Pro & Contra Ist der Einsatz von Ungelernten noch zeitgemäß?

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    Bernhard Helbing ist geschäftsführender Gesellschafter von TMP Fenster + Türen.
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    Glasermeister Jürgen Sieber ist Inhaber von Fensterbau Werner Sieber sowie Vorsitzender des Fachverbands GFF BW.

Haben wir nicht alle einmal ungelernt angefangen? Ob Lehre, Meister oder Studium, die Praxis schreibt ihre eigenen Berichte. Entscheidend sind die Vorbereitung, die Planung aller auf der Baustelle zu erbringenden Tätigkeiten. Das muss klar und exakt kommuniziert werden. Dazu bedarf es guter Bauleiter und Vorarbeiter, die ihr Handwerk verstehen, die in der Lage sind, die Ungelernten mitzunehmen – durch Erklären, Zeigen und durch Hilfestellungen. Damit blicke ich nicht nur auf das Fachliche, sondern auch auf den Umgang untereinander und vor allem auch auf den Umgang mit dem Kunden. Dabei kann die digitale Welt in vielen Fällen helfend gut eingesetzt werden – ob in Form von Videos oder mittels anderer digitaler Elemente. Wer diese Chance(n) nicht nutzt, vergibt die Möglichkeit, einen Ungelernten zu einem guten Fachmann zu qualifizieren. Wir wissen doch: Die hauptsächlichste Konfliktursache ist die unvollkommene Information. Welcher Jugendliche kann einschätzen, ob die Lehre wirklich sein Ding fürs Leben ist? Natürlich gilt auch: Der Ungelernte muss wollen. Denn eine Münze hat in der Regel zwei Seiten. Ich habe Landwirtschaft gelernt und studiert – ich bin also Bauer. Das bin ich heute noch – Fensterbauer. Und lassen Sie mich noch ein Wort zum Thema Fachkräftemangel verlieren. Er ist da – ständig darüber zu reden, hilft nicht und ist kontraproduktiv. Als Betrieb muss ich schauen, dass ich mich in meiner Region als attraktive Arbeitgebermarke präsentiere. Den Rest regeln die selbstheilenden Kräfte unserer sozialen Marktwirtschaft.

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Als Gutachter habe ich die Erfahrung gemacht, dass man es an der Qualität sieht, wenn Firmen mit einer großen Mannschaft an Ungelernten arbeiten. Es handelt sich oft um Firmen, die von der Garagentor- und Fenstermontage bis zum Fliesen- und Estrichlegen alles anbieten. Wenn dann bauphysikalische Fehler bei der Fenstermontage auftreten, treffen Sie auf völliges Unverständnis und auf viele fragende Gesichter. Man muss dann erst mal das kleine Einmaleins erklären. Als Chef werden Sie daher keinen Frieden haben, wenn Sie nur mit Ungelernten arbeiten. Selbst einfache Tätigkeiten brauchen Wochen oder Monate Zeit an Schulung, bis der Mitarbeiter sie beherrscht – vom Umgang mit Kunden und vom Verhalten in bewohnten Räumen ganz zu schweigen. Wir selbst arbeiten u.a. mit einem Montagebetrieb zusammen, bei dem alle Mitarbeiter geschult sind – darauf legen wir größten Wert. Bei speziellen Montagen nehmen wir uns sogar die Zeit, die Monteure separat zu schulen, damit sie die Arbeit wirklich in unserem Sinn ausführen. Mein Ratschlag lautet: Wenn man Ungelernte einstellt, muss man auch Energie in diese investieren und sie schulen. Im Fachverband GFF BW haben wir erkannt, dass wir eine Weiterbildungsmöglichkeit für Ungelernte schaffen müssen. Mitgliedsbetriebe schulen ihre Mitarbeiter über unsere Modulseminare u.a. zur Fenstermontage. Als Chef können Sie nachts dann ruhig(er) schlafen. Der Mitarbeiter bekommt ein Zertifikat, mit dem er den Nachweis hat, dass er diese Grundlagen nun beherrscht.

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