Harry Frey, bis heute technischer Mastermind beim Nullschwellen-Spezialisten Alumat, und seine Tochter Claudia Rager-Frey erläutern im Redaktionsgespräch, wie schwierig die Marktbearbeitung trotz Alleinstellungsmerkmal ist. Der Durchbruch lässt auf sich warten – noch.
Harry Frey will gerade das Büro seines Patentanwalts in Memmingen betreten, in der einen Hand ein Modell seiner schwellenfreien Magnetdoppeldichtung, in der anderen eine Mappe mit Unterlagen, als er an der Türschwelle hängen bleibt und schließlich mit dem Kopf gegen die Wand knallt. Diese Episode steht zwar nicht ganz am Anfang der Unternehmensgeschichte von Alumat, sie steht aber sinnbildlich für zwei wesentliche Aspekte derselben: Einerseits symbolisiert sie den unermüdlichen Kampf von Unternehmensgründer Harry Frey, selbst gehbehindert seit einer Kriegsverletzung, gegen die Schwelle; andererseits drückt sie bildhaft die Unwegsamkeiten aus, mit denen sich das Unternehmen bei der Marktbearbeitung konfrontiert sieht – und das trotz Alleinstellungsmerkmal und Barrierefrei-Trend.
Mit seiner patentierten und bei fachlich korrektem Einbau reklamationsfreien Lösung, schwellenfreie Übergänge mit 600 Pascal (Pa) Schlagregendichtigkeit zu realisieren, hat Alumat ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. „Das können nur wir – weltweit“, sagt der heute 87-jährige Unternehmensgründer im Gespräch mit GFF. Und auch die DIN 18040 Barrierefreies Bauen spielt dem Unternehmen eigentlich in die Karten. Auf Anfrage von Harry Frey und Tochter Claudia Rager-Frey (30), Juniorchefin im Unternehmen, hat der zuständige Arbeitsausschuss unterstrichen: „Nur eine niveaugleiche, schwellenlose Ausbildung bei Außentüren mit einer Schwellenhöhe von null Zentimeter ist barrierefrei.“ Die in der DIN formulierte Höhe von zwei Zentimeter stelle lediglich eine Ausnahme im begründeten Einzelfall dar. Die Entscheidung, ob ein solcher gegeben ist, obliegt einem Sachverständigen. Da aber niemand das Einhalten der Norm richtig kontrolliere, seien die Zwei-Zentimeter-Schwellen nach wie vor die Regel. Und was Frey besonders ärgert: Diese Lösungen werden als barrierefrei beworben. „Der Endkunde wird hier getäuscht. Dabei gibt es ja ein Produkt, das funktioniert.“
Dass die Alumat-Nullschwelle oft „boykottiert“ wird, liegt nicht am mangelnden Interesse. „Bei Architekten rennen wir offene Türen ein“, sagt Frey. Allerdings werde der Doppelmagnet-Feuchteschutz zunächst häufig ausgeschrieben, um dann durch die Hintertür wieder aus vielen Bauvorhaben zu verschwinden. Ursächlich sind bisweilen die Vorbehalte unzureichend informierter Fensterbauer.
„Und es kommt vor, dass Fensterbauer 300 bis 400 Prozent auf unseren Preis aufschlagen. So wird die Lösung freilich uninteressant“, führt Claudia Rager-Frey aus. „Das macht uns das Geschäft kaputt“, ergänzt Vater Harry Frey. Wissenswert: In einem Brief der RAL-Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme an den DIN-Ausschuss (liegt GFF vor) werden Argumente für die Zwei-Zentimeter-Schwelle genannt, denen Alumat widerspricht. Oft scheuen auch Investoren die vermeintlich höheren Ausgaben. „Nur lassen die außer Acht, dass gemäß Flachdachrichtlinie bei der Zwei-Zentimeter-Variante z.B. ein Vordach als zusätzliche Schutzmaßnahme vonnöten ist“, erklärt Frey; im Gegensatz zur Alumat-Nullschwelle. Bei der erfolgt die Entwässerung nach unten, neben den vier Dichtungsebenen einer der Kernpunkte. „Schwellenlos kann jeder, es kommt auf die Dichtigkeit an. Da sind wir seit mehr als 15 Jahren führend“, meint Rager-Frey.
