Skype-Interview mit dem GFF BW Was gibt es Neues, Herr Gastel?

Dieses Mal stellt sich Glasermeister Wolfgang Gastel, Vize-LIM in Baden-Württemberg, den Fragen der Redaktion. Mit GFF spricht er u.a. über den Nachwuchsmangel, die GFF-Praxistage und die geplante BIV-Beitragserhöhung.

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    Wolfgang Gastel, Vize-LIM in Baden-Württemberg, und Andrea Mateja beim Skype-Interview mit Redaktionsvolontär Christian Lunkenheimer
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    © Florian Faab
    Christian Lunkenheimer, GFF-Redaktionsvolontär, im Gespräch mit Wolfgang Gastel vom Fachverband GFF BW und GFF-Kollegin Andrea Mateja

Politik liegt Wolfang Gastel. Das ist nicht nur ein Gefühl, welches im Gespräch mit ihm aufkommt, das zeigen seine Aufgaben als stellvertretender Vorsitzender im Vorstand des Fachverbands GFF Baden-Württemberg ( GFF BW) sowie als Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften in Baden-Württemberg. Zudem sitzt er im baden-württembergischen Handwerkstag (BWHT).

Imagekampagne für das Handwerk

Als Gastel davon berichtet, dass er am Abend des Skype-Gesprächs (29. Juli) zu einer Podiumsdiskussion mit der baden-württembergischen Kultusministerin – und mittlerweile CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2021 – Susanne Eisenmann eingeladen ist, ist man einerseits erstaunt, aber gleichzeitig doch nicht allzu verwundert. Bei der Diskussionsrunde soll es um das Thema des Nachwuchsmangels im deutschen Handwerk gehen, weshalb ebenfalls ein Ausbildungsleiter und zwei Lehrlinge teilnehmen.

Im Moment fehle es dem Handwerk an ausbildungsfähigen Jugendlichen. Vertreter des Handwerks haben bereits begonnen, Jugendliche, die schon im Handwerk arbeiten, dazu zu befragen, wie sie in die Branche gekommen sind. Parallel dazu resümierten die Vertreter, was das Handwerk selbst tat, um jugendliche Nachwuchskräfte anzuwerben und was dabei konkret herausgekommen ist.

Seit 2010 feilt das Handwerk mit einer bundesweiten Kampagne an seinem Image. Das Ziel ist es, das Handwerk stärker in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken und ein zeitgemäßes und modernes Bild des Berufsfelds zu vermitteln. „Die Imagekampagne des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) befindet sich mittlerweile in der dritten Stufe“, berichtet Gastel. Es gehe gegenwärtig darum, zu zeigen, was Handwerk heutzutage eigentlich ausmache und wie es sich durch die Digitalisierung verändert habe. Dies sei in der Wahrnehmung der heutigen Jugend noch nicht vollständig ins Bewusstsein gedrungen. „Viele junge Leute stellen sich das Handwerk vor, wie es in ihrer Großeltern-Generation ausgesehen hat. Das nimmt natürlich eine gewisse Attraktivität“, sagt Gastel. Um Jugendliche vom Gegenteil zu überzeugen, sei es wichtig, sich mit ihnen zu befassen und in ihrer Sprache zu kommunizieren. Sie erfahren ihre Informationen z.B. nicht mehr hauptsächlich aus der Zeitung. Soziale Medien spielen eine immer größere Rolle. Die momentan beste Werbung für Betriebe ist es laut Gastel, die Kommunikation der Jugendlichen untereinander für sich zu nutzen.

Ein gutes Beispiel sei das gemeinsame Image- und Marketingprojekt aller Kreishandwerkerschaften in Mecklenburg-Vorpommern mit dem und für das Handwerk. „Jugendliche teilen ihren Arbeitsalltag in den sozialen Medien wie Instagram, Facebook oder Snapchat mit Bekannten und zeigen, was sie im Berufsalltag erleben“, sagt Gastel. „Das ist Werbung für den Betrieb und die gesamte Branche.“ Bei der Podiumsdiskussion am Abend sei es für den Glasermeister daher besonders wichtig, dass Lehrlinge anwesend sind und berichten, wie sie auf ihre Stellen aufmerksam geworden sind, und zudem ihre persönlichen Erfahrungen einbringen. Es sei Aufgabe der Politik, dies aufzunehmen.

