Innovationen aus Forschung und Praxis glass technology live: Die Highlights der Sonderschau

Ein Highlight auf der glasstec war die glass technology live (gtl). Hier konnten Besucher neue Produktentwicklungen und Innovationen aus Forschung und Praxis entdecken. Die Exponate rund um die Themen Kreislaufwirtschaft, Dekarbonisierung und digitale Technologien zeigten: Die Sonderschau hat sich längst zum Impulsgeber der internationalen Glasbranche entwickelt.

Die interaktive Fassade von Videowindow verwandelt Fenster in interaktive Medienbildschirme. - © Friedrichs

Die Innovationsschau wurde vom Hochschulnetzwerk der vier technischen Universitäten Darmstadt, Delft, Dresden und Bochum organisiert. Von den über 40 Exponaten wurden mehr als 70 Prozent erstmals der Öffentlichkeit präsentiert und bilden den Stand der aktuellen Erkenntnisse zu den globalen Herausforderungen ab.

Interaktive Glasfassade

Das Konsortium aus Arnold Glas, Lami Press und Videowindow präsentierte eine 45 Quadratmeter große Glasfassade, die die Zukunft der Blendkontrolle und SmartBuilding-Integration aufzeigt. Durch die Kombination von Fassadendesign, fortschrittlichem Verbundglas und sensorbasierten Systemen passt sie sich an Umweltbedingungen an, um den Energieverbrauch zu optimieren und den Komfort zu steigern. Sensoren erfassen Echtzeitdaten, um die Lichtdurchlässigkeit und thermischen Eigenschaften zu steuern. Die Innovation markiert den ersten Schritt zur Standardisierung intelligenter Fassaden, die Licht und Temperatur regulieren und zugleich als Medienbildschirm dienen.

Ein zentrales Element ist die biophile Blendkontrolle, die natürliche Muster nachahmt, um Blendung zu mindern und Beschattung zu ermöglichen. Zugleich wird das Wohlbefinden gefördert. Inspiriert von der Natur steuert das System 72 Millionen Pixel in einem nahtlosen 12K-Bild und schafft eine Umgebung, welche die funktionale Blendkontrolle mit ästhetischem Design verbindet. Der Einsatz prozeduraler Inhalte wie wechselnde Lichtmuster reduziert die Augenbelastung und erhöht den Komfort. 

Prototyp auf dem Flughafen Rotterdam

Die interaktive Fassade ist laut Remoc Veenbrinck, Mitbegründer und CEO von Videowindow, für Flughäfen, Krankenhäuser, Bürogebäude, Museen oder Shopping Malls eine attraktive Option. Ein Prototyp ist auf dem Rotterdamer Flughafen The Hague zu sehen, dort wurden vor drei Jahren zwölf Fassadenmodule verbaut. "Wir haben einen fünfjährigen Leasingvertrag mit dem Flughafen geschlossen", sagt er. "So entfallen hohe Investitionskosten."

Remco Veenbrink, Mitbegründer und CEO von Videowindow, tüftelt seit zehn Jahren an der Optimierung der interaktiven Medienfassade. - © Friedrichs

Weitere Exponate der gtl sind in der Bildergalerie zu sehen:

