Reform der Gebäudeförderung Drinkuth: "Für den Klimaschutz im Gebäudesektor ein fatales Signal."

Die Bundesregierung will die Förderung von Energieeffizienz in Gebäuden einfacher, klarer und verlässlicher gestalten und auf den größten Effekt für Energieeinsparung und Klimaschutz ausrichten. GFF sammelt die Reaktionen auf die beschlossenen Änderungen.

Fördermittel
Die Bundesregierung will die Förderung von Energieeffizienz in Gebäuden einfacher, klarer und verlässlicher gestalten. - © stock.adobe.com – magele-picture

Schwerpunkt der Förderung wird die energetische Sanierung sein. Ziel sei, dass möglichst viele Menschen vom Förderprogramm profitieren, damit sie Energiefresser wie alte Fenster, Türen und Gasheizungen austauschen, Häuser und Wohnungen sanieren und so Energiekosten einsparen. Deshalb wird die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) neu aufgestellt. Die entsprechende Reform hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) heute nach Abstimmung mit den betroffenen Ressorts der Bundesregierung vorgelegt.

Die Änderungen wurden am 27. Juli 2022 per so genannter Änderungsbekanntmachung im Bundesanzeiger veröffentlicht und sind ab dem 28. Juli 2022 in gestufter Reihenfolge in Kraft getreten. Ab dem 28. Juli 2022 greifen die neuen Förderbedingungen für Anträge auf Komplettsanierungen bei der staatlichen Förderbank KfW. Für Einzelmaßnahmen bei der Sanierung, wie den Fenstertausch, gelten die neuen Förderbedingungen für die Antragstellung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ab dem 15. August 2022. Die Neubauförderung wird dann in einem weiteren, späteren Schritt vom Bundesbauministerium in enger Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium für das Jahr 2023 umgestaltet.

Beispiel Fensteraustausch:
Früher lag der Fördersatz bei bis zu 25 Prozent, nach der Reform bei zirka 20 Prozent. Früher konnte man zirka 15.000 Euro beim Fensteraustausch bekommen, nach Reform sind es 12.000 Euro.

Bis zur Neukonzipierung der Neubauförderung läuft das Programm EH 40 Nachhaltigkeit bis Jahresende weiter. Hier gibt es für dieses Jahr aktuell erst mal nur Folgeanpassungen, das heißt, Anpassungen, die aus den Änderungen bei der Sanierung resultieren und zum anderen die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel abbilden.

Die komplette Pressemitteilung des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit den Details finden Interessierte hier.

Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte

Die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle hat die wesentlichen Inhalte zusammengefasst und mit einer Pressemitteilung in Form eines Statements (siehe unten) reagiert. Eine Information der KfW finden Interessierte hier.

  • Die Fördersätze werden um fünf bis zehn Prozent-Punkte abgesenkt
  • Neue Eingangsförderstufe bei der Effizienz-Sanierung ist das EH 85 – der EH 100-Standard entfällt, auch der entsprechende Erneuerbare Energien-Standard
  • Ein Heizungs-Tausch-Bonus für Gaskessel wird eingeführt und jegliche Förderungen von gasverbrauchenden Anlagen gestrichen
  • Ab dem 28. Juli 2022 greifen die neuen Förderbedingungen für Anträge auf Komplettsanierungen bei der staatlichen Förderbank KfW.
  • Ab dem 15. August 2022 Umstellung der Förderbedingungen bei den Einzelmaßnahmen der Sanierung beim BAFA.
  • Mit der Reform der BEG werden jährliche Bewilligungen von 13 bis 14 Milliarden Euro möglich bleiben, davon etwa zwöl bis 13 Milliarden Euro für Sanierungen.

