Kaltbeschichtung statt Dekorfolie Diese Beschichtung rechnet sich

Ob Auflaufschutz, Sichtschutz oder Logos – meistens werden Dekorfolien auf die Scheiben geklebt. Eine Alternative hat Karl-Heinz Wendt mit der Glasbeschichtung Glas-MA entwickelt, welche sich für alle gängigen Glasarten eignet und ohne die Nachteile von Folien auskommt.

An der Isolierglasfassade einer Hamburger Schule bildet die Beschichtung Glas-MA ein Logo in Form einer Vogelmiere aus. - © P&P

Im Hochbau und in der Innenarchitektur werden mehr denn je Glaselemente eingesetzt. Die Gebäude sollen hell und freundlich erscheinen. Dieses birgt aber auch Gefahren. Glaselemente müssen nach der ArbStättV §10, Richtlinien für Glaselemente, durch einen entsprechenden Auflaufschutz nach DIN 18040-2 und nach DIN 32975 als waagerechtes Doppelband oder als senkrechtes Band gut zu erkennen sein. Mit einem Sichtschutz/Motiv-Sichtschutz ist für einige Bereiche aber auch eine gewisse Diskretion gefordert. Um diese Anforderungen zu erfüllen, werden oftmals Dekor-Folien eingesetzt. Diese bereiten aber zuweilen Probleme .

"Es gibt keine Folie, die hält", sagt Karl-Heinz Wendt (KHW), Geschäftsführer der P&P Handels- und Service GmbH. "Früher oder später beginnt sie sich vom Rand her hochzurollen und sieht unansehnlich aus." Dennoch werden sie laut Wendt in entsprechenden Bereichen mit bestimmten  Anforderungen aufgeklebt. Hinzu komme, dass sich Schmutz, Feuchtigkeit und Bakterien überwiegend an den Schnittkanten der aufgeklebten Folien-Ornamente ansiedeln. Eine Reinigung oder gar eine Desinifizierung seien nur ungenügend möglich. Vor zirka 17 Jahren entwickelte Wendt daher die feste, stabile Kaltbeschichtung Glas-MA – als Alternative zu Folien, aber auch zum Ätzen und Sandstrahlen.

Glasbeschichtung mit vielen Vorteilen

Reinigen, Desinfizieren und UV-Einstrahlung seien für eine Folie auf einer Glasfläche ein großer Schwachpunkt, sagt Wendt. Diese Eingriffe beschleunigten den Alterungsprozess. Publikumsverkehr oder auch Schüler in Schulen pulen zudem gern an Folien herum oder reißen diese ab. Ein Auflaufschutz z.B. in Form von Ornamenten aus Folien werde somit mutwillig zerstört. Auf geätzten oder sandgestrahlten Glasflächen wiederum hinterlassen Fingerabdrücke und Fingernagelkratzer ihre Spuren. Diese sind laut Wendt sehr aufwändig zu reinigen und für erhöhte Hygieneansprüche nicht zu desinfizieren.

Mit Glas-MA passiere das nicht: Eine geschlossene Oberfläche, selbst mit feinsten Motiv-Strukturen seien problemlos zu reinigen und für den erhöhten Hygieneanspruch auch sehr gut zu desinfizieren. Das Besondere an der Beschichtung: Sie lässt sich rückstandsfrei entfernen, um Räumlichkeiten in einem Objekt anderweitig zu nutzen, z.B. bei einem Miterwechsel.

Im Brandfall: Folien bergen Gefahr

Die Entwicklung der Glas-MA-Beschichtung hing laut Wendt ferner mit dem Brandschutz zusammen. Eine Folienverklebung auf Brandschutzgläsern sei nämlich ein zweischneidiges Schwert: Je nach Bundesland verlieren Brandschutzgläser dadurch eventuell sogar ihre baurechtliche Zulassung. Entscheidender ist Wendt zufolge jedoch die Tatsache, dass im Brandfall, bedingt durch den überwiegenden Einsatz von Brandschutz-F-Verglasungen, auf der brandabgewandten Seite nur zirka 140 bis 170 Grad Celsius hindurchgehen sollen. Eine Folie entzünde sich somit nicht, da der erforderliche Flammpunkt bei zirka 210 Grad liegt. Somit werden Kohlenstoffmonoxide freigesetzt, eine Rauchgasvergiftung könnte die Folge sein.

Die Menschen, die sich bei einem Brand in diesen Bereichen befinden, werden laut Wendt zwar vor Verbrennungen geschützt, aber nicht vor den lebensgefährlichen Kohlenstoffmonoxiden. Bislang werden demnach gutachterliche Stellungnahmen  für Brandschutzsysteme nur auf die Brand-Widerstandszeiten zur  brandabgewandten Seite hin geprüft, nicht aber auf die Menge der dabei entstehenden, gefährlichen Kohlenstoffmonoxide, wenn die Brandschutzgläser mit Folien beklebt sind. Dieses sollte laut Wendt zukünftig auch bei den Prüfungen von Brandschutzsystemen berücksichtigt werden.

Glas-MA-Beschichtungen sind laut Wendt geprüft und zugelassen  für alle Brandschutzgläsr (Typ F- und G-Verglasungen, alle Hersteller, alle Systeme), enthalten keine Weichmacher und keinerlei Lösungsmittel, können sich nicht entzünden, und geben im Brandfall auch keine Kohlenstoffmonoxide frei.