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    © Friedrichs
    Mit einer hybriden Fußgängerbrücke zeigte die Universität Gent das Potenzial der Verklebung von Glas- und Betonelementen auf. Die Brückenspannweite von drei Metern wurde durch ein hybrides Glas-Beton-Element mit integrierten T-förmigen Trägern erreicht. Die Brücke selbst bestand aus einer Betonschicht mit Öffnungen, die das Gewicht reduzieren und die Transparenz erhöhen. Glasplatten waren sowohl an der Ober- als auch an der Unterseite verklebt, was die Steifigkeit des Elements insgesamt verbesserte. Die hybride Bauweise verleihte der Brücke ein leichtes und elegantes Erscheinungsbild.
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    © Friedrichs
    Das Büro Eckersley O’Callaghan schuf zusammen mit Projektpartnern eine Rahmenkonstruktion aus gebogenem Glas mit minimalem Materialaufwand. AGC empfahl Falcon-Glas, ein dünnes Aluminosilikatglas, das im Floatverfahren hergestellt wird. Durch das Laminierbiegeverfahren von Tvitec Cricursa wurde das Glas strukturell verbessert, um eine geometrische Steifigkeit zu erreichen. Die Zwischenschicht Sentry Glass von Kuraray bietet hohe Schersteifigkeit über einen breiten Temperaturbereich. Bellapart entwickelte die Knotenpunkte aus Stahl. Das graue Struktursilikon Dow 993 sorgt für Festigkeit und ermöglicht den Ausgleich von Fertigungstoleranzen zwischen Stahlverbindern und Glasoberfläche.
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    © Friedrichs
    Mit sedak tempered+ präsentierte Sedak das erste vorgespannte Glas ohne Anisotropien. Ein patentierter Tempering-Prozess ermöglicht die Produktion von teilvorgespanntem Glas (TVG) und Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) mit optimalen optischen Eigenschaften – ohne das für Anisotropien charakteristische Schimmern. Wie herkömmlich vorgespanntes Glas wird es durch Erhitzen auf etwa 640 Grad Celsius und anschließendes schnelles Abkühlen mithilfe von Gebläsen hergestellt. Das Produkt erfüllt alle technischen Anforderungen an vorgespanntes Glas und entspricht gängigen Normen und Richtlinien. Der Unterschied zwischen sedak tempered+ und herkömmlich vorgespanntem Glas wird deutlich, wenn man einen Polfilter verwendet.
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    © Friedrichs
    Mit dem Glacier Glass Pavillon zeigten die TU Delft, Eckersley O’Callaghan und North Glass, was im modernen Glasbau möglich ist: maximale Transparenz mit minimalen sichtbaren Verbindungsstücken. Das fünf Meter hohe Exponat hatte eine Grundfläche von 6,5 mal 5,8 Metern. Inspiriert von der Landschaft Südislands erinnerte es an Berge, Gletscher und Eisberge. Die umgekehrte V-Form des Pavillons bestand aus zehn dreieckigen, V-förmig gefalteten Glasmodulen, die transparent miteinander verbunden waren. Die Glasscheiben standen jeweils mit einer Ecke auf dem Boden. An ihrem Scheitelpunkt waren sie zickzackförmig miteinander verzahnt und durch ein Edelstahlprofil miteinander verbunden.
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    © Messe Düsseldorf/ctillmann
    Zusammen mit den Projektpartnern knippershelbig, Yachtglass und Eastman hat die TU Darmstadt eine rahmenlose tragende Glaskonstruktion entwickelt, mit der sich Verglasungen ressourcen- und energieschonender ausführen lassen. Während Glasscheiben in üblichen Gitternetzschalen in der Regel ausschließlich ausfachend zum Einsatz kommen, übernehmen sie bei dem Exponat Frameless eine lastabtragende Funktion. So ersetzen die in die Glaselemente einlaminierten linearen Fittinge die Primärkonstruktion aus Stahl. Die Reduktion des Stahlanteils auf das notwendige Minimum wird durch die Anwendung von parametrischen Entwurfswerkzeugen ermöglicht.
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    © Messe Düsseldorf/ctillmann
    Das Maschinenkonzept IG2Pieces von Hegla vereint Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit. Ein neu entwickeltes, schnelles und rückstandsarmes Trennverfahren automatisiert die bisher überwiegend manuelle Arbeit. Sind die Scheiben einmal fachgerecht zerlegt, bringt das Recycling oder die Wiederverwendung einen finanziellen Mehrwert gegenüber unbearbeiteten gebrauchten Isolierglaseinheiten. Die Scheiben werden in die Floatwanne zurückgeführt, um den Materialkreislauf zu schließen. Zudem verursacht ein Kilogramm Floatglas, das aus Altglas hergestellt wird, rund 0,3 Kilogramm weniger CO2 als das klassische Glasgemisch. Neben dem sortenreinen Recycling ist die Wiederverwendung unbeschädigter Scheiben eine Option, die die Recyclingquote erhöht.