Reaktionen auf die angekündigte Reform

Die von der Bundesregierung vorgelegte Reform der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG) besteht aus zu vielen Kürzungen und läuft so in die falsche Richtung. Dieses Programm ist sowohl für die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten als auch für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung. Aber statt die Förderung – wie kürzlich im Klimaschutzsofortprogramm angekündigt – attraktiver zu machen und mehr Mittel bereit zu stellen, hat sich die Bundesregierung für das Gegenteil entschieden: Fördersätze werden gekürzt und bestimmte Optionen wie Zuschüsse für umfassende Sanierungen ganz gestrichen, damit die eingeplanten Mittel für mehr Anträge reichen. Dass aus dem verfügbaren Förderbudget 12 bis 13 Milliarden Euro komplett für die Sanierung reserviert werden sollen, wird ausdrücklich begrüßt. Ob diese Rechnung aufgeht und so die erhoffte Dynamik im Sanierungsmarkt entsteht, ist zumindest fraglich.

Der Rückschnitt der Förderung trifft mit ohnehin ungünstigen Marktbedingungen für Neubauten und Sanierungen zusammen: Inflation, Zinsanstieg und durch die hohen Energiepreise steigende Baukosten wirken sich negativ auf die Investitionsbereitschaft und auf die finanziellen Möglichkeiten vieler Eigentümer/-innen aus. Auch wenn die hohen Energiepreise im Gegensatz dazu eigentlich zu Sanierungsmaßnahmen motivieren sollten, entsteht in Summe ein äußerst unsicherer Markt. In einer solchen Situation sollte die Regierung eigentlich Verantwortung zeigen und – zumindest kurzfristig – starke Förderimpulse setzen.

Grundsätzlich begrüßt die RTG, dass die Förderhöhen für Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle nicht reduziert worden sind. Es wurde jedoch die Chance vertan, umfassende Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle vergleichbar hoch zu fördern wie den Umstieg auf eine erneuerbare Heizung: Energieeffizienz und erneuerbare Energien tragen in gleichem Umfang zum klimaneutralen Gebäudebestand bei. Doch der Fördersatz für Maßnahmen an der Gebäudehülle liegt nach wie vor nur halb so hoch wie der für den Umstieg auf eine Wärmepumpe. Das ist für die Energiewende im Gebäudesektor kontraproduktiv.

Manche Aspekte der neuen Förderung sind zwar nachvollziehbar, beispielsweise die Erhöhung der Sanierungsstandards und insbesondere der Bonus für die energetisch schlechtesten Gebäude. Aber die Wirksamkeit des Gesamtpaketes steht durch die Verschlechterung der Förderanreize in Frage. Für den Klimaschutz im Gebäudesektor ist das ein fatales Signal.

Thomas Drinkuth, Leiter der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG)

Der verkündete Stopp der Förderung von EH-100-Sanierungen und die Anpassung der Fördersätze nach unten ist genau das Gegenteil von dem, was eigentlich notwendig wäre: Eigentümer und Eigentümerinnen bräuchten eine höhere Förderung anstelle einer niedrigeren, wenn man den Umstieg von fossilen auf regenerative Energien ernst meint.

Es ist zwar richtig, angesichts von Energiekrise und Klimawandel auf die Sanierung des Gebäudebestands zu setzen. Auch die bisherige Sanierungsquote von rund einem Prozent ist zu niedrig. Aber der vom Bundeswirtschaftsministerium eingeschlagene Weg ist falsch. Das betrifft auch die Streichung des Bonus für den individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP). Denn damit erhalten Gebäudeeigentümer umfassende Informationen zur Sanierung ihrer Immobilien. Weitere und höhere Investitionen werden dadurch angeregt.

Die Verunsicherung der Menschen ist derzeit groß – und sie wird bei dieser Politik noch größer. Wie sollen sich Eigentümer von Einfamilienhäusern eine energetische Sanierung noch leisten können, wenn die Fördersätze gesenkt werden? Und mit dem Einbau von Wärmepumpen und dem Austausch von Fenstern und Türen ist es leider nicht getan. Hier irrt das Ministerium. Die Dämmung der Gebäudehülle, d.h. sowohl der Außenwände als auch von oberster und unterster Geschossdecken ist zur Erreichung der geforderten Standards unbedingt notwendig.