GFF-Praxistage

Von dieser zeitnahen Veranstaltung führt das Thema zu einem Termin, der etwas ferner in der Zukunft liegt: zu den GFF-Praxistagen. Ob Gastel daran teilnimmt? „Natürlich“, sagt er und lacht. Er freue sich bereits auf den Vortrag von seinem Kollegen, Landesinnungsmeister (LIM) Jürgen Sieber, über Verfärbungen an Kunststoffprofilen.

Ein Highlight für ihn sei der Vortrag „Erfahrung, Leidenschaft, Sorgfalt – Ihr Werkzeugkasten als Unternehmer“ von Wilhelm Hachtel. „Das ist ganz spannend für unsere Branche, gerade weil sie sich aktuell so verändert“, sagt der Betriebsinhaber. Sich für den eigenen Job zu begeistern, souverän an Aufgaben heranzugehen und dabei nicht den Überblick zu verlieren – dies seien wichtige Strategien, die den eigenen Arbeitsalltag vereinfachen, verbessern und attraktiver gestalten.

Den Glasermeister interessiere der Vortrag über Schwellenfreiheit vs. Überrollbarkeit, da er sich in seinem Betrieb oft mit Aufträgen konfrontiert sieht, die in diese Richtung gehen. „Die Bevölkerung wird immer älter und Barrierefreiheit wird zu einem wichtigen Aspekt“, sagt er. Hier stehe das Handwerk häufig vor Schwierigkeiten – dies betreffe Planung und Technik. „Barrierefreie Lösungen müssen dicht sein, darauf kommt es an. Gleichzeitig kann die Schwellenhöhe nicht niedrig genug sein, wir brauchen die Nullschwelle“, ergänzt er. Im Neubau sei die Umsetzung von Barrierefreiheit weniger ein Problem der technischen Möglichkeiten: „Die Planung ist entscheidend. Der Planer muss ganz konkret festlegen, wer wo arbeitet und bei wem die Zuständigkeiten liegen.“ Bei Sanierungen sei die Planung etwas einfacher. Im besten Fall wisse der Kunde, wer wo zuständig war oder ist, und teilt diese Informationen mit den Betrieben. Sie haben dann die Gelegenheit, sich miteinander abzusprechen. „Bei der Sanierung besteht die größte Schwierigkeit darin, geeignete Produkte zu finden“, sagt der Glasermeister.

Preiserhöhung beim BIV

Und was gibt es Neues zur geplanten Beitragserhöhung des Bundesinnungsverbands des Glaserhandwerks (BIV)? „Wenn man sich umhört, lautet der Tenor bisweilen, dass die Mitglieder bereit wären, die Kosten mitzutragen, sofern der BIV seine Finanzen offenlegt“, berichtet er. Sollte dies nicht geschehen, würden die Mitglieder nicht bereit sein, diese Mehrkosten zu zahlen. „Der Verband muss in gewisser Weise in Vorleistung gehen. Wenn die Mitglieder sehen, was der Verband leistet und wofür er das Geld braucht, dann gehen sie auch mit“, sagt er. Die Handwerker-Generationen würden sich hierbei voneinander unterscheiden, und das gelte es miteinzubeziehen. „Die Eltern-Generation hat noch gesagt, wir brauchen einen Verband, der technisch und politisch aktiv ist, dafür zahlen wir auch Geld. Die heutige Generation ist da kritischer und will wissen, was genau mit ihrem Geld passiert und wofür es ausgegeben wird.“

Der GFF BW plant ein eigenes Verfahren für den Fenstertausch bei Asbestbelastung. Zu dem Thema hat sich laut Gastel bislang nicht viel getan. „Wir warten auf die Ergebnisse des Nationalen Asbestdialogs Ende September, damit wir auf Verbandsebene wissen, wie der politische Rahmen aussieht, und wir entsprechend handeln können“, sagt Gastel der GFF-Redaktion.