Innovationen bleiben gefragt
Frey, gelernter Holzkaufmann mit Weiterbildung zum Techniker, macht sich 1965 in Kaufbeuren selbständig. Mit einer Anschlagschwelle, die die damals übliche Zwei-Zentimeter-Schwelle überbrückt und vor allem im sozialen Wohnungsbau reißenden Absatz findet, kommt er ins Geschäft. 1980 gründet er Alumat, heute 14 Mann stark mit zweieinhalb Millionen Euro Umsatz. Acht Jahre später bringt Frey seine erste Magnet-Türdichtung für schwellenfreie Übergänge bei Innentüren auf den Markt. Sein eigenes Handicap spielt er im Gespräch gerne herunter, wenn es um die Frage nach seinem Engagement für schwellenfreie Lösungen geht. Der Schritt, auch nach Lösungen für den Außenbereich zu suchen, sei logisch gewesen: „Stolperfreies Bauen im Innenbereich ist möglich, aber was ist mit dem Außenbereich?“ Also wagt er sich an diesen baurechtlich diffizilen Konstruktionsbereich. Die Lösung entspricht genau dem Bedarf in altersgerechten Immobilien, aber nicht nur: Auch in Kindergärten oder Schulen sind die Stolperfallen gefährlich.
„Im Objektbereich teilt sich das Geschäft in 70 Prozent Neubau, 30 Prozent Renovierung“, zählt Claudia Rager-Frey auf. Im Privatbereich überwiegt dagegen mit Abstand die Sanierung. „Die jungen Bauherren denken noch nicht an die Zukunft. Bei denen sitzt die Schwelle noch im Kopf.“ Rager-Frey ist seit sechs Jahren im Unternehmen tätig und bestens mit Abläufen und dem Markt vertraut. Auch technische Grundkenntnisse hat sich die studierte Betriebswirtin vom Vater angeeignet. Der Mastermind des Unternehmens bleibt aber Harry Frey. Und so kann er nicht ganz unbeschwert in die Zukunft blicken. Denn die Frage, wie es mit der technischen Entwicklung weitergeht, zieht er sich einmal endgültig zurück, bleibt vorerst unbeantwortet. Gegenwärtig gibt es für ihn noch genug zu tun; u.a. steht die Entwicklung eines passivhaustauglichen Profils an. „Wärmedämmung ist ein wichtiges Thema. Wir sind Vorreiter und wollen Vorreiter bleiben“, betont Frey. Mit der Entwicklung eines Universaladapters möchte er zudem die Akzeptanz des Produkts bei Fensterbauern steigern. Gegenwärtig liefert das Unternehmen Kunststoff- und Alufenster-Herstellern noch entsprechende Fräsköpfe für die Steckverbindung auf Leihbasis. „Denn der Mehraufwand passt vielen nicht in ihre Fertigung“, analysiert Claudia Rager-Frey.
Durchbruch dank Systemgeber?
Demnächst muss Frey vielleicht noch mehr tüfteln. Denn bald könnten neue Entwicklungen ins Haus stehen. Wie uns Harry Frey exklusiv mitteilt, sind mehrere Systemgeber an einer Zusammenarbeit interessiert. „Das wäre für uns auf der Vertriebsseite der Durchbruch“, blickt er in die Zukunft. Wie die Zusammenarbeit genau aussehen wird, kann Frey noch nicht sagen. Auf der Bau 2015 in München könnte es aber bereits erste Ergebnisse zu sehen geben. Die Alumat-Lösung könnte also bald salonfähig werden. Beim Sohn des Memminger Patentanwalts ist die Barriere im Kopf überwunden. In seiner Kanzlei ist die Nullschwelle verbaut. Der Weg ist also frei für weitere Neuentwicklungen aus dem Haus Alumat.