Das kommt bei Gericht auf Handwerker zu Das sollten Sie vor dem Streit über Baumängel bedenken

Das kann jeden Handwerksbetrieb einmal treffen: eine Auseinandersetzung mit dem Vorwurf eines mangelhaften Gewerks. GFF erläutert, was den Unternehmer in einem solchen Gerichtsverfahren meist erwartet und welche Konstellationen günstig oder ungünstig sind.

Beschlag falsch eingestellt oder normaler Verschleiß? Diese Frage klären manchmal Gerichte. - © Heiler

Egal, ob der Auftraggeber sich mit einem solchen Vorwurf gegen die Zahlung der Rechnung wendet oder die Beseitigung eines behaupteten Mangels verlangt, gleichgültig ob die Werkleistung tatsächlich einen Mangel aufweist oder dies vom Kunden nur unzutreffend behauptet wird: einigen sich beide Seiten hierüber nicht, endet der Streit oft vor Gericht.

Gerichtsstand vereinbaren

In der Regel reicht der Unternehmer die Werklohnklage an dem für den Ort des Bauwerks oder dem Sitz des Auftraggebers zuständigen Gericht ein. Der Kunde reicht seine Klage wegen Mängeln ebenfalls am Ort des Bauwerks oder dem Sitz des Handwerkers ein. Um unnötige Fahrten mit Zeit- und Kostenaufwand an entfernte Gerichte zu vermeiden, wenn z.B. bei der Werklohnklage Bauwerk und Sitz des Auftraggebers weit entfernt sind, bietet es sich an, eine Gerichtsstandsvereinbarung für das Heimatgericht zu treffen. Ist der Kunde Kaufmann oder hat er keinen allgemeinen Gerichtsstand – Wohnsitz oder Sitz einer Gesellschaft – im Inland, so kann der Unternehmer durch Allgemeine Geschäftsbedingungen das Gericht am Ort seines Sitzes bestimmen. Umgekehrt könnte der Kunde in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Gerichtsstandsvereinbarung aufgenommen haben. Ein solches „Heimspiel“ des Gegners hebeln Sie durch eine Gerichtsstandsvereinbarung in den eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus, da sich die widersprüchlichen Teile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen neutralisieren und dann die oben dargestellte gesetzliche Regelung zum Gerichtsstand wieder gilt.

Gang des Gerichtsverfahrens

Nach Eingang der Klage, egal ob vom Unternehmer oder vom Kunden eingereicht, stellen beide Seiten dem Gericht schriftlich ihre Ansicht dar. Schließlich bestimmt dieses einen Termin, zu dem es auch bei anwaltlicher Vertretung das persönliche Erscheinen der Prozessparteien anordnen kann. Kernpunkt eines Gerichtsverfahrens in dem Baumängel eine Bedeutung haben ist immer eine Beweisaufnahme hinsichtlich dieser Baumängel, wenn die Prozessparteien über die Existenz der Baumängel oder die Verantwortlichkeit des Unternehmers für diese Baumängel streiten. Meist ordnet das Gericht die Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Klärung der behaupteten Mangelhaftigkeit des Gewerks an.

Sachverständigengutachten

Um eine größtmögliche Objektivität des Gutachters zu garantieren, sollte dieser öffentlich bestellt und vereidigt (ö.b.u.v.) sein. Das Gericht ist auch verpflichtet, möglichst nur solche Sachverständige zu bestellen – es sei denn, für das speziell zu prüfende Sachgebiet sind keine ö.b.u.v. Sachverständigen vorhanden. Dies ist im Baubereich allenfalls in Randbereichen denkbar. Sollte das Gericht keinen ö.b.u.v. Sachverständigen bestimmen wollen, sollte der Unternehmer selbst einen solchen oder auch eine Gruppe geeigneter Sachverständiger benennen. Die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern führen Listen der von ihnen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nach deren jeweiligen Fachgebiet.
Da ein Sachverständiger das Gewerk immer bei einem Ortstermin besichtigt, bietet es sich an, einen Gutachter zu beauftragen, der seinen Sitz in der Nähe des Gewerks hat. Andernfalls steigen dessen Fahrt- und Abwesenheitskosten, die am Ende des Prozesses derjenige ganz oder anteilig zu tragen hat, der den Prozess ganz oder teilweise verliert. Sachverständige haben unterschiedlich viel zu tun. Entsprechend wirkt sich dies auf die Dauer bis zur Fertigstellung des Gutachtens aus. Die Fachleute haben auch einen gewissen Bewertungsspielraum, der sich – wenn auch in engen Grenzen – handwerkerfreundlich oder -feindlich auswirken kann. Kenntnisse über die vorgenannten Umstände kann der Unternehmer im Rahmen seiner oben geschilderten Möglichkeiten auf die Einflussnahme der Auswahl des Sachverständigen nutzen. Soweit der Unternehmer selbst dazu keine Erkenntnisse hat, könnte diese ein erfahrener, in Bausachen tätiger Rechtsanwalt liefern.

