Überkapazitäten wirken sich aus Niedrige Flachglaspreise schlagen auf die Stimmung

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden ist der Erzeugerpreis für Flachglas in Deutschland von Januar bis Mai 2012 jeden Monat gefallen und erreichte im Juni nur noch 72,3 Prozent des Erzeugerpreisindizes aus dem Jahr 2005. GFF-Online hat sich auf die Suche nach den Ursachen und den Auswirkungen für die Branche gemacht.

Die niedrigen Preise für Flachglas wirken sich auch auf die Preise für Isolierglas aus. - © Heiler

Zu viel Floatglas auf dem Markt


Nach Ansicht von Branchenkennern liegt die Hauptursache für den Preisverfall und das niedrige Preisniveau von Flachglas in der jüngsten Vergangenheit insbesondere an Überkapazitäten der Floatglashersteller, die vor allem aus der Krise der Solarindustrie in Deutschland resultieren. Viele Floatglasproduzenten hatten sich in den vergangenen Jahren auf den Bedarf der Solarbranche eingerichtet und wurden jetzt entsprechend hart von der sinkenden Nachfrage nach deutschen Solarprodukten getroffen. Dazu kommt die wirtschaftliche Flaute in vielen europäischen Staaten, durch die Floatglas aus verschiedenen europäischen Wannen nach Deutschland drängt. Also herrscht aktuell in ganz Europa eine massive Überkapazität in der Floatglasproduktion. "Der Markt für Bauprodukte in Spanien und Griechenland ist eigentlich komplett weg und in Italien sieht es sehr schlecht aus. Entsprechend drängt Floatglas aus dem Ausland nach Deutschland", schätzt Hans-Joachim Arnold, Geschäftsführer der Glaswerke Arnold, die Situation ein. Als Konsequenz werden einige Floatglasproduzenten ihre Wannen weiter unter Feuer halten, ohne zu Produzieren oder nötige Reparaturen und Wartungen vorziehen.

Durchschlagender Effekt


Der sinkende Preis für Floatglas schlägt sich auch auf den Preis von veredeltem und bearbeitetem Flachglas nieder. Hier liegt der Preisindex allerdings deutlich über dem Niveau von 2005. Dennoch fiel der Index von 109,1 Prozentpunkten im Januar 2012 auf 106,4 im Mai 2012. Viele Hersteller und Verarbeiter von veredeltem Glas (Isolierglas, beschichtetes Glas, Glas für den Innenausbau, etc.) geben den sinkenden Preis des Vorprodukts Float über ihr eigenes Produkt an ihre Kunden weiter, um einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten zu erlangen. Dabei vergessen einige Unternehmen nach Ansicht von Branchenexperten die Kalkulation von Komponenten für die fertigen Produkte, deren Preis aktuell steigt. Ein Beispiel dafür sind Dichtstoffe und Abstandhalter für Isolierglas oder aufwändigere Applikationsprozesse für High-Tech-Beschichtungen. Einkalkulieren müssen die Hersteller und Verarbeiter zudem höhere Kosten für Lagerung und Transport für den zunehmenden Anteil an Dreifach-Isoliergläsern.

Produkte nicht verschleudern


Weil aktuell nicht abzusehen ist, wann die Überkapazitäten in der europäischen Floatglasproduktion abgebaut sind und die Nachfrage wieder anzieht, stehen Verarbeiter vor einem doppelten Problem: von einem niedrigen Preisniveau für ihre veredelten Produkte kommen sie im Fall wieder steigender Floatglaspreise nur langsam runter und müssen in einer Übergangsphase deutlich drauflegen, bis sie wieder einen angemessenen Preis erreichen. Die Branche sollte ihre Produkte deshalb aktuell nicht verschleudern. Dabei ist die Kommunikation mit dem Endkunden gefragt. Steigenden Kosten für Komponenten und Verarbeitungsprozesse muss die Glasbranche ihren Kunden ebenso bei der Kalkulation erläutern, wie die hohe Qualität moderner Glasprodukte. "Wir müssen das Image unserer Produkte beim Kunden stärken, den Komfortgewinn und die Funktionalität stärker herausstellen und gleichzeitig fair kalkulieren. Nur dann können wir unser High-Tech-Produkt entsprechend seiner Qualität verkaufen", glaubt Arnold. Der Preiskampf am unteren Limit wird langfristig sowieso eine Marktbereinigung mit sich bringen und den einen oder anderen Anbieter zum Aufgeben zwingen.