Zu Gast in GFF Flüchtlinge nicht abstempeln

Bernd Petersen ist Technischer Lehrer an der Gewerblichen Schule für Holztechnik Stuttgart. - © Metzger

Vom Förderschüler bis zum Abiturienten: Was das Bildungsniveau in unseren Berufsschulklassen betrifft, geht die Schere weit auseinander. Als Lehrer stehe ich vor der Herausforderung, jedem gerecht zu werden und ihn auf seinem Wissensstand abzuholen – eine Mammutaufgabe. Eine besondere Gruppe sind die Geflüchteten. Die Klassen bestehen heute bis zu 50 Prozent aus Flüchtlingen – ohne sie wäre es schwierig, am Standort Stuttgart überhaupt noch Glaser-Klassen zusammenzubringen. Die Geflüchteten sind aber weit mehr als nur Lückenfüller. Womöglich auch wegen ihres oft höheren Alters haben sie eine ganz andere Reife: Sie haben eine hohe Sozialkompetenz, sind immer pünktlich, wissbegierig und interessiert. Wenn ihnen das fachliche Verständnis fehlt, liegt es oft an der Sprache, insbesondere an der Fachsprache. Hier versuchen wir, mit speziell geschulten Lehrkräften entgegenzuwirken, die z.B. vorab mit ihnen die Arbeitsblätter durchgehen. Sind die Defizite zu groß, hat es sich bewährt, dass wir sie das zweite Lehrjahr wiederholen lassen. Drei Viertel der Flüchtlinge schaffen die Ausbildung und werden in den allermeisten Fällen von den Ausbildungsbetrieben übernommen. Diese wissen um die Qualität von Flüchtlingen als Mitarbeiter. Sie sind loyal, fleißig, bringen sich ein, integrieren sich. Umso unverständlicher ist es, dass solchen Menschen aus reiner Paragraphenreiterei oft noch während der Ausbildung die Abschiebung droht. Betriebe suchen händeringend Fachkräfte – da darf die Herkunft keine Rolle spielen.