Gut verstaut ist halb gewonnen Mit der Ladung sicher ans Ziel kommen

Scherben bringen Glück, heißt es im Volksmund. Fachbetriebe transportieren Glasscheiben und Fenster jedoch am liebsten unversehrt an ihren Einsatzort. Das bringt große Herausforderungen mit sich, denn Lasten müssen bestmöglich gesichert werden – egal ob im Transporter oder Lkw.

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    © Hegla
    Schnell montierbare Außenreffs gehören zur Standardausrüstung für den Glas- und Fenstertransport.
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    © GWS Schlohbohm
    Ein aufgeräumter Innenraum unterstützt einen guten Eindruck auf der Baustelle.
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    © Friedrichs
    Die Glaserei Horn aus dem niedersächsischen Salzgitter setzt auf einen Saugroboter, der im firmeneigenen Transporter sicher mit Zurrgurten befestigt ist.

Spezielle Fahrzeugaufbauten machen das Leben einfacher, wenn es darum geht, großflächige Glaselemente ohne Schäden auf die Baustelle oder zum Kunden zu transportieren. Standardmäßig rüsten Verarbeiter ihre Lieferwagen mit einem oder zwei Außenreffs aus. Diese werden mit einer Neigung von mindestens vier Grad am Fahrzeug montiert und sind dank einer Schnellwechselvorrichtung innerhalb kurzer Zeit an- und abzubauen. Für den sicheren Transport von Scheiben, Isoliergläsern oder einzelnen Elementen haben sich Innenreffs bewährt. „Reicht die Standhöhe im Transporter nicht aus, entscheiden sich Betriebe meist für die ausziehbare Variante“, sagt Dietmar Kleine von der mechanischen Konstruktion bei Hegla Fahrzeugbau. Dabei kann der Fahrer das Innenreff zur Be- und Entladung in körperschonender Höhe bedienen, die Scheibe befestigen und diese leichtgängig ins Heck zurückschieben, ohne in den Laderaum steigen zu müssen.

Auch Bauelemente, Werkzeuge & Co. dürfen nicht wahllos im Inneren des jeweiligen Fahrzeugs herumfliegen. „Die Kreissäge rutscht bei einer Vollbremsung schnell mal komplett durch den Transporter und gefährdet die Insassen“, mahnt Kleine. Hegla empfiehlt Kunden deshalb montagefreundliche Einbau-Regalsysteme wie Würth Orsy Mobil oder Sortimo.

Spannstangen für großes Ladegut

Zur Befestigung der Ladung dienen unterschiedliche kleine und große Zurrgurte. Größeres oder sperriges Ladegut lässt sich mit Spannstangen sichern, die ohne Werkzeug schnell teleskopierbar sind. Generell sollten mechanische Sicherungssysteme mit einem Prüflabel vom TÜV oder von der Dekra versehen sein. „Hilfreich ist auch der Einsatz von Anti-Rutsch-Matten aus Gummi – sie sorgen für den nötigen Halt der Ladung“, rät Wolfgang Schlobohm, Sachverständiger und Inhaber von GWS Schlobohm aus dem niedersächsischen Zeven. In einigen Fällen seien auch kleine Zurrnetze einsetzbar. Bereits beim Autokauf sollten Betriebe darauf achten, dass das Fahrzeug über ausreichend Zurrpunkte verfügt. Schlobohms Tipp: „Das Thema Ladungssicherung ist sehr komplex, deshalb ist eine Schulung des Personals anzuraten.“ Eine Ausbildung sollte einen Praxisanteil von mindestens acht Unterrichtseinheiten aufweisen. Erst dann sei ein Mitarbeiter in der Lage, die Ladung richtig zu sichern.

Größer, leichter, breiter

Dem Trend hin zu immer größer und schwerer werdenden Fensterfronten und Dreifach-Verglasungen tragen Anbieter von Fahrzeugaufbauten mit größeren Reffauflagen Rechnung. „Zum Teil sind Fenster sogar mit einem Rollladenkasten ausgestattet – diese Breite müssen Reffs aufnehmen können“, sagt Kleine. „Für Markisentransporte werden vielfach die Dachgepäckträger verlängert und ins Glasreff eingebunden.“ Bei der Entwicklung von Aufbauten spielen vor allem eine einfache Handhabung und ein möglichst geringes Gewicht eine Rolle, um infolgedessen die Nutzlast für das Transportgut zu maximieren.

Wichtige Vorschriften beachten

Die Ladungssicherung ist in mehreren Gesetzen und Vorschriften geregelt. In Paragraf 22 der Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt es: „Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können.“ Die Pflichten des Fahrzeugführers definiert Paragraf 23: „Er ist dafür verantwortlich, dass Sicht und Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden.“ Paragraf 30 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) besagt wiederum: „Fahrzeuge müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass ihr verkehrsüblicher Betrieb niemanden schädigt oder mehr als unvermeidbar gefährdet, behindert oder belästigt, die Insassen insbesondere bei Unfällen vor Verletzungen möglichst geschützt sind und das Ausmaß und die Folgen von Verletzungen möglichst gering bleiben.“ Die Verantwortung für den Betrieb der Fahrzeuge regelt Paragraf 31: „Der Halter darf die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist, oder bekannt sein muss, dass der Führer nicht zur selbständigen Leitung geeignet oder das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, die Ladung oder die Besetzung nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet.“

Wie belädt man es richtig?

