150 Teilnehmer bei Architektentag zu Neubau und Sanierung von Schulen und Kitas Mehr Durchblick bei Fenstern und Fassaden

Fenster sowie Fassaden in den Schulen und Kitas unterliegen intensiver Beanspruchung. Für die Verbände BVRS, VFF, BF, BuVEG sowie das ift Rosenheim war das der Anlass, um strengere Anforderungen beim ersten Architektentag an der Beuth Hochschule in Berlin zu diskutieren.

Architektentag: Das ift Rosenheim und die Branchenverbände VFF, BF, BVRS und BuVEG hatten zum Wissenstransfer nach Berlin eingeladen. - © Manzke

Die Themen im Januar waren so breit aufgestellt, wie das Fachhandwerk in der Wertschöpfungskette. Im Mittelpunkt stand die Vermeidung konstruktiver Ausführungsfehler und Sicherung einer langfristigen Nutzung durch eine zuverlässige Fenster- und Fassadenplanung. Dies gelinge nur mit einer abgestimmten Planung, die eine hohe Nutzungssicherheit, Bedienbarkeit und Barrierefreiheit beinhaltet. Ebenso sind Schall- und Wärmedämmung, sommerlicher Wärmeschutz, und der Einfluss der Verglasung auf die Nutzung der Räume oderLüftung mit Fenstern planerisch zu beachten.

Fensterplanung: Wechselwirkungen orchestrieren

Damit Architekten eine passende Lösung zur Schadensvermeidung und mehr Nutzungssicherheit im Umgang und der Fensterplanung haben, beschäftigt sich das ift Rosenheim seit Jahren mit diesem Thema, berichtet Knut Junge vom ift. Dabei stehen auch die Wechselwirkungen von Bedienbarkeit und Barrierefreiheit im Fokus. Besonders bei der Fensterplanung für Schulen und Kitas existiert ein Anleitungs- bzw. Regelvakuum zu den notwendigen Leistungseigenschaften, führt Junge in seinem Vortrag aus. Für Schulen und Kitas wären die Schutzziele zwar in Unfallverhütungsvorschriften beschrieben, jedoch gibt es für Ausschreibungen keine Hinweise, die sich in der Realität wiederfinden bzw. umsetzen ließen. Zu den hohen Belastungen zählen häufige Bedienung/Fehlbedienung der Fenster, Vandalismus, etc.. Ebenso müssen vielfältige Ansprüche, wie Sonnenschutz, Verdunkelung, Lüftung, Schalldämmung, Flucht und Schutz bei Amoklauf (Tür) gewährleistet sein.

ift-Richtlinie FE-16/2 als Einsatzempfehlung

Aufbauend auf den Erkenntnissen einer 2018 abgeschlossenen Studie wurde Ende 2019 die kostenlose ift-Richtlinie „Einsatzempfehlungen für Fenster in Schulbauten“ veröffentlicht. „Durch den zunehmenden Ganztagsbetrieb unterliegen aber auch Fenster in Berufsschulen einer noch stärkeren Beanspruchung hinsichtlich der Beschläge und auftretenden Laibungsschlägen. In der Richtlinie für Planer und Praktiker haben wir Anforderungen, Planungsgrundlagen, Konstruktion und Ausführungsmöglichkeiten aufgezeigt“, so Junge. „Hier plädiere ich an die Planer und Architekten auf zu große Fensterflächen zu verzichten. Besser geeignet sind geteilte Fensterelemente mit robusten Beschlägen in Kombination mit bekannten Öffnungsarten, sie erleichtern die Bedienbarkeit. So z. B. kleine Fensterflügel, weil sie einfacher zu bedienen sind und nicht so hoch beansprucht werden“, zieht Junge Fazit.

Hinweis: Die ift-Richtlinie FE-16/2 „Einsatzempfehlungen für Fenster in Schulbauten“ ist unter https://www.ift-rosenheim.de/shop/ift-richtlinie-16/2-einsatzempfehlung-schulbauten-download kostenfrei zu erhalten.

Fehlplanung im Sonnenschutz vermeiden

Aktuelle Entwicklungen beim temporären sommerlichen Wärmeschutz nach DIN 4108 zeigte Björn Kuhnke, Informationstransferstelle Technik Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz e. V. auf. Fehler im sommerlichen Wärmeschutz führen meistens auf eine Fehlplanung zurück, so Kuhnke. „Die Nachweisführung einer fachgerechten Ausführung kann über ein vereinfachtes Rechenmodell oder thermischer Simulation erfolgen. Hier rate ich dem Fachplaner den Nachweis mit der Simulation zu erstellen. Sie ist genauer und auch besser nachzuvollziehen“, so Kuhnke.

„Um Planungskosten so gering wie möglich zu halten wird oftmals das vereinfachte Verfahren zum Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes gewählt, dies berge aber auch eine Fehlerquelle. Vielfach werden dann pauschale Annahmen getroffen, die teilweise nicht ordentlich überprüft würden z. B., wenn es um die thermische Speichermasse eines Gebäudes geht“, so Kuhnke. Gerne werde auch ein erhöhter oder sogar hoher Luftwechsel zur Nachtauskühlung eines Gebäudes angesetzt. Auch wenn gar nicht klar ist, ob während der kühleren Nachthälfte überhaupt eine Lüftung z. B. über gekippte Fenster sichergestellt werden kann oder eine mechanische Lüftung verbaut werden soll.

