Skype-Interview mit GFF BW Was gibt es Neues, Herr Sieber?

In dieser Ausgabe des GFF-Skypegesprächs saß Glasermeister Jürgen Sieber für uns vor der Webcam und spricht über Themen, die für die Branche wichtig sind. Es geht um Asbest und die mögliche Beitragserhöhung für den Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks (BIV).

LIM Jürgen Sieber beim Skype-Interview mit Redakteurin Andrea Mateja - © Sieber/Alléonard

Im ländlichen Stetten am kalten Markt befindet sich der Meisterbetrieb von Glasermeister Jürgen Sieber – dort hat der Vorsitzende des Fachverbands Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg ( GFF BW) GFF-Chefredakteur Reinhold Kober für unser Skype-Interview empfangen.

Bei der Frage, was für die Branche wichtig ist, hat Sieber prompt eine Antwort parat: „Asbest. Das Thema hat für uns gerade höchste Priorität.“ Der nationale Asbestdialog in Berlin steht in diesem Herbst erneut an und GFF BW-Mitglied Thomas Wagner nimmt dort in seiner Funktion als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Böblingen teil. „Wenn die Landesregierung uns bzw. die Handwerksverbände zu diesen Gesprächen einlädt, wird nicht nur Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Das bedeutet vielmehr, dass wir uns auf Neuerungen einstellen müssen und die Behörden mit dem Thema in Zukunft an die Öffentlichkeit gehen.“ Asbest ist auch heute noch in so manchem Fensterkitt, in Fliesen- oder Tapetenkleber, im Estrich oder in Bitumenabdichtungen vorhanden – schließlich kam es erst in den 1990er-Jahren zum Verbot. Für manche Handwerker stellt sich da die Frage: Was hat das mit meinem Gewerk zu tun? „Angenommen Sie tauschen ein Fenster aus und fräsen in die Tapete ein, dann zerstäuben Sie womöglich vorhandene Asbestfasern – und dann sind Sie für die Reinigung verantwortlich“, erklärt Sieber. Im Übrigen dürfen Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten, bei denen Asbestprodukte vorkommen, nur vorgenommen werden, wenn ein Asbestschein vorliegt.

Gegenwärtig gibt es nur im Fensterkitt und damit bei dementsprechenden Reparaturverglasungen eine geregelte Methode zum Umgang mit Asbest. Sieber lobte das Verfahren, das Glasermeister Hermann Fimpeler, stellvertretender Bundesinnungsmeister des Bundesinnungsverbands des Glaserhandwerks (BIV), entwickelt hat und das auch die Berufsgenossenschaft freigegeben hat. Der GFF BW hat sich nun vorgenommen, den nächsten Schritt zu gehen und ein Äquivalent für den Fenstertausch hinzukriegen. Der Verband will ein Verfahren entwickeln, um Fensterrahmen aus der Wand zu lösen, ohne dass sich Asbestfasern aus Fliesen- oder Tapetenkleber lösten.

BIV-Beitragserhöhung

Der Vorstand des BIV hat bei der vergangenen Mitgliederversammlung in Erfurt einen Vorschlag für eine Beitragserhöhung unterbreitet. Bei den Delegierten des GFF BW sorgte dies für Unmut. „Bevor man nach mehr Geld ruft, ist es aus unserer Sicht erst einmal nötig, interne Reformen und Einsparungen vorzunehmen – und die Zahlen offenzulegen“, sagt Sieber. Der GFF BW habe es vor einiger Zeit selbst geschafft, eine Beitragserhöhung durch Umstrukturierungen zu umgehen. „Wir fragen jetzt erst mal bei unseren Innungen nach, wie sie zur Beitragserhöhung stehen und welchen Nutzen sie im BIV überhaupt sehen, und entscheiden dann gemeinsam mit ihnen, wie es weitergeht“, erklärt Jürgen Sieber.

Rund um den Berufsbildungsstandort Karlsruhe

Die Kooperation zwischen dem GFF BW und der Berufsakademie im niedersächsischen Melle ist schon in Gang. „Wir sind akkreditiert – und Absolventen unserer Meisterschule haben so bereits zwei Semester des Bachelor-Studiengangs Fenster- und Fassadenbau geschafft“, sagt Sieber. Es bestehe dabei ebenfalls die Option, zuerst das Studium in Melle zu beginnen und dann nach Karlsruhe zu kommen. Aktuell gebe es eine Kandidatin aus Melle, die in Karlsruhe lernt. „Und wir haben einen Meisterschüler, der voraussichtlich nach seinem Meistertitel nach Melle geht“, weiß Sieber.

Dass die Karlsruher Werner-Stober-Stiftung sich 2016 dazu entschieden hat, die Meisterausbildung an der Fachschule GFF mit einem Stipendium zu unterstützen, ist ein Beweis dafür, dass der GFF BW mit seinen Bemühungen auf einem guten Weg ist. „In diesem Jahr hat die Stiftung die Summe für das Stipendium sogar noch einmal erhöht, 5.000 Euro erhält unser Meisterschüler Nicolai Kaupa“, sagt Sieber. Maßnahmen wie Stipendien seien wichtig, um die Ausbildung im Handwerk attraktiver zu machen. „Mittelfristig entwickelt sich der Fachkräftemangel im Handwerk zu einem massiven Problem“, sagt er. „Von heute an bis in fünf Jahren werden 200.000 Handwerksbetriebe vom Markt verschwinden. Es schließen mehr Betriebe wegen fehlender Mitarbeiter als durch Insolvenzen.“

Um mehr Aufmerksamkeit zu generieren, ist der GFF BW auch auf Facebook aktiv – und das mit Erfolg. „Wir haben mehr als 700 Abonnenten für unseren Kanal, das ist eine höhere Summe als die Mitgliederzahl in unserem Verband“, sagt Sieber. Dieser Erfolg sei darauf zurückzuführen, dass der Verband seit Januar immer wieder kleine Filme für Facebook dreht, in denen Mitarbeiter erklären, was es z.B. mit dem Asbestseminar auf sich hat. „Videos erreichen mehr Menschen als Textbeiträge – da liegen wir bei manchen Filmen bei 1.200 erreichten Personen.“ Der Verband will online weiter wachsen und denkt über Webinare nach, um Themen zu behandeln, die wichtig sind, aber für deren Abhandlung sich keine Reise nach Karlsruhe lohnt.

Verbrannte Fenster – jetzt auch in Deutschland

Auf den GFF-Praxistagen lockt Sieber mit einem interessanten Vortrag über gelbe und schwarze Verfärbungen bei Kunststoffprofilen und deren mögliche Ursachen. Dabei zeigt der LIM ganz neue Schadensbilder. „Verbrannte Fenster, wie sie sonst eigentlich nur in Ländern wie Dubai vorkommen, gibt es jetzt auch in Deutschland“, sagt Sieber. Auslöser seien die Hitzespitzen der vergangenen Jahre in ungünstiger Kombination mit Aluminiumfensterbänken mit Metalllack, die wie ein Spiegel wirken. „Das ist bislang noch nicht extrem häufig vorgekommen, aber doch oft genug, um erschreckend zu sein!“