Geschäftsstelle im Zwielicht Affäre Kieckhöfel: Mehr Fragen als Antworten

Die Vorgänge an der BIV-Geschäftsstelle rund um die Erstellung des Messereports schlagen hohe Wellen. Lesen Sie, welche neuen Erkenntnisse vorliegen, und wie sich der Vorstand positioniert.

BIV-Hauptgeschäftsführer Stefan Kieckhöfel muss sich unangenehme Fragen gefallen lassen. - © Friedrichs
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In der Aprilausgabe hatte GFF unter der Überschrift "Geschäftsstelle außer Kontrolle: Schatten der Vergangenheit" berichtet, dass Stefan Kieckhöfel, der Hauptgeschäftsführer (HGF) des Bundesinnungsverbands des Glaserhandwerks (BIV), auf der BIV-Mitgliederversammlung Mitte Januar 2020 den anwesenden Teilnehmern falsche Tatsachen vorgespiegelt habe. Nach Angaben mehrerer Teilnehmer hatte er behauptet, sein 90-jähriger Vater Erich verfasse den vom BIV herausgegebenen Messereport. GFF -Recherchen belegten anschließend jedoch, dass besagter Erich Kieckhöfel zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als ein Jahr tot war. Stefan Kieckhöfel gibt seine Aussage auf der Versammlung mit anderem Wortlaut wieder – dass er den falschen Eindruck erweckt hat, sein Vater sei noch am Leben, ergibt sich aber auch aus seiner Version.

Wie heißt die Firma denn nun?

Das warf mehrere Fragen auf, unter anderem: Warum hat der HGF über die Erbringung der Dienstleistung gelogen? Wer schreibt den Messereport (spätestens) seit dem Tod des Vaters im Herbst 2018? Ist es Stefan Kieckhöfel selbst, wie der damals amtierende Bundesinnungsmeister (BIM) Martin Gutmann auf der Sitzung gemutmaßt hatte? Und auf welches Konto fließt das Honorar für die Erstellung des viermal jährlich erscheinenden Druckwerks? Den umfangreichen Fragenkatalog von GFF hatte Stefan Kieckhöfel unbeantwortet gelassen, stattdessen ging der Redaktion über eine Rechtsanwaltskanzlei ein Gegendarstellungsverlangen zu, welches Holzmann Medien juristisch gut begründet abgelehnt hat.

Interessant ist indes, was sich aus der Gegendarstellung ableiten lässt. So ist dem Schreiben zu entnehmen, dass seit dem Tod von Erich Kieckhöfel im Herbst 2018 der Messereport "übergangsweise bis zur Wahl des neuen Vorstandes im Januar 2020" von der "Unternehmensberatung Kieckhöfel" fortgeführt worden sei. Dieser Übergang mutet etwas seltsam an, war doch für Kieckhöfel gar nicht absehbar, dass Ende 2019 der gesamte Vorstand zurücktreten würde. Hätte sich ohne die erforderliche Neuwahl der Übergang noch länger hinausgezögert? Zum anderen: Als Firma recherchieren lässt sich nur eine "Stefan Kieckhöfel Wirtschaftsberatung", die laut der Wirtschaftsauskunft Creditreform (CreFo) ihren Sitz an der privaten Wohnadresse von Stefan Kieckhöfel hat – oder besser hatte: Laut CreFo hat die Firma mit Stefan Kieckhöfel als Inhaber nach 25 Jahren nun ihren Betrieb eingestellt.

Können Layouter auch schreiben?

Über seine Anwälte warf der HGF in der folgenden Kommunikation mit einem "Büro Kieckhöfel" eine weitere Firmenbezeichnung in den Ring. Am Ende war von der "Unternehmensberatung Kirst-Kieckhöfel" die Rede, die operativ von der Schwiegertochter (des verstorbenen Vaters) – sprich: von Stefan Kieckhöfels Frau Ulrike Kirst-Kieckhöfel – betrieben worden und umgangssprachlich als "Büro Kieckhöfel" bekannt sein soll. Alles klar? Der Einfachheit halber sprechen wir im Folgenden von der "Firma". Diese soll, so heißt es im anwaltlichen Schreiben, nach dem Ableben von Erich Kieckhöfel die "Umsetzung des Messereports infolge vertraglicher Verpflichtungen" fortgeführt haben. Interesssant: Als sich am 30. April der amtierende BIV-Vorstand und Stefan Kieckhöfel, der in Begleitung zweier Rechtsanwältinnen erscheint, zusammensetzen, um die Vorgänge rund um die Erstellung des Messereports zu klären, wird nach GFF -Informationen klar, dass offenbar kein schriftliches Vertragswerk zwischen BIV respektive der Informations- und Werbegesellschaft des Glaserhandwerks und Angehörigen der Familie Kieckhöfel bzw. Kirst-Kieckhöfel über die Leistungserbringung Messereport existiert.

Trotz des Klärungsversuchs bleibt für Außenstehende unklar, wer denn nun die Texte für den Messereport spätestens seit dem Tod von Erich Kieckhöfel im Herbst 2018 erstellt hat – kann mit Ulrike Kirst-Kieckhöfel tatsächlich eine branchenfremde Person die fachlich spezifischen Beiträge verfasst haben? Zumal die Anwältinnen in der Korrespondenz mit GFF angegeben haben, dass "die Firma" bislang für das Layout zuständig gewesen war, Erich Kieckhöfel für den Text. Oder ist doch Stefan Kieckhöfel selbst der Autor, wie (nicht nur) Martin Gutmann mutmaßt? Offen ist zudem die Frage, warum Stefan Kieckhöfel auf der Sitzung im Januar den Tod des Vaters verschwiegen hat. Für den BIV-Vorstand scheint das nicht relevant. Stand heute spricht das Gremium dem HGF das Vertrauen aus – siehe die Pressemitteilung vom 7. Mai. Nur dass "die Firma" weiterhin den Messereport betreue, sei "aufgrund der Verflechtungen" unwahrscheinlich.

GFF berichtet in der aktuellen Ausgabe 5-6/20 sowie auch in der Sommerausgabe 7-8/20 über die aktuelle Entwicklung in der Affäre Kieckhöfel.