Anerkanntes Grundlagenwerk für die Ladungssicherung ist die VDI-Richtlinie 2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“. Sie beschreibt, welche Kräfte auf eine Ladung im Fahrbetrieb einwirken und wie diese gesichert werden kann. Anschauliche Beispiele für eine korrekte Ladungssicherung ergänzen den theoretischen Teil.

Die DIN EN 12640 schreibt in den Mindestanforderungen die Beschaffenheit der Zurrpunkte, ihre Anzahl und Position auf der Ladefläche sowie ihre Mindestzugfestigkeit vor. Im Fokus der DIN EN 12642 stehen die Anforderungen an die Aufbauten von Nutzfahrzeugen zur Ladungssicherung sowie die Bedingungen und Kriterien für die etwaigen Prüfungen. Die Norm unterscheidet dabei zwischen Standardaufbauten (Code L) und verstärkten Aufbauten (Code XL).

Bußgelder vermeiden

Obwohl der Gesetzgeber strenge Vorgaben macht, gehen Branchenexperten davon aus, dass an die 70 Prozent der Ladungen im Straßenverkehr nicht oder unzureichend gesichert sind. „Im Handwerk halten sich etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Betriebe an die gesetzlichen Regelungen“, sagt Dietmar Kleine von Hegla. Bei Nichtbeachtung der Vorschriften drohen Bußgelder, im schlimmsten Fall kann es sich um eine Straftat handeln. „Verstöße von Kraftfahrern und Verladern werden mit 60 Euro und einem Punkt geahndet“, weiß Schlobohm aus der langjährigen Sachverständigen-Tätigkeit. Fehlende Ausrüstung schlage für den Halter mit 270 Euro und einem Punkt zu Buche.

Klassiker sind Dreieinhalb-Tonner

Als Klassiker im Glaserhandwerk haben sich Transporter oder Pritschenwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von dreieinhalb Tonnen etabliert. Sie sind praktisch, weil jeder Mitarbeiter, der den normalen Führerschein der Klasse B besitzt, das Fahrzeug lenken darf. Auch die Glaserei Horn aus dem niedersächsischen Salzgitter setzt auf die gängigen Modelle. Zum Fuhrpark des Betriebs gehören vier Fahrzeuge – zwei Transporter, ein offenes Pritschenfahrzeug, das hauptsächlich zum Abtransport von Abfällen auf der Baustelle eingesetzt wird, und ein Caddy. Die beiden Transporter sind jeweils mit einem Außen- und einem Innenreff ausgerüstet. Im Inneren machen Regalsysteme und Ablagemöglichkeiten den Stauraum effektiv nutzbar, zudem lässt sich sperriges Ladegut mit Spannstangen fixieren. „Wir haben uns einen Saugroboter angeschafft, er hilft beim Heben und Montieren von Scheiben bis 600 Kilogramm“, erzählt Glasermeister Uwe Horn. Wenn der Koloss nicht im Einsatz ist, hat er seinen festen Platz zwischen Reff und Regal im Inneren des Peugeot. Fälle von Glasbruch habe es bisher nur ganz vereinzelt gegeben, z.B. als die Ware einmal nicht fest genug verankert war. Und was ist passiert? „Nichts“, sagt der Mitarbeiter. „Wir haben die Scherben aufgefegt und sind weitergefahren.“ Auch Polizeikontrollen kämen im Berufsalltag nicht vor.

Mehr Aufwand bei Lkw-Einsatz

Bei der Glaserei Neumann in der norddeutschen Stadt Uelzen steht neben einem Dreieinhalb-Tonner ein Fünfeinhalb-Tonner von Mercedes auf dem Hof. „Wir sind als Werkstatt und Glasgroßhandel tätig, deshalb benötigen wir höhere Nutzlasten“, sagt Inhaber Thorsten Neumann. Der Lkw, ein Pritschenwagen, hat zwei Außenreffs und ein Innenreff. „Glücklicherweise hatte unser Fahrer bereits den Lkw-Führerschein der Klasse C“, ergänzt der Firmenchef. Bei jeder Fahrt muss er eine Fahrerkarte mitführen, die seine Lenk- und Pausenzeiten speichert und monatlich ausgelesen wird. „Das ist manchmal sehr aufwändig“, sagt Neumann. Obwohl der Betrieb nur im Umkreis von 100 Kilometer im Einsatz ist, muss der Fahrer eine Pause einlegen, auch wenn ihn nur noch wenige Kilometer vom Zielort trennen. Zudem sei alle paar Jahre eine Schulung für die Ladungssicherung erforderlich. Neumanns Fazit: „Die Einschränkungen, stören die reibungslosen Abläufe, das könnte man unbürokratischer regeln.“

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