125 Jahre Glas Reus Reus: "Unsere Mitarbeiter sollen sich mit dem Betrieb identifizieren."

Glas Reus aus dem hessischen Hanau feiert 125-jähriges Bestehen. Das Familienunternehmen wird in der vierten Generation von Herbert Reus geführt. Sein Anliegen: Die Belegschaft soll sich mit dem Betrieb identifizieren.

Kreishandwerksmeister Martin Gutmann (li.) überreicht die Ehrenurkunden der Kreishandwerkerschaft Hanau und Handwerkskammer Wiesbaden an Firmenchef Herbert Reus. - © Kreishandwerkerschaft Hanau

Die Gründung von Reus begann mit einem Versprechen: Er wolle die "geehrte Kundschaft auch fernerhin prompt und billigst bedienen", kündigte Heinrich Reus in einer Annonce im Hanauer Anzeiger an. Man schrieb das Jahr 1897. Kurz zuvor hatte Reus das große Glasergeschäft an der Hospitalstraße in Hanau übernommen, nachdem er es zuvor 21 Jahre lang als Geschäftsführer geleitet hatte — zuletzt im Auftrag der Witwe J.C. Koch.

Herbert Reus, sein Urenkel, gibt die Geschichte gerne zum Besten, wenn er dieser Tage auf den 125. Geburtstag angesprochen wird, den das Familienunternehmen zu Beginn des Monats begangen hat. Und eigentlich könnte man den Satz seines Urgroßvaters auch heute noch so mit gutem Gewissen niederschreiben, zumindest sinngemäß. "Vielleicht würde ich statt billigst eher das Wort preiswert wählen und noch die Attribute Leistung und Qualität anfügen", sagt Reus und schmunzelt. Der Satz des Gründers habe eine Firmenphilosophie geprägt, die auch heute noch von den Mitarbeitern des Unternehmens beherzigt werde.

Vom traditionellen Glasergeschäft zum hoch technisierten Handwerksbetrieb

Glas Reus, das seit 1977 mit Werkstatt und Showroom an zwei Standorten an der Martin-Luther-King-Straße in Hanau beheimatet ist, hat sich im Laufe seiner Geschichte vom traditionellen Glasergeschäft zu einem hoch technisierten Handwerksbetrieb entwickelt. Allein das Leistungsspektrum legt darüber Zeugnis ab: Markisen, Sonnenschutz mit elektrischen Steuerungen, Rollläden, Fenster, Glasarbeiten, Terrassenüberdachungen, Haustüren, Innentüren, Einbruchsschutz sowie einen Rundumservice und Reparaturservice finden sich im Portfolio des Unternehmens. Glaser, Fensterbauer und Sonnenschutzmechatroniker sind die Berufsbilder der Belegschaft, die, zählt man die Fremdkräfte hinzu — aus 30 Mitarbeitern besteht.

Das Traditionsunternehmen wird heute von Herbert und Maria Reus geführt und weiterentwickelt. Eigentlich sind es drei Kapitel, die den Weg des Unternehmens durch das gesamte 20. Jahrhundert beschreiben: die Gründerzeit, die Nachkriegszeit sowie die Aktuelle. Eine ganz besondere Prägung hätten seine Großeltern dem Unternehmen gegeben, erzählt Herbert Reus: Hermann und Scholastika Reus bauten das Unternehmen wieder von vorne auf, nachdem es am Altstädter Markt beim verheerenden Bombenangriff vom 19. März 1944 komplett zerstört worden war. Dorthin, in unmittelbare Nähe des Goldschmiedehauses, war das Unternehmen in den 20er Jahren umgesiedelt.

Großen Respekt von Leistung der Großmutter

Großen Respekt hat Firmenchef Herbert Reus vor allem vor der Leistung seiner Großmutter Scholastika, die das Geschäft mit zwei wesentlichen Charaktereigenschaften nachhaltig geprägt habe: "Sie hatte Geschäftssinn und dazu ein großes Herz für die Mitarbeiter, die sie wie in eine Familie zu führen pflegte", erinnert sich ihr Enkel an zahlreiche Betriebsausflüge und Konfirmationen von Mitarbeiterkindern, die in der Firma gefeiert wurden. Dass sich die Belegschaft mit dem Betrieb identifiziert, ist auch Herbert und Maria Reus ein großes Anliegen in der jetzigen Zeit.

60er Jahre: Glaserei wird mit Schreinerei ergänzt

Den größten Entwicklungssprung erlebte das Unternehmen in den 60er Jahren, als man das Glasergeschäft um eine Schreinerei ergänzte. Die weitreichende Entscheidung dazu traf bereits die dritte Generation, die aus Gerhard, dem Vater des heutigen Firmenchefs, und dessen allerdings sehr früh verstorbenen Bruder Helmut bestand. Die beiden Geschäftsmänner übernahmen zusätzlich einen Schreinerbetrieb am Wallweg in Hanau. "Von da an hat sich das Leistungsspektrum enorm erweitert", sagt Herbert Reus. Der Diplom-Kaufmann stieg Ende der 70er Jahre als die vierte Generation ins Unternehmen ein. Fast zeitgleich erfolgte der Umzug aus der Innenstadt, wo es dem expandierenden Unternehmen zu eng geworden war, an die Martin-Luther-King-Straße.

Auszeichnung durch Kreishandwerkerschaft Hanau

Vor wenigen Tagen hat Herbert Reus zum 125. Firmengeburtstag einige Auszeichnungen in Empfang nehmen dürfen. Kreishandwerksmeister Martin Gutmann, ebenfalls Glaser, überreichte ihm die Urkunde der Kreishandwerkerschaft Hanau. Und auch die Handwerkskammer Wiesbaden drückte ihre besondere Anerkennung in Form einer solchen aus. Handwerksunternehmen, die auf eine 125-jährige Geschichte zurückblicken können, sind im Verbreitungsgebiet der beiden Institutionen mittlerweile eine Seltenheit, weshalb die Verleihung auch in einem besonderen Rahmen stattfand.

Wie die meisten Handwerksunternehmen kann sich auch Reus derzeit über volle Auftragsbücher freuen. Vor allem im Bereich der Wärmedämmung sei die Investitionsbereitschaft der Kunden auch dank staatlicher Fördermaßnahmen sehr groß. Auch der Einbruchsschutz werde nach wie vor stark nachgefragt, wenngleich die Zahl der Delikte in den vergangenen Jahren gesunken ist. Zum einen, weil die Menschen wegen Corona mehr zu Hause blieben. Zum anderen aber auch, weil immer mehr Kunden sich mit entsprechendem Einbruchsschutz bereits ausgerüstet hätten. "Das zeige jetzt Wirkung", glaubt Herbert Reus. Zusätzlich hat sich der Produktbereich Sonnenschutz mit Markisen und Jalousien glänzend entwickelt.

Über das Unternehmen Reus

Reus arbeitet für die Industrie, Verwaltungsgesellschaften, Einzelhandelsunternehmen, öffentliche Auftraggeber, aber auch für viele Privatkunden. Von Hanau aus schwärmt die Flotte der grün-weißen Transportfahrzeuge allmorgendlich ins gesamte Rhein-Main-Gebiet aus. Genau wie viele andere Handwerksunternehmen stellen die Corona- und Kriegsbedingungen Lücken In den Lieferketten und der enorme Preisanstieg bei den Materialien besondere Anforderungen an das Team Reus. "Vor allem bei Metall, Glas und Holz mache sich diese enorme Teuerung bemerkbar — bei gleichzeitiger Verlängerung der Lieferzeiten“, bedauert Herbert Reus und versichert "wir versuchen sehr engagiert, die negativen Auswirkungen für unsere Kunden aufzufangen."

Zuversichtlicher Blick in die Zukunft

In die überschaubare Zukunft der nächsten Jahre schauen Herbert und Maria Reus zuversichtlich. Reus meint, dass die erforderlichen Energieeinsparungen und auch der Trend zum Outdoor Living im Privatbereich bei gleichzeitig historisch niedrigem Zinsniveau anhalten wird. "Ganz wichtig ist, dass wir mit unserem zuverlässigen und engagierten Team von Fachkräften weiterhin so gut zusammenarbeiten um die Kundenwünsche zufriedenstellend erfüllen zu können."

Gefeiert wurde das Firmenjubiläum jetzt im kleinen familiären Kreis der Mitarbeiter. Außerdem wird eine karitative Einrichtung in Hanau von dem runden Geburtstag profitieren, die eine große Spende des Unternehmens erhalten soll. Familiär und mit Herz - ein Fest also ganz im Sinne von Großmutter Scholastika.