Von der Holzschaftwinde zum Drucklufthebezeug 275 Jahre J.D. Neuhaus

Das Jahr 2020 ist für J.D. Neuhaus in Witten-Heven ein besonderes Jahr. Aber nicht aufgrund der wirren Zeiten, ausgelöst durch die Corona-Pandemie. Das Unternehmen feiert 275-jähriges Bestehen.

Ein JDN-Hebezeug zum Handling von Big Bags in der chemischen Industrie. - © J.D. Neuhaus

Am 9. September feiert das dynamische Unternehmen stolz sein 275-jähriges Bestehen. Ein kompakter Einblick in die Firmen-Historie spiegelt den Unternehmergeist von mittlerweile sieben Generationen des noch immer familiengeführten Hebezeugherstellers aus dem Ruhrgebiet wider. Außerdem zeugt es von einem am Anwendernutzen orientierten Innovationsdenken und -handeln.

Nächster Schritt: Digitalisierung

Mit dem Blick nach vorn gerichtet, stellt sich das traditionsreiche und zukunftsorientierte Unternehmen aktuell schon der nächsten großen Herausforderung: der Digitalisierung. Auch hier ist man in Witten-Heven auf einem guten Weg und erschließt die Chancen der Digitalisierung für Hebezeugbetreiber.

 „Wenn wir eines gelernt haben, dann ist es, die Dinge immer etwas besser zu machen, als sie eigentlich sein müssten“, erklärt Wilfried Neuhaus-Galladé, geschäftsführender Gesellschafter bei J.D. Neuhaus, die 275-jährige Geschichte seines Unternehmens.  Den ersten Beleg für diese Aussage lieferte Johann Diederich Conrad Neuhaus im Jahre 1745 mit der Entwicklung und Herstellung einer Holzschaftwinde. Seinerzeit durchaus ein Genie-streich.

Wie alles begann

Die Idee dazu kam dem Schmiedemeister bei einer Beobachtung: Fuhrleute mussten ihre schweren Pferdekutschen mit Muskelkraft anheben, um gebrochene Achsen oder Speichen zu wechseln. Abhilfe brachte die Holzschaftwinde, die das Anheben der Fuhrwerke erleichterte. Vom Ergebnis seines Schaffens und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Fortkommen überzeugt, ließ sich Johann Diederich Conrad Neuhaus als Fabrikant in die Meister Rolle der Sprockhövelschen Fabricke eintragen. Dadurch legte er den Grundstein des heutigen Unternehmens J.D. Neuhaus. Auf eine gewisse Art reicht die Denkweise noch bis in die Gegenwart.

Im Laufe der Zeit fanden sich für die technisch immer weiter entwickelten und verbesserte Winden neue Anwendungsgebiete, beispielsweise Eisenbahnwaggons, die auf Schienen zu heben waren. Die Winden machten Arbeitsabläufe in vielen Anwendungsbereichen zunehmend effizienter, etwa in Kohlegruben. Zurückzuführen war dieser Erfolg nicht zuletzt auf die Weitsicht von Louis Neuhaus und seiner Ehefrau Emma.

Etablierung zwischen den Weltkriegen

Bereits in den 1880er-Jahren waren die Winden aus der Fertigung von J.D. Neuhaus in der Lage, Lasten bis zu 7.500 kg zu bewegen. In den herausfordernden Jahren zwischen den beiden Weltkriegen etablierte sich der Betrieb als feste Größe im Bereich der Hebetechnik. Einen beachtlichen Anteil daran hatte Emma Neuhaus, die nach dem Tod von Louis Neuhaus im Jahre 1905 die alleinige Verantwortung für Familie, Haus und Betrieb übernahm. Ohne ihre Zuverlässigkeit hätte die damals schon 160 Jahre andauernde Tradition leicht ein Ende finden können.

1922 legte sie im Einverständnis mit ihrem zweiten Mann und ihren noch lebenden Kindern die Geschicke der Firma in die Hände ihres jüngsten Sohnes, Max Neuhaus. Neben einem gelebten Erfindergeist festigten die zunehmend besseren Werkstoffeigenschaften der verfügbaren Materialien das Geschäft. Alles in allem ermöglichte dies die kompaktere Bauweise der Winden, höhere Leistungen und eine lange Lebensdauer.

Aufbruch und Umbruch

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zum Wiederaufbau der deutschen Industrie große Mengen an Stahl und Kohle benötigt. Infolge dessen stieg der Bedarf an Hebewerkzeugen für unterschiedlichste Einsatzgebiete, v.a. im heimischen Bergbau. Davon profitierte auch der Hersteller. Der damalige Geschäftsführer, Max Neuhaus, erkannte früh die damit verbundenen Chancen. Um die Produkte gemäß den eigenen Qualitätsansprüchen herzustellen und in kundengerechter Zeit auszuliefern, fällte der Firmeninhaber 1951 den Entschluss, in eine zweite Werkshalle, mit modernen Maschinen und optimierten Fertigungsprozessen zu investieren.

Innovation zur rechten Zeit

Den nächsten Meilenstein legte die 6. Generation mit J. Diederich Neuhaus bereits im Jahr 1952. Damals kam Max Neuhaus‘ Sohn auf die Idee, manuelle Hebezeuge durch einen mit Druckluft betriebenen Lamellenmotor zu ersetzen. Mit dieser technischen Innovation waren die Bergleute in der Lage, ihre Arbeit unter Tage mit weniger körperlicher Anstrengung, sicherer und effizienter zu erledigen. Schon damals war J. Diederich Neuhaus überzeugt, dass sich das Druckluft-Hebezeug in vielen verschiedenen Anwendungsbereichen, in denen Explosionsgefahr bestand, durchsetzen würde. Heute kommen Druckluft-Hebezeuge aus Witten-Heven in Ex-Schutzbereichen vieler Branchen und unter durchaus rauen Bedingungen zum Einsatz. Ihren festen Platz haben sie beispielsweise in der On- und Offshore-Industrie.

So waren und sind es bis heute Erfindergeist und das Gespür für die Erfordernisse des Marktes, die bei J.D. Neuhaus im Mittelpunkt des unternehmerischen Denkens und Handelns stehen. Das umfangreiche Produktportfolio explosionsgeschützter Laufkrane, Hängekrane sowie Schwenk- und Drehkrane, ist der beredte Beleg dafür. Aber es sind nicht nur innovative Hebezeuge und Kranlösungen, die im selbstgeschriebenen Pflichtenheft des Unternehmens stehen.

Die neue Zeit

Ehrgeizige und in die Zukunft gerichtete Ziele steckte sich Wilfried Neuhaus-Galladé, als er 1995 in siebter Generation, die Leitung des Hebezeugherstellers übernahm. Dabei war der Start zunächst steinig. Der Bergbau, einer der wichtigsten Absatzmärkte jener Zeit, hatte in Deutschland längst nicht mehr den Stellenwert wie in den zurückliegenden Jahrzehnten. Viele Zechen wurden geschlossen, eine komplette Industrie stand vor dem Aus. Mit den entsprechenden Auswirkungen auf das Geschäft von J.D. Neuhaus. Eine große Herausforderung für den neuen Geschäftsführer – und zugleich eine Chance. Mit ausgeprägtem Managementwissen und einem engagierten Team gelang es, neue Märkte zu gewinnen und neue Anwenderbranchen im In- und Ausland zu erschließen. Der Aufbau einer weltweiten Vertriebsorganisation mit Tochtergesellschaften in den USA, Frankreich, Großbritannien und Singapur steigerte den Exportanteil im Laufe der Jahre auf heute mehr als 80 Prozent. In den Kundenbüchern stehen Unternehmen aus 70 Branchen in 90 Ländern der Erde.

Bis zu 8.000 Hebezeuge verlassen die Werkshallen in Witten-Heven jedes Jahr. Einen bedeutenden Anteil an diesem Erfolg hatten innovative Produktentwicklungen. Dazu gehörten u.a. die ex-geschützten Drucklufthebezeuge der Profi-Baureihe, die das Tragfähigkeitssegment von 250 kg bis 100 Tonnen für Einsätze unter härtesten industriellen Bedingungen abdecken.

Aber es sind nicht allein die globale Ausrichtung und die Entwicklung und Fertigung innovativer Hebezeug-Baureihen, die den Erfolgskurs des Unternehmens unter der Führung von Wilfried Neuhaus-Galladé bis heute bestimmen. Ein wichtiges Anliegen war und ist für ihn der kontinuierliche Verbesserungsprozess in Fertigung und Organisation.

Modernität und Innovation als Treiber

So wurde in den ersten Jahren unter seiner Führung damit begonnen, die Fertigung zu modernisieren. Die angestrebte Effizienzsteigerung ließ nicht lange auf sich warten und war in vielerlei Hinsicht ein wichtiger Schritt in die neue Zeit. Sie trug, neben der Kernkompetenz zur Entwicklung innovativer Drucklufthebezeuge, maßgeblich dazu bei, dass J.D. Neuhaus in den vergangenen drei Jahrzehnten die Weltmarktführerschaft im Bereich der pneumatischen und hydraulischen Hebezeuge erreichte. Heute sei der Maschinenpark mit modernen Anlagen eine hohe Benchmark in der Branche.

Diese Erfolge wären jedoch ohne die engagierten Mitarbeiter in allen Bereichen des Unternehmens nicht möglich gewesen. Und dass es für den Hersteller keinen Stillstand gibt, beweist die Entwicklung der neuen Serie mini. Die kompakten Druckluft-Hebezeuge mit integriertem NFC-Tag und Service-App sind branchenweit einzigartig. Im Vergleich zum Vorgängermodell ließ sich der Wirkungsgrad optimieren, und der Betreiber profitiert von spürbar reduzierten Gesamtbetriebskosten. Mit der Entwicklung der Serie konnte das Unternehmen v.a. in den Bereichen Automotive, Food, Pharma und der chemischen Industrie zusätzliche Marktanteile gewinnen.

So verfolgt J.D. Neuhaus auch im 275. Jahr nach Gründung einen klar gesteckten Kurs aus Tradition, Innovation und Zukunftsorientierung, oder, mit den Worten von Wilfried Neuhaus-Galladé: In all unserem Denken und Handeln stehen wir in der Verpflichtung gegenüber unserer 275-jährigen Tradition der Innovation.“