Pro & Contra Amortisiert sich der Einsatz von Vierfachglas?

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    © Iso-Chemie
    Matthias Demmel ist Prüfstellenleiter am PfB – Prüfzentrum für Bauelemente.
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    © Prüfzentrum für Bauelemente – PfB
    Senior Prof. Dr. Franz Feldmeier ist ehemaliger Leiter des Labors für Thermische Bauphysik an der Technischen Hochschule Rosenheim.

Die Vierfach-Isolierverglasung ist keine lineare Weiterführung der Dreifach-Isolierverglasung, sondern eine Lösung für spezielle Anwendungsfälle. In den Polarregionen z.B. müssen Fenster große Temperaturdifferenzen von mehr als 60 Kelvin bewältigen. Durch die dritte Edelgasschicht verringert die Vierfach-Verglasung das Temperaturgefälle der Einzellagen und somit die Spannungen der Gläser. Ein geprüfter U-Wert von 0,3 W/m²K (Krypton) reduziert die Wärmeverluste um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu einer Dreifachscheibe. Das macht an einem Gebäude mit 30 Quadratmeter Glasfläche mehr als 1.000 Kilowatt pro Stunde bzw. 100 Liter Heizöl im Jahr aus. Die bessere Isolierung minimiert den Kälteschleier auf der Scheibeninnenseite und steigert so die Behaglichkeit. Die Dicke der Einzelscheiben wurde auf drei Millimeter reduziert, um Dicken- und Gewichtsprobleme zu vermeiden. Eine erhöhte Glasfestigkeit kompensiert die Spannungen, die aufgrund der hohen Temperaturdifferenzen sowie Wind- und Schneelasten auftreten. Auch der Fülldruck muss auf den Einsatz abgestimmt sein, um Scheibenbruch und optische Einschränkungen zu verhindern. Die Scheibe allein kann die Herausforderungen aber nicht meistern. Versuche in der Kältekammer (Außenseite bis minus 80 Grad Celsius) haben gezeigt, dass auch das Rahmenprofil und der Glaseinbau gefordert sind. Nur die maschinelle und lunkerfreie Verklebung der Scheibe zum Rahmen gewährleistet die Dauerhaftigkeit der Verklebung und die Abtragung der Dehnungen und Lasten.

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Es ist ruhig geworden um Vierfach-Isolierglas. Die vierte Scheibe wurde vor einiger Zeit als logische Weiterentwicklung zur Verbesserung der Wärmedämmung angesehen. Einige Hersteller haben diese Idee aufgenommen und entsprechende Scheiben bzw. Fenster angeboten – sicher auch wegen der medialen Aufmerksamkeit. Heute ist Vierfachglas ein Nischenprodukt, das für Bauherren verfügbar ist, die es unbedingt wollen, aber kein Produkt für den Massenmarkt. Die Probleme und Lösungen waren bereits vom Drei-scheiben-Isolierglas bekannt: Die hohe thermische Belastung der inneren Scheiben und nochmals höhere Klimalasten erfordern den Einsatz von ESG bzw. TVG. Zudem sind durch das hohe Gewicht und die größere Einbaudicke besondere Fensterrahmenkonstruktionen nötig. Um eine gute Lichttransmission zu ermöglichen, müssen Weißglas bzw. Antireflex-Beschichtungen zur Anwendung kommen. All dies kostet viel Geld und steht einer lediglich moderaten Verbesserung des U-Werts von typischerweise 0,6 W/m²K für Dreifachglas auf 0,4 W/m²K für Vierfachglas gegenüber. Auch EU-geförderte Forschungsprojekte wie z.B. Membranes for Windows (Mem4Win) haben zwar zu einigen Fortschritten in speziellen Gebieten geführt, sind aber letztlich ohne die angestrebte Gesamtlösung ausgelaufen. Derzeit sieht es so aus, als wäre mit Dreifach-Isolierglas mit einem U-Wert um 0,6 W/m²K hinsichtlich der bauphysikalischen Eigenschaften, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit ein Optimum erreicht.

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