Fluoreszierende Streifen für den BER

Mit Glas-MA lassen sich Anwendungen wie Auflaufschutz, Sichtschutz, Logos und Beschriftungen – auch in vielen RAL-Farbtönen – realisieren. Die Beschichtung, für die im Januar 2015 ein EU-Patent erteilt wurde, ist laut Wendt für alle Glasarten geeignet: Brandschutzglas, ESG, VSG, Acryl-Glas (ein Entfernen ist dort nicht möglich), und selbst das beidseitig entspiegelte AMIRAN-Glas von Schott.

Die genaue Zusammensetzung der Glasbeschichtung bleibt Wendts Geheimnis, fünf Materialien, über die ein Primer verteilt ist, seien jedenfalls die Basis. Wendt garantiert damit nach eigenen Angaben zirka 30 Jahre Licht- und UV-Beständigkeit. Hochhitzebeständige Partikel bildeten einen Partikel-Schutzschild gegen chemische und physikalische Einflüsse und lassen die Beschichtung zugleich edel – nämlich wie geätzt – erscheinen. Ferner verstärken diese Partikel die Lichtführung. "Während Folien Licht reduzieren, verstärkt Glas-MA nachweislich die Aufhellung von Räumlichkeiten um fast 30 Prozent", gibt Wendt an. Besonders Glas, hinter dem eine Beleuchtung angebracht ist, lasse sich dadurch gut zur Geltung bringen. Ferner befindet sich in der Zusammensetzung ein fluoreszierendes Material. Bei einer Notstrombeleuchtung laufen die Menschen durch den leuchtenden Auflaufschutz bzw. durch leuchtende Streifen nicht gegen die Glasscheiben. Zum Einsatz kam die Neuentwicklung auf Wunsch einiger Architekten erstmalig als Anwendung beim Flughafen BER.

Keimfreie Lösung für Kliniken

Insbesondere eignet sich die Glas-MA-Beschichtung laut Wendt für Bauten des Gesundheitswesens, z.B. Kliniken oder Reha-Einrichtungen. Dort können sich dem Erfinder zufolge multiresistente Erreger (MRE) nicht mehr ansiedeln, dafür sorge ein spezielles Antibakterium. Überall dort, wo Hygiene groß geschrieben werden sollte, wird seiner Erfahrung nach aber aus Kostengründen für entsprechende Vorbeugemaßnahmen gespart und weiterhin Folien verklebt. MRSA-Bakterien überleben laut Wendt lange Zeit auf trockener Oberfläche, auch haften sie auf Folien, insbesondere an den Schnittkanten der Folien. Diese lassen sich nicht ausreichend desinfizieren. Luftbewegungen können schließlich zur Weiterverbreitung der Erreger im Gebäude beitragen.

Dünnere Fassadengläser möglich

Eine Eigenschaft der Glas-MA-Beschichtung ist laut Wendt, dass sich große Logos z.B. auch auf schwarzem VSG aufbringen lassen, auch auf Position 1. Folien seien aufgrund der Hitzeentwicklung des schwarzen Glases dafür nicht geeignet. Da die Kaltbeschichtung nicht thermisch eingebrannt wird, ergeben sich zudem besondere Vorteile bei der Außenfassadengestaltung. "Bei ESG verliert das thermisch behandelte Glas bis zu zirka 40 Prozent an Oberflächenspannung beim Einbrennen von keramischen Farben. Die Gläser müssen zirka 40 Prozent dicker ausgeführt sein, um den Verlust auszugleichen", sagt Wendt. Hinzu komme die Tatsache, dass keramisch eingebrannte Farben nicht farbecht bleiben und durch Oxidieren an Brillanz verlieren. Mit der Glas-MA-Beschichtung gebe es hier keine Probleme: Der Oberflächen-Spannungsverlust liege bei nur fünf Prozent. "Das ist eine Revolution in der Statik, nachweislich sind zirka 35 Prozent dünnere Fassadengläser möglich."

Preisvergleich zur Folie

Die Glas-MA-Beschichtung verarbeitet P&P bislang selbst, Anfragen bekommt das Unternehmen vor allem von Metallbauern und Architekten, überwiegend für Brandschutzgläser. Zur Anwendung kommt Glas-MA dem Geschäftsführer zufolge vor allem in öffentlichen und gewerblichen Objekten. Die Anwendung erfolge dabei vor Ort, direkt am Objekt. "Das ermöglicht eine akkurate Arbeit über mehrere Glasflächen hinweg. Die Motive lassen sich ohne Höhenversatz oder Motivanschnitt in die Rahmenkonstruktion einpassen", sagt Wendt. Dabei wird zuerst die Glasoberfläche vorbereitet, dann eine Maskier-Schablone aufgelegt, abgeklebt und anschließend mit einem speziell entwickelten Niederdruckspritzgerät die Beschichtung aufgetragen. Auch eine transportable Absaugvorrichtung hat Wendt dafür entwickelt.

Und wie ist preislich der Vergleich zu einer Folie? "Aufgrund der Verarbeitung und der hochwertigen Materialien liegt Glas-MA preislich pro Quadratmeter etwa beim Doppelten gegenüber einer Folie", sagt Wendt. Dies sei von der Konstruktion, der Anzahl der Glasflächen, dem Ausführungsort und den Motiven abhängig. Über viele Jahre gesehen rechne sich die Glas-MA-Beschichtung aber. "Folien sind eben Folien und bedingt haltbar."

Lizenznehmer gesucht

Wendt sucht derzeit in EU-Ländern und den USA nach Lizenznehmern bzw. Patentkäufern, die entsprechend ausgebildet werden, um die Glas-MA-Beschichtungen nach den vorgegeben Qualitätsrichtlinien auszuführen. Auch Glaser, Metall- oder Fensterbauer können selbständige Glas-MA-Verarbeiter werden.