Unterschiedliche Aussagen zur Zulässigkeit angefertigter statischer Nachweise Wer darf eine Glasstatik erstellen?

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Um statische Nachweise über Gläser im Geltungsbereich der DIN 18008 zu erstellen, muss man kein Bauingenieur oder Tragwerksplaner sein, klärt Glasermeister und ö.b.u.v. Sachverständiger Lorenz Burger auf. Allerdings haftet der Ausführende vollumfänglich für seine Berechnungen.

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    Lorenz Burger ist Glasermeister sowie ö.b.u.v. Sachverständiger für Glas, Verglasung und Fensterbau.
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    Glasbau-Praxxis - Konstruktion und Bemessung
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    DIN 18008: Grenzzustände des Glases ermittelt dem Sachverständigen zufolge jeder, der sich dazu befähigt fühlt.

Immer wieder höre ich diese Frage: Was stellt das eigentlich dar, wenn ein Glasermeister, Fensterbauer, Metallbauer oder Glashersteller mit den einschlägigen Programmen Glasdicken und Glasaufbauten rechnerisch nachweist und festlegt? Eines steht schon mal fest. Wenn Glashersteller Glasaufbauten bekannt geben, stellt dies keinesfalls eine prüfbare Statik dar. In 90 Prozent aller Fälle haben die Glashersteller nicht alle Angaben, um sicher rechnen zu können. Außerdem läge dann auch die rechtliche Haftung bei ihnen. Diese Angaben sind also lediglich unverbindliche Empfehlungen. Auch Tabellenablesungen, wie z.B. im Tabellenbuch Isolierglas, stellen keinen statischen Nachweis dar, sondern geben Glasdicken auf der sicheren Seite liegend unverbindlich bekannt.

Tragwerksplanung versus Glasstatik

Die Aussage, dass in Deutschland nur ein bei der Ingenieurkammer als Nachweisberechtigter eingetragener Ingenieur eine statische Berechnung erstellen darf, ist in dieser pauschalen Form falsch.

Am Ende kommt man zu dem Resultat, dass der rechnerische Nachweis des Glases noch keinen Nachweis eines Tragwerks darstellt, sondern den Grenzzustand des Glasprodukts in einer dafür geplanten Konstruktion.“

Wenn es sich um eine Konstruktion handelt, bei der die Statik zu prüfen ist, kann im Prinzip jeder die Statik aufstellen. Dies ist ab der Gebäudeklasse 4 der Fall. Die Statik muss eben nur richtig, vollständig und prüfbar sein. Schon komplizierter stellt sich die Sachlage bis zur Gebäudeklasse 3 dar. Hier entfällt das Vier-Augen-Prinzip und es ist kein Prüfstatiker eingeschaltet. Also haftet der Ersteller der Statik in vollem Umfang für die Richtigkeit seiner Berechnungen. Hier ist unbedingt der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung erforderlich. Mittlerweile ist es in Deutschland so, dass nur ein bei der Ingenieurkammer als Nachweisberechtigter eingetragener Ingenieur eine statische Berechnung als „baurechtlich erforderliche Bauvorlage“ erstellen darf.

Was macht eigentlich der Statiker und wer ist diese Person? Vernünftigerweise ist er Bauingenieur mit entsprechender Ausbildung und mit der Berufserfahrung als Tragwerksplaner. Wie der Name schon sagt: Er plant ein Tragwerk – ein Tragwerk, auf dem man Häuser baut, also Grund und Boden, Decken, Dachstühle usw. Alles dies sind Tragwerke.

DIN 18008: Grenzzustände des Glases ermitteln

Was machen die Anwender von Glas? Sie erstellen rechnerische Nachweise für Gläser, die als nicht tragende Bauteile ausfachend angeordnet werden. Auch das stellt besondere Anforderungen an die Berufserfahrung und die Ausbildung, schlicht an die Kenntnisse in der Statik. In der Meisterausbildung steht das Fach Statisch wirksame Glaskonstruktionen auf dem Lehrplan.

Aber Vorsicht: Ein Windfang, Ganzglasanlagen oder eine Schleuse, aus Glas und punktgehalten, wie man sie oft in Eingangsbereichen von Bürogebäuden, Kirchen, Krankenhäusern usw. sieht, sind tragende Konstruktionen und von einem erfahrenen Tragwerksplaner zu berechnen und nachzuweisen.

Was ist nach DIN 18008 Gegenstand einer Glasstatik?

Anders sieht es jedoch bei statischen Nachweisen für alle anderen Verglasungen aus. In der DIN 18008-1 wird Folgendes festgelegt: „Falls in den nachfolgenden Teilen der Norm nichts anderes bestimmt wird, sind Anforderungen an die Haltekonstruktion (Glasleiste, Unterkonstruktion, Befestigung am Gebäude) nicht Bestandteil dieser Norm.“ Will heißen, dass die Haltekonstruktion (Dachsparren, Stahlträger, Glasleisten usw.), die Unterkonstruktion (Punkthalter, Linienlager) und/oder Befestigung am Gebäude (Zugstangen, Vordachschwerter usw.) nicht Gegenstand einer Glasstatik sein können.

Eine sog. Glasstatik darf jeder erstellen, der sich dazu befähigt fühlt. Nur sollte er sich darüber im Klaren sein, dass er für seine Leistungen auch vollumfänglich mit allen Konsequenzen haftet.“

Die Glasstatik beschreibt nur das Verhalten einer Glasscheibe in einer bestimmten Konstruktion und/oder Halterung, wobei das Ergebnis der Glasaufbau und die Glasdicke sind. Dies ist eine prüfbare statische Nachweisführung mit dem Ergebnis, Grenzzustände von Glas hinsichtlich der Durchbiegung und der Spannung zu ermitteln. Man stellt die Einwirkung (Last) dem Widerstand des Glases (Spannung, Durchbiegung) gegenüber. Sucht man in Gesetzeswerken, wie z.B. in den Landesbauordnungen, nach Vorschriften, wer eine Statik erstellen darf, wird man nicht fündig werden. Nur wer eine Statik, und damit meine ich ein Tragwerk, plant und nachweist, muss eine dementsprechende Ausbildung nachweisen. Die geforderte drei- bis fünfjährige Berufserfahrung ist notwendig, damit eine Statik für ein einfaches Gebäude nicht geprüft werden muss.

Schlussfolgerung: Rechnen Sie, aber mit Bedacht

Schlussendlich kommt man zu dem Ergebnis, dass ein rechnerischer Nachweis des Glases keinen Nachweis eines Tragwerks darstellt, sondern einzig den Grenzzustand des Glasprodukts in einer dafür vorgesehenen Konstruktion. Eine sog. Glasstatik darf also jeder erstellen, der sich dazu befähigt sieht. Nur muss sich dann auch jedermann im Klaren darüber sein, dass er für seine Ausführungen vollumfänglich haftet, mit allen etwaigen juristischen Konsequenzen.