Geringe Baukrise im EU-Ausland Fazit des ift-Brandschutzforums 2023

Die dramatischen Meldungen über rückläufige Neubauzahlen in Deutschland waren ein Top-Diskussionsthema beim ift-Brandschutzforum 2023. Dr. Frederik Lehner (Interconnection Consulting) wagte eine optimistische Prognose, die sich auf einem Rückgang der Inflation in 2023 und einem stabilen Baumarkt in vielen EU-Ländern gründete, insbesondere im für Brandschutzprodukte relevanten Nicht-Wohnungsbau.

Das ift-Brandschutzforum informierte zu neuesten Trends aus Technik, Normung und Wirtschaft. - © ift Rosenheim

Bereits beim ersten Treffen am Vormittag des 14. Juni war die Freude über das Wiedersehen beim ift-Brandschutzforum nach der Coronazeit spürbar. Viele Brandschutzexperten kennen sich schon seit Jahren beziehungsweise Jahrzehnten. Die Phase des Baubooms ist zumindest in Deutschland durch Inflation, steigende Zinsen, unklare gesetzliche Regelungen und die Negativkampagne der Medien abrupt gestoppt.

Optimistische Prognose

Dr. Frederik Lehner (Interconnection Consulting) analysierte die Bauwirtschaft differenziert und zeigte optimistische Ausblicke, insbesondere eine stabile Prognose im für Brandschutzprodukte relevanten Nicht-Wohnungsbau in UK, Frankreich, Deutschland und Italien. Diese wird durch einen nachhaltigen Umbau der Immobilien und der Wirtschaft sowie neue Logistikstrukturen begründet. Dabei sei ein Trend zu ganzheitlichen Angeboten – bei dem alle notwendigen Produkte und Dienstleistungen rund um den Brandschutz aus einer Hand kommen – erkennbar. Dies vereinfache Haftungsfragen und das Risikomanagement.

Relevante Änderungen bei Normen- und Zulassungsverfahren

Dr. Gerhard Wackerbauer (ift Rosenheim) berichtete über die relevanten Änderungen bei Normen und Zulassungsverfahren und zeigte die Möglichkeiten der europäischen Zulassung nach einer EAD (europäisches Bewertungsdokument) und wie sich europäische Klassifizierungsberichte als Grundlage für nationale Verfahren in vielen EU-Ländern nutzen lassen. Dies sei jedoch nicht in Deutschland möglich, denn hier brauche es nach wie vor eine allgemeine oder Vorhaben bezogene Bauartgenehmigung, die auf jeweiligen gutachtlichen Stellungnahmen beruht. Wichtig waren die detaillierten Hinweise beim Einbau von Brandschutztüren in sogenannte Mischwänden.

Anforderungen an Vorhangfassaden

Prof. Jörn P. Lass (ift Rosenheim) erläuterte die vielschichtigen Anforderungen an Vorhangfassaden und deren Kombination mit dem Brandschutz. In der Produktnorm EN 13830 sind auch die Prüfverfahren für die Ermittlung des Feuerwiderstands, des Brandverhaltens und der Brandausbreitung sowie deren Klassifizierungen definiert. Die Anforderungen lassen sich im Wesentlichen durch die Gebäudeklasse (GK) bestimmen, die von der Größe der Nutzungseinheit und dem Niveau über Grund des obersten zum Aufenthalt von Personen bestimmten Geschosses abhängt. Kritisch zu bewerten seien v.a. die Geschossübergänge und Brandwände, die den Brandüberschlag wirksam begrenzen müssten. Für das Brandschutzkonzept ist daher eine intelligente Planung von Prüfungen und Nachweisen des Brandverhaltens und des baulichen Brandschutzes unter Berücksichtigung technischer Maßnahmen wie Brandmelde- und Löschanlagen effizient und wirtschaftlich.

Wichtige Insiderinfos

Im internationalen Block vermittelten Experten, die im jeweiligen Markt tätig sind, wichtige Insiderinfos zu UK, Italien, Griechenland und Südosteuropa (Kroatien, Serbien und weitere Balkanstaaten). Während in Großbritannien die Anforderungen auf hohem Niveau sind und sehr dynamisch an die neuen Risiken aus Klimawandel und Brandfällen durch Lithium-Ionen-Akkus angepasst werden, stehen die Anforderungen und deren Einhaltung in Griechenland erst am Beginn. UK sei ein engagierter Vorreiter in punkto Nachhaltigkeit und einer digitalen Bauplanung, bei der für neue Gebäude mit mehr als 18 Meter Höhe ein vollständiger digitaler Zwilling zu erstellen sei.

In Italien bestünden zwar vergleichbare Anforderungen an den Feuerwiderstand wie in Deutschland, aber eine Kontrolle und Fremdüberwachung sei nicht notwendig. Kroatien ist dem deutschen und EU-System recht ähnlich. In allen Ländern ist die Zahl der Anbieter relativ überschaubar und bietet gute Vertriebsmöglichkeiten, wenn der Hersteller die nationalen Besonderheiten kennt. Aus diesem Grund hat das ift Rosenheim ein leistungsfähiges Netzwerk aus eigenen Niederlassungen und Kooperationen aufgebaut.

Weitere Praxisvorträge

Darüber hinaus gab es viele Praxisvorträge und Diskussionsrunden zu konkreten Problemstellungen, beispielsweise Effiziente Umsetzung der WPK von David Hepp (ift Rosenheim), Revisionsöffnungsverschlüsse in Deutschland und der EU von Anyke Aguirre Cano (ift Rosenheim), Brand- und Glimmverhalten von Dr. Odette Moarcas (ift Rosenheim) oder Mechatronische Beschläge in Deutschland und Europa von Erich Muders und Konrad Querengässer (ift Rosenheim).

Der Vortrag von Stefan Klausing (ift Rosenheim) und Johannes Stahl (ift Rosenheim) war von besonders großem Interesse, da die Anforderungen, Bewertung und Möglichkeiten zur Ertüchtigung von Brandschutzelementen bei bestehenden Bauvorhaben viele Hersteller und ausführenden Betriebe oft vor Probleme stelle. Beide ift-Experten erläuterten zunächst den grundlegenden Vorgang, wie sich Änderungen und Ergänzungen an bestehenden Brandschutzelementen bewerten und genehmigen lassen und zeigten an Beispielen, wie dies praktisch umzusetzen sei. Das heißt, wie sich durch vorhandene Nachweise und ergänzende Prüfungen die obersten Baubehörden überzeugen lassen und die Zustimmung im Einzelfall erlangt werden kann. Gerade bei den ständig wachsenden Umbauten und Umnutzungen von Gebäuden ist eine kompetente und erfahrene Prüf- und Zertifizierungsstelle ein wichtiger Partner von Herstellern, ausführenden Firmen, Planern und Behörden.