Im Fenster- und Fassadenbau wachsen die Aufgaben in der Werkplanung und Dokumentation mit zunehmender Komplexität der Bauteile und ihrer Montage. Wie diese Aufgaben im Detail aussehen und in der Praxis umgesetzt werden, bildete den Schwerpunkt bei der Fachtagung Normung und Technik des Verbands Fenster + Fassade (VFF) am 25. Juni 2019 in Frankfurt am Main. Weitere Themen waren Planungsfragen bei der Umsetzung der Barrierefreiheit sowie der freien Lüftung nach der künftigen DIN 1946-6 und dem Beiblatt 2 zur DIN 4108 zum Gleichwertigkeitsnachweis bei Wärmebrücken.

Nach Eröffnung der Fachtagung durch Christian Anders, Obmann des Technischen Ausschusses, gab VOB-Experte Markus Christoffel vom VFF einen Überblick über die neu aufgelegten VFF-Merkblätter zu den Themen Schnittstellen-Definition (VOB.01) und Werkplanung/Dokumentation (VOB.02).
Auftragnehmer muss Planungsaufgaben kennen
Anschließend wurden vier unterschiedliche Sichtweisen zum Themenkomplex „Ausführungsplanung, Werkplanung und Dokumentation“ vorgetragen: die des Metallfenster- und Fassadenherstellers (Christian Anders von Anders Metallbau), die des Holzfensterherstellers (Gerhard Lehner von Schindler Fenster + Fassaden), die des Kunststofffensterherstellers (Jörg Wellendorf von TMP Fenster + Türen) sowie die baurechtliche Einschätzung, die Rechtsanwalt Prof. Christian Niemöller von SMNG vortrug.
In den Beiträgen wurde u.a. immer wieder auf die Notwendigkeit der Ausführungsplanung hingewiesen, die von Seiten des Auftraggebers zu leisten ist. Die Frage,wie Planungsaufgaben hin- und hergeschoben werden und wie man das vermeiden kann, bestimmte die anschließende Podiumsdiskussion. Alle Diskutanten waren sich darüber einig, wie wichtig es ist, dass sich der Auftragnehmer (am besten schon bei Vertragsabschluss) über seine Planungsaufgaben („Werkplanung“) in vollem Umfang bewusst ist.
Widersprüchliche Anforderungen an Barrierefreiheit
Knut Junge vom Sachverständigenzentrum des ift-Rosenheim stellte die ift-Fachinformation BA-02/1 zum Thema "Empfehlungen zur Umsetzung der Barrierefreiheit im Wohnungsbau mit Fenstern und Türen" vor. Er erläuterte, dass etwas barrierefrei ist, wenn man es erkennen, verstehen, erreichen und nutzen kann. Das bedeutet beispielhaft: Tür und Türgriff müssen auch für Farbenblinde und Sehbehinderte gut erkennbar sein, man muss ihren Gebrauch verstehen und die Türen leicht öffnen oder schließen können und auch sicher durch die Tür hindurchkommen. Junge erläuterte das Problemfeld, das sich mit der Barrierefreiheit und den teilweise widersprüchlichen Anforderungen wachsender Nutzerzahlen stellt, und betonte, dass bei den Lösungen deshalb immer auch auf die spezifischen Nutzeranforderungen geachtet werden muss.
DIN 1946-6 vereinfacht Erstellung von Lüftungskonzepten
Frank Koos, Geschäftsführer des VFF für Normung, Technik und internationale Aktivitäten, erläuterte die freie Lüftung nach der demnächst erscheinenden Norm DIN 1946-6. Er zeigte die deutlichen Vereinfachungen zur Erstellung eines Lüftungskonzeptes auf, betonte, dass die DIN 1946-6 die Planung und Dokumentation einer lüftungstechnischen Maßnahme unter bestimmten Bedingungen fordert, aber auch, dass es keine Verpflichtung zur ventilatorgestützten Lüftung gibt und Systeme der freien/natürlichen Lüftung weiterhin zulässig sind. Und schließlich gab er noch den Hinweis: „Lüftungsplanung ist Aufgabe des Planers und i.d.R. keine Aufgabe für den Fensterhersteller, es sei er übernimmt die Planungsleistung.“
Verantwortlichkeiten nicht verschieben
Prof. Dr. Martin Spitzner von der Hochschule Biberach sprach über die Planungsaufgabe „Gleichwertigkeitsnachweis bei Wärmebrücken“. Hilfe dazu bietet mit u.a. 340 konkreten Beispielen das neue Beiblatt 2 zur DIN 4108. „Das Bewusstsein für die Schnittstellen bei der Ausführung von Fenster- und Fassadenaufträgen ist die Grundlage für eine den Erfordernissen angepasste Planung und Dokumentation", resümierte Anders. "Bei unseren hochkomplexen Bauelementen und angesichts der baurechtlichen Entwicklung ist dies keine Kleinigkeit mehr, die in der Regel nicht mit einfachen Skizzen gelöste werden kann.“ Man solle jedoch darauf achten, nicht ohne Weiteres Planungsaufgaben zu übernehmen, die von anderen geleistet werden müssten, denn dies ziehe eine Verschiebung von Verantwortlichkeiten nach sich.