Gemischte Kanteln gewinnen an Bedeutung Accoya und Belmadur – modifizierte Hölzer fürs Fenster

Acetylierte neuseeländische Pinus radiata alias Accoya und polymerisierte heimische Kiefer bzw. Belmadur: Muss die Fenster - branche das Hölzer-Einmaleins neu lernen? GFF hat nachgefragt.

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Einer der Wegbereiter für modifizierte Hölzer im Fensterbau ist Rolf Menck. Der Geschäftsführer des gleichnamigen Hamburger Fenstertraditionsbetriebs hat als Obmann des zuständigen Gremiums beim VFF maßgeblichen Anteil daran, dass seinerzeit Accoya als erste der getunten Holzarten für die Herstellung maßhaltiger Bauteile zugelassen wurde. Im Gespräch mit GFF sagt der Befürworter: „Sicher ist derzeit der Preis für die Modifizierung noch relativ hoch, aber auf Sicht glaube ich an gute Marktchancen für diese Hölzer. Ich gehe jedenfalls mit dieser Entwicklung konform.“ Tatsächlich ist schon jetzt Belmadur als Modifikation der heimischen Kiefer gefolgt, weitere thermisch veränderte Arten stehen offenbar ebenfalls zur Zulassung an. Dazu arbeitet ein Team der Universität Göttingen mit skandinavischen Forschern nach GFF-Informationen am Projekt Kebony: Dahinter verbirgt sich die Furfurylierung von Kiefernholz, wobei die Ingredienzen des Alkohols aus nachwachsenden Rohstoffen wie Pflanzenabfällen von Mais und Zuckerrohr gewonnen werden. Aber auch die Firma Enno Roggemann aus Bremen, Importeur für Polen und Deutschland und der Antragsteller auf eine Zulassung für den Fensterbau, argumentiert längst ökologisch für das vom niederländischen Anbieter Titan Wood modifizierte Holz der neuseeländischen Kiefernart: So freuen sich die Hanseaten online über die Cradle-to-Cradle-Zertifizierung von Accoya in Gold, obschon doch das Ausgangsholz buchstäblich vom anderen Ende der Welt herangekarrt wird.

Andererseits wäre unbehandeltes Nadelholz schwerlich für die Allwetteranwendung im beanspruchten Fensterrahmen geeignet. Als Vergleichsgröße müssten diverse Tropenhölzer herangezogen werden – trotz der bekannten ökologischen Bedenken. Und außerdem hat im Sinne von Ressourcenschonung natürlich auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun, was augenblicklich das ift prüft. Wie GFF erfuhr, sollen nach Abschluss dieser Untersuchungen in Bälde sehr gute Uf-Werte für die Kombination Accoya-Fichte publiziert werden. Überhaupt sprechen sich selbst Befürworter wie Menck dafür aus, lediglich die äußere Partie der Fensterkantel durch – im Fall von Accoya – Acetylierung zu verändern. Das ist nicht nur eine Preisfrage. Schließlich verursacht das eingesetzte Essigsäurean - hydrid unangenehme Gerüche, wenngleich sich diese auch dank Spezialbeschichtungen heute schon in Grenzen halten bzw. nach ein paar Tagen verfliegen; aber ein Aufbau mit Accoya, Kork und Kiefer (Fa. Winter Holzbau in Thedinghausen) sowie die Fensterholz - laminate Accoya/Fichte (Eurospruce) und Accoya/Kiefer (Europine) von Roggemann verringern das Risiko erheblich. Für den Fens - terbauer ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Kompatibilität von Beschlägen, aber auch von Dichtstoffen entscheidend. Intensiv dem Thema gewidmet hat sich beispielsweise Hersteller Siegenia-Aubi, wie auch Sergej Baum vom Bremer Importeur herausstellt. Denn die Essigsäure kann Korrosion verursachen. Deshalb sind für die Anwendung vor allem Edelstahlbeschläge geeignet. Auch hier macht’s so gesehen also die richtige Mischung. Für Ulrich Tschorn indes heißt die im Zweifel Holz-Aluminium. Der VFF-Geschäftsführer weist im GFF-Gespräch darauf hin, dass der Mehrwert einer Holz- Aluminium-Schale im Zweifel dem Endverbraucher einfacher zu vermitteln sei. Darüber hinaus liegt ihm die Sicherheit der Hersteller am Herzen: „Gerade angesichts des Druck- /Zugverhaltens in gemischten Kanteln müssen auf jeden Fall Profis ran“, ist er sicher.

Der Verband Fenster + Fassade mit Sitz in Frankfurt hat die beiden „neuen“ Fensterhölzer ins Merkblatt HO.06-4 aufgenommen; besonders interessant: Sowohl zur acetylierten neuseeländischen Pinus radiata (Accoya) als auch zur polymerisierten heimischen Kiefer (Belmadur) findet sich nicht nur eine detaillierte Produktbeschreibung in der einschlägigen Publikation. Insbesondere sind für jede der getunten Arten die genauen Prüfroutinen hinterlegt, inklusive der Eigendeklarationen des Antragstellers, der Zeugnisse und/oder Anwendungsempfehlungen eines Kompo nentenherstellers sowie der Prüfberichte von neutralen und akkreditierten Institutionen. Das Merkblatt mit der exakten Bezeichnung HO.06-4:2010-03 ist zum Preis von sechs Euro bestellbar im Onlineshop des Verbands oder per E-Mail unter technik@window. de und eine wertvolle Recherchequelle für jeden, der darauf angewiesen ist, in Sachen Fensterholz auf dem Laufenden zu sein.