Daher wird der Schuss nach hinten losgehen: Es wird weniger saniert werden! Investitionen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Das Wirtschaftsministerium tut derzeit alles dafür, diesen Grundsatz zu verletzen.Auch die Tatsache, dass für den Neubau noch keine verlässlichen Förderbedingungen für 2023 vorliegen, wird zumindest private Häuslebauer vom Bauen abhalten. Aber vielleicht ist das ja das eigentliche Ziel grüner Politik.Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die alten Förderbedingungen in Kraft zu lassen. Am besten und viel einfacher wäre es ohnehin, energetische Sanierungsmaßnahmen mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz zu belegen.

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe

Wenn jede Kilowattstunde zählt, wie Bundesminister Habeck immer wieder betont, ist jede Form der Verunsicherung schädlich. Der schnelle Ersatz von Gasheizungen ist wichtig, reicht alleine aber nicht aus. Die Gebäude müssen insgesamt deutlich mit dem Verbrauch runter, damit er kostengünstig und schnell erneuerbar gedeckt werden kann. Statt uns schnellstmöglich und nachhaltig aus Putins Klammergriff zu befreien, sendet die Bundesregierung jetzt das Signal, dass man anscheinend lieber auf Jahre mit immer neuen Entlastungspaketen zu hohe Energieverbräuche und damit Gasimporte subventionieren möchte.

Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF)

Um die Sanierungsquote zu erhöhen und die von der Bundesregierung gesteckten Klimaziele zu erreichen, ist eine Absenkung der Fördersätze und die Streichung einzelner Förderprogramme absolut kontraproduktiv. Ingenieurinnen und Ingenieure sind ein relevanter Motor für die Gebäudesanierung und die Erreichung der damit verbundenen Klimaschutzziele. Mit der kurzfristen Änderung der Förderung energetischer Gebäudesanierung geht jedoch jede Planungssicherheit verloren. Daher hätten wir uns statt einer scheibchenweisen Reform der BEG, die Bauherren und Planer verunsichert, eine einheitliche Reform gewünscht, wie sie ursprünglich zum 1. Januar 2023 angekündigt war.

Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer

Es ist völlig unverständlich, dass das Bundeswirtschaftsministerium sämtlichen gasbasierte Heizungen die Förderung streicht – zukünftig somit auch Heizungen, welche ganz oder teilweise mit erneuerbaren oder dekarbonisierten Gasen betrieben werden. Selbst Hybridheizungen, die den Einsatz von Wärmepumpen in Kombination mit einem Spitzenlastkessel in Bestandsgebäuden mit hohen Heizlasten überhaupt erst ermöglichen, sind vom Förderstopp im Programm "Einzelmaßnahmen" betroffen.

Die Entscheidung des BMWK überrascht insbesondere vor dem Hintergrund, dass es noch vor einer Woche in einem Konzept zur Umsetzung des 65 Prozent-Erneuerbaren-Ziels für neue Heizungen auch gasbasierte Heizoptionen berücksichtigt und zur Umsetzung des Konzepts die Unterstützung über das BEG angeregt hat. Hier widerspricht sich das Ministerium selbst.

Klar ist: Für eine erfolgreiche Wärmewende braucht es die Einbeziehung aller Wärmeversorgungsoptionen. Nur so kann mit Blick auf die Vielfalt der Gebäude in Deutschland, deren Infrastrukturen und die Sanierungsraten die jeweils individuell passende Lösung für Eigentümer und Gebäude gefunden werden. Insbesondere mit Blick auf die zukünftig vorgesehene kommunale Wärmeplanung sollte keine Wärmeversorgungsoption aufgrund fehlender Förderung in der Umsetzung erschwert werden. Ohne eine ganzheitliche Betrachtung werden unnötig Kosten produziert. Zudem gibt es keine "fossilen Gasheizungen", nur "fossile Energieträger". Der Förderstopp für gasbasierte Heizungen ist daher ein Fehler, den das Bundeswirtschaftsministerium schnellstmöglich korrigieren sollte.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung