Floatglasproduktion live bei Saint-Gobain Wo sich Glas auf Zinn bettet

Aus Anlass des Wirtschaftspressegesprächs des Bundesverbands Flachglas (BF) hat Saint-Gobain Glass (SGG) einen Einblick in die Floatglasproduktion in Köln-Porz gewährt. Wie aus einem heißen Glasfluss feste Scheiben entstehen, lesen Sie hier.

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    © Saint-Gobain Glass
    Aus Sand, Soda, Dolomit und Kalzium entsteht bei 1.650 Grad Celsius Glas.
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    Im Kühlofen sinkt die Temperatur des Glasbandes auf etwa 60 Grad Celsius ab.
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    Die Maschine schneidet das Glasband in Scheiben von bis zu 18 Meter Länge.

Mit schweren Schuhen, einer quietschgelben Warnweste, einer Plastikbrille und einem gelben Helm bekleidet, betrete ich zusammen mit anderen Journalisten die Halle der Floatglasproduktion von SGG in Köln-Porz. Ich laufe gegen eine dicke Wand aus heißer Luft, die mich fast sofort zum Schwitzen bringt. „Wenn wir in der Halle sind, bitte absolut nichts anfassen. Wir arbeiten dort mit sehr hohen Temperaturen“, warnte SGG-Vertriebsleiterin Daniela Mamet zuvor. „Wir sind aktuell bei 938 unfallfreien Tagen. Wieder bei null anfangen möchte niemand.“

Ich folge ihr und SGG-Marketing Director Martin Stadler durch die Halle, in der die knapp einen Kilometer lange Floatglasanlage steht. Wir begegnen nur wenigen Mitarbeitern, die Mamet freundlich grüßen. „Nur eine geringe Anzahl von Menschen zu sehen, ist ein gutes Zeichen“, sagt sie. Dann laufe alles problemlos bei der Produktion. Was kann passieren? „Im schlimmsten Fall geht z.B. das Glasband verloren, was zum Stillstand der Anlage führt“, erklärt Mamet. „Dann staut sich das Glas, und Mitarbeiter müssen das Band händisch mit Metallhaken wieder einspannen“, ergänzt Stadler. Das muss schnell gehen. Denn Floatanlagen sind normalerweise 24 Stunden am Tag und 365 Tage pro Jahr in Betrieb. Wenn die Produktion stoppt, ist die Anlage oft nicht mehr zu gebrauchen.

Die Quelle des Glasflusses

Rohstoffe wie Sand, Soda, Dolomit und Kalzium gelangen über die Einlegemaschine als Gemisch in die Schmelzwanne. Täglich werden etwa 1.000 Tonnen Gemenge zu 900 Tonnen Glas verarbeitet. Beim Schmelzvorgang herrschen 1.650 Grad Celsius. Das spürt man in der Halle. Ein Blick hinein in die Schmelzwanne – den Urquell des Glasflusses – ist nicht erlaubt. „Das ist zu gefährlich“, sagt Mamet. Orangefarbenes Licht, das noch aus mehreren Metern Entfernung sichtbar aus dem Becken strahlt, verrät, wie heiß es im Inneren ist. Von dort fließt das Glas zur Läuterung in die Abstehwanne. Dann beginnt der eigentliche Floatprozess. Aus dem Gemisch, das sich zu dem Zeitpunkt in der Schmelzwanne befindet, entsteht später Diamantglas, extra-klares Glas mit hoher Transparenz und sehr schwacher Eigenfarbe. „Es ist im Verkauf teurer als das herkömmliche Produkt, da wir bei einem Gemischwechsel ein paar Tage lang Scherben produzieren, bis das richtige Mischverhältnis erreicht ist“, sagt Mamet.

Der Fluss ergießt sich anschließend auf ein 700 Grad heißes Zinnbad. Der Bereich ist abgeriegelt und nur über Kameras einsehbar. Das Glas verbindet sich nicht mit dem Material, sondern schwimmt darauf und breitet sich wie ein Film gleichmäßig aus. Transportrollen bringen die abgekühlte, kaugummiartige Masse durch verschiedene Winkel und Geschwindigkeiten auf Dicken von 2,9 bis 19 Millimeter. „Einen Einfluss auf die Dicke nimmt auch, wie viel Gemenge ich einlege, wie viel Material ich in den Floatprozess gebe und wie schnell ich das Glas aus dem Floatglas herausziehe“, ergänzt Mamet, als wir in einem Raum voller Bildschirme stehen, über die Facharbeiter jeden einzelnen Arbeitsschritt überwachen.

Wandel zur festen Scheibe

Am Ende des Floatbeckens wird das Glas vom Metallbett abgehoben. An diesem Punkt ist der Fluss zum harten Band geworden. Um weiter abzukühlen, führt der Weg durch einen Rollenkühlofen mit etwa 200 Meter Länge. Dort sinkt die Glastemperatur langsam auf etwa 60 Grad Celsius. Es folgt eine Qualitätskontrolle mittels eines Laserstrahls. „Glas ist ein Produkt aus natürlichen Rohstoffen. Makel sind nicht auszuschließen“, sagt Mamet. Fehlerhaftes Glas landet als Verschnitt wieder in der Produktion und wird erneut mit weiteren Rohstoffen eingeschmolzen. „Wir haben eine Fehlerquote von zirka zehn Prozent“, erklärt Mamet. SGG produziere hierbei schärfer als die Norm, um Kundenwünschen gerecht zu werden.

Als ein Glasschneider das Glas band noch in der Bewegung anritzt, erklärt Mamet, dass das Werk in Köln-Porz zu den wichtigsten für SGG zählt. „Es ist das Einzige, das Glas mit einer Länge von 18 Meter herstellen kann.“ Ein paar Meter weiter bricht das Glas durch einen geplanten Höhenunterschied am Band direkt entlang der Einkerbung. Düsen sprühen eine feine, unsichtbare Schicht Superol-Pulver auf die fertigen Scheiben. „Sonst kleben sie wie Magnete aneinander, wenn man sie stapelt“, erklärt die Vertriebsleiterin. Große Maschinen mit Drucksaugnäpfen heben die Scheiben im Anschluss vom Band. Das Glas kommt zum ersten Mal zur Ruhe. In Paketen wird es gesammelt und wartet auf seine Weiterverarbeitung. Und ich warte darauf, die heiße Halle zu verlassen, denn langsam habe ich das Gefühl, zu schmelzen.