Die größten Herausforderungen werden vermutlich der Klimawandel und die fortschreitende Gebäudeautomation darstellen, führt Kuhnke aus. Fachplaner und Architekten sollten den Bauherrn weiter sensibilisieren, im Gebäudebereich energieeffizienter zu werden. Durch dickere Dämmstärken sei es nicht zu erreichen. „Aus Sicht der Sonnenschutzbranche wäre mit einer gut geplanten Gebäudeautomation zusammen mit der richtigen Smart Home Technologie eine sehr großes Einsparpotenzial zu erreichen. Smart Home siedeln viele eher im Bereich Convenience-Technologie an und wird damit weit unterschätzt“, ergänzt Kuhnke. „Ziel solle es sein, ein Gebäude so zu steuern, dass Energiequellen und Energiebedarfe kontinuierlich abgeglichen werden und frei zur Verfügung stehende Energie wie z. B. die solare Einstrahlung optimal genutzt werden kann. Überspitzt gesprochen müsse da die Heizung mit dem Sonnenschutz kommunizieren und je nach Erfordernis den Sonnenschutz entsprechend steuern. Das muss jedoch erst einmal in den Köpfen der Bauherrn ankommen. Hier sind Fachplaner und Architekten aber natürlich auch die entsprechend qualifizierten Fachbetriebe der einzelnen Gewerke gefragt“, regt Kuhnke an.

Potenziale der Lüftung mit Fenstern in Schulen

Mit dem Vortrag „Lüftung mit Fenstern“ rückte Prof. Thomas Hartmann, ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung, Dresden, die Lüftung in den Fokus. In der Praxis können in Schulen viele Fenster durch mechanische Mängel oder störende Außengeräusche im Unterricht nicht geöffnet werden. „Mit den zunehmend komplexeren Anforderungen an die Planung müssen Architekten gewerkeübergreifende Expertise und Normenwissen auch in der Lüftungstechnik besitzen. Gefragt sind auch abgestimmte hybride Konzepte“, so Hartmann.

Dazu gehören Berechnungskenntnisse für die Fensterlüftung in Schulen, Kitas und Pflegeeinrichtungen. „Für den Teilaspekt "Kohlendioxidgehalt" fehlte es an praxisorientierten Planungsinstrumenten und Bewertungsgrundlagen für Räume, die teilweise oder ausschließlich über Fenster be- und entlüftet werden. Im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) vom ITG entwickelt, können Architekten und Fachplaner seit dem letzten Jahr mit den Handlungsempfehlungen für praxisgerechte Lüftungskonzepte jetzt auf ein CO2-Berechnungstool aufbauen. „Ein weiterer gelungener Wurf zum breiten Verständnis wurde mit der DIN SPEC 4108-0 geschaffen. Sie regelt den Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden. Im Teil 8 ist die Vermeidung von Schimmelwachstum in Wohngebäuden geregelt“, beschreibt Hartmann im Gespräch.

Kreislaufwirtschaft gewinnt

Produktbezogenes Aluminiumrecycling ist die zeitgemäße Maßnahme für die wachsenden Nachhaltigkeitsanforderungen im Bauwesen, beschrieb Walter Lonsinger, Vorsitzender, A|U|F e.V., in seinem Vortrag „Wertstoffkreisläufe für Aluminiumkonstruktionen“. „Die Mitglieder qualifizieren sich jedes Jahr aufs Neue und weisen so ihre geschlossene Recyclingkette mit dem A|U|F-Zertifikat nach. Inzwischen zählen 158 Verarbeiter, 12 Systemhäuser und 36 Planungsbüros/Zulieferer zu den Mitgliedern. Mit 11 Umweltpartnern werden bundesweit 270 Sammelstellen zur Verfügung gestellt. Architekten und Planungsbüros sind für uns Multiplikatoren und sollten den Recyclingprozess bereits in der Ausschreibung aufnehmen. Sie können bei uns kostenfrei als Mitglieder aufgenommen werden", führt Lonsinger aus.

Seit Dezember 2018 gäbe es für Berlin neue Standards für den Neubau von Schulen. Der Punkt 3.3.2. definiert, dass Kunststoff- und reine Aluminiumkonstruktionen bei Außenwänden (KG 330) sowie Außenfenster und Türen (KG 334) vermieden werden sollen. Holzfenster mit Aluschale seien jedoch erlaubt. Nach Gesprächen zwischen A|U|F und Berliner Senat konnten die Einwendungen gegen die Verwendung von Aluminium im Fenster-Türen und Fassadenbau dann entkräftet werden. "Von welcher Behörde der Entwurf ausging, war im Nachgang nicht mehr ganz genau zu ermitteln."

Ebenso konnte der A|U|F mit dem Kreisverwaltungsreferat der Stadt München klären, dass die frühere Aussage in dem ökologischen Kriterienkatalog nicht auf Fenster, Türen und Fassaden aus Aluminium zutrifft. Dort sind Aluminiumelemente in keinster Weise verboten oder der Einsatz eingeschränkt.