schnell, teilt das ift mit.

Eine professionelle Lastabtragung ist die Basis einer seriellen Sanierung – in diesem Fall über statisch dimensionierte Konsolen. - © ift Rosenheim

Durch die Inanspruchnahme der bestehenden Fördergelder für serielle Sanierungen waren laut ift die Mehrkosten gegenüber dem WDVS nicht wesentlich höher. Die für die Aufstockung bereits beauftragten Holzbauexperten von Huber & Sohn aus Wasserburg erklärten sich bereit, diese anspruchsvolle Aufgabe anzunehmen, weil das Unternehmen über Know-how im Fertigteilbau, Ingenieurholzbau und Fensterbau verfügt.

Enges Zeitfenster und erhöhte Brandschutzauflagen

Die Herausforderung ergaben sich aus dem engen Zeitfenster und erhöhten Brandschutzanforderungen, weil das Gebäude durch die Aufstockung in die höhere Gebäudeklasse 5 aufgestiegen war. Insbesondere die Bewertung der Fuge zwischen neuer Sanierungsfassade und Bestandsbau und die Erbringung der Verwendbarkeitsnachweise erfordern Erfahrung.

"Da der Geschäftsführer Josef Huber auch Mitglied im ift-Vorstand ist, war die Idee zur Einladung von ift-Experten aus den Bereichen Schall-/Brandschutz, Montage, Konstruktion und Fassadenprüfung schnell geboren", heißt es in einer ift-Mittteilung.

Projektbezogen geplant

Anders als in Werbe- und Infobroschüren beschrieben, können Standardelemente nicht einfach vor eine bestehende Hauswand gestellt werden, sondern die Fassade musste individuell geplant werden. Vor allem die Ebenheits-Toleranzen (die in der Praxis oft 50 Millimeter und mehr betragen) müssen ermittelt und konstruktiv berücksichtigt werden.

Um einen bauphysikalisch und brandschutztechnisch problematischen Hohlraum zu vermeiden, konnten die Fassadenelemente deshalb nicht vorab im Werk gedämmt werden, sondern wurden vor Ort mit Mineralfasern ausgeblasen.

Vorgefertigte Wandelemente in Holzbauweise ermöglichen optimal eine serielle Sanierung bestehender Gebäude, oft in Verbindung mit einer Aufstockung bis zu drei Geschossen. - © ift Rosenheim

Weitere anspruchsvolle Montagedetails ergeben sich durch die statische Lastabtragung der neuen Holzfassaden und den Außenwänden der Aufstockung sowie die Einbindung der Stahlkonstruktion für die geplanten Vorsatzbalkone.

Beteiligte der Begehung diskutieren konstruktive Verbesserungen

Bereits auf der Baustelle wurden von den Bauexperten von B & O, Huber & Sohn und ift Rosenheim konstruktive Verbesserungen sowie eine einfachere Genehmigung durch geeignete Prüfnachweise diskutiert. Es wurde vereinbart, die Zusammenarbeit nach Abschluss des Bauvorhabens fortzusetzen.

Das ift Rosenheim kann den Angaben zufolge Planer, Generalunternehmer und Hersteller in Zukunft unterstützen, denn es verfügt in allen relevanten Themenfeldern (Bauphysik, Schall-/Brandschutz, Befestigung, Abdichtungssystemen und Montagetechnik) über Kompetenz (davon 80 Mitarbeiter mit holztechnischer Ausbildung), langjährige Erfahrungen und entsprechende Prüfeinrichtungen.