Kosten des Sachverständigen

Der Sachverständige erhält eine Vergütung nach JVEG. Der Stundensatz für die Vergütung des Gutachters richtet sich dabei nach Honorarklassen, die sich nach den konkreten Aufgabengebieten richten. Für die Bereiche Glas, Fenster und Fassade dürften dies in der Regel Nettostundensätze zwischen 70,00 und 90,00 Euro sein. Ein Sachverständiger kann aber auch eine höhere Vergütung beantragen, die ihm das Gericht gewährt, wenn beide Prozessparteien damit einverstanden sind. Ist nur eine Prozesspartei damit einverstanden, so kann das Gericht die Zustimmung der zweiten Prozesspartei durch die eigene Zustimmung ersetzen. Dies wird häufig der Fall sein. Im Hinblick auf die Qualität der Arbeit des Sachverständigen sollten die Parteien einem Nettostundensatz von bis zu 100,00 bis 125,00 Euro zustimmen.

Weitere Aufwendungen

Zu diesen Stundenvergütungen kommen noch Fahrtkosten und sonstige Aufwendungen des Sachverständigen hinzu. Bei einem Gutachten mit durchschnittlichem Umfang und Schwierigkeitsgrad dürften sich daher Bruttokosten in Höhe von 1.500,00 bis 3.000,00 Euro anhäufen. Da die Beteiligten Einwände gegen ein fertiges Gutachten erheben können und sie das in der Praxis nahezu durchgehend tun, wird das Gericht hierzu ein ergänzendes Gutachten anfordern: entweder ein weiteres schriftliches Gutachten oder eine mündliche Erörterung des Sachverständigen in einem Verhandlungstermin vor dem Gericht. Dann kommen weitere Kosten von 500,00 bis 800,00 Euro (jeweils brutto) hinzu.

Kostenvorschuss für ein Gutachten

Vor Beauftragung des gerichtlichen Sachverständigen wird das Gericht die Einzahlung eines Vorschusses für diesen fordern. Diesen Vorschuss muss derjenige zahlen, der die Beweislast für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mangels trägt. Vereinfacht ausgedrückt trifft bis zur Abnahme des Gewerks den Unternehmer und danach den Kunden die Beweislast. Der Unternehmer sollte daher bei Fertigstellung eine zu Beweiszwecken schriftliche Abnahme durchführen, um Kunden, die erst bei Anblick des Rechnungsbetrags Mängel geltend machen, in die Beweislast zu bringen.

Hat der Kunde den Mangel bereits anderweitig beheben lassen, so muss das Gericht – soweit dies streitig ist – über den Zustand des Gewerks in der vom Unternehmer geschaffenen Form Beweis erheben. Hierzu kann es Zeugen, die den ursprünglichen Zustand beschreiben, einvernehmen, ein evtl. vom Kunden hierzu erholtes Privatgutachten heranziehen oder von diesem gefertigte Fotos verwerten. Eine solche Beweisaufnahme vor der Einholung eines gerichtlichen Gutachtens verlängert dabei die Verfahrensdauer.

Dauer eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens

Mit der Fertigstellung des schriftlichen Gutachtens sollten die Parteien nicht vor sechs Monaten rechnen. Je nach Umfang der Begutachtung und Arbeitsbelastung des Sachverständigen kann dies auch bis zu 1,5 Jahre dauern. Ist danach – wie meist – noch ein Ergänzungsgutachten erforderlich, fallen hierfür weitere zwei bis neun Monate an. Ist danach noch ein Termin zur Anhörung des Sachverständigen nötig, hängt es stark von der zeitlichen Belastung des Gerichts ab. Dies kann sich im Bereich von zwei bis zehn Monaten, in besonders ungünstigen Fällen sogar länger bewegen. Sind noch weitere Punkte streitig, erhebt das Gericht auch hierüber Beweis. Als Beweismittel kommen eine Zeugeneinvernahme, ein weiteres Sachverständigengutachten, ein Urkundenbeweis, ein Augenschein des Gerichts und eine Parteieinvernahme in Betracht.

Abschluss des Gerichtsverfahrens

Soweit neben den streitigen Mängeln nicht noch andere Punkte aufzuklären sind, ist noch ein Verhandlungstermin erforderlich, in dem das Gericht ggf. auch den Sachverständigen abschließend anhört. Danach fällt der Richter frühestens im gleichen Termin, meist jedoch im Rahmen eines weiteren Gerichtstermins ein Urteil, das die erste Instanz abschließt. Hiergegen kann die unterliegende Partei, soweit beide Parteien teilweise unterliegen auch beide Parteien, Berufung einlegen. Voraussetzung dafür ist: die Partei ist mit einem Wert von mehr als 600,00 Euro unterlegen oder die Berufung wurde durch das Erstgericht bei einem geringeren Beschwerdewert zugelassen. Alternativ können die Prozessparteien das Verfahren durch einen Vergleich beenden.
Dies spart Zeit und im Hinblick auf die Verfahrenskosten auch Geld, jedoch mit der Ungewissheit, ob der Beteiligte bei einem Urteil ein besseres oder auch schlechteres Ergebnis hätte erzielen können. Ein Vergleich gelingt allerdings nur, wenn die Gegenseite mitmacht. Letztlich muss der Unternehmer die eigenen Chancen und Risiken eines Prozesses, den Aufwand für Zeit, personelle Ressourcen, Nerven für einen Prozess und – bei einer Werklohnklage – die Chance einer schnelleren Realisierung seiner Ansprüche abwägen: machen die Konditionen eines möglichen Vergleichs für ihn Sinn?