Pro & Contra Macht der Sicherheitsglas-Zwang in der Norm Sinn?

  • Bild 1 von 2
    © SGG
    Ralf Vornholt ist zuständig für das technische Marketing bei Saint-Gobain Building Glass DACH und Vorstand des Bundesverbands Flachglas (BF).
  • Bild 2 von 2
    © BIV Glaserhandwerk
    Martin Gutmann ist Bundesinnungsmeister des Glaserhandwerks.

Die Glasbranche hat diese Änderung unterstützt und trägt sie inhaltlich mit. Die Arbeit im Normenausschuss läuft übrigens nicht so, wie man das nach manchen Beschreibungen, auch in dieser Zeitschrift, glauben könnte: Als ob „die Glasindustrie“ dem Ausschuss etwas aufoktroyieren könnte, was das Handwerk dann fluchend ausbaden müsste. Viele Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft haben jeweils eine Stimme, und der gesamte Ausschuss entscheidet. Der verpflichtende Einsatz von Sicherheitsglas unterhalb der Brüstungshöhe hat viele Vorteile. Heute wird anders gebaut, Glasflächen sind größer geworden. Da sollten wir es nicht als gottgegeben hinnehmen, dass eine bodentiefe Verglasung nun mal kaputtgeht, wenn ein Kind zu fest mit dem Bobbycar dagegenfährt. Das muss sie nicht, wenn man das richtige Produkt einsetzt. Darum hat das Thema auch mit Beratungshaftung zu tun – nicht nur für den Glashersteller, sondern auch für den Fensterbauer und den Monteur. Uns allen sollte wohler sein, wenn unsere Produkte sicherer verwendet werden. Wollen wir es uns wirklich leisten, dass Deutschland hier hinter den anderen Ländern in Europa zurücksteht? Auch aus anderen Gründen ist Sicherheitsglas auf dem Vormarsch. Viele Fensterhersteller haben in den vergangenen Monaten Kampagnen zum Thema Einbruchsicherheit aufgesetzt – zu einem einbruchsicheren Fenster gehört ohnehin VSG. Daher teilen wir auch die Befürchtung nicht, dass die weitere Mengensteigerung für die Verglasungen unter Brüstungshöhe die Kapazitäten überlasten würde; also, nur Mut zum Sicherheitsglas.

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des DIN, Dr.-Ing. Torsten Bahlke, brachte in seiner Amtszeit auf den Punkt, was schon über Jahre hinweg den Geist der aktiven Normungsarbeit darstellt: „Niemand muss sich an die Normen halten, die Normung ist freiwillig, aber ohne DIN-Nummer hat jeder Anbieter auf dem Markt ein Handicap. Wer die Norm macht, hat den Markt.“ Dieses Credo hat sich offensichtlich in den mehr als 70 DIN-Ausschüssen über die Jahre hinweg mehr als festgesetzt und wird zwischenzeitlich nicht selten ungeniert ausgeübt, so dass man den Eindruck gewinnen könnte, dass bestimmte Wirtschaftskreise spezielle Normenausschüsse dafür benutzen, um Märkte zu machen oder um ihre Märkte zu beleben – nicht selten unter dem Deckmantel der oft zitierten „Sicherheit für Leib und Leben“. Es kann aber nicht angehen, dass bewährte und erprobte handwerkliche Praktiken im Zuge einer nicht mehr nachvollziehbaren Regulierungswut einfach über Bord geworfen werden und im Nachgang Regelungen eingeführt werden, die nicht nur beim Handwerker, sondern auch beim Endverbraucher auf Unverständnis stoßen. Die derzeitige, ganz offensichtlich einseitig wirtschaftlich geprägte und ausgerichtete Normungsarbeit, die teilweise die reine technische Lehre aus dem Fokus verliert, gehört ganz klar auf den Prüfstand gestellt und bedarf einer qualifizierten Neuausrichtung, damit am Ende auch eine praktikable und übergeordnete Normung gewährleistet ist. Notfalls muss dies unter Einbindung der Politik geschehen.

Die kompletten Beiträge lesen Sie auf www.gff-magazin.de/din.

Zugehörige Themenseiten:
Wunschthema