Skype-Gespräch mit Vize-LIM Wolfgang Gastel Was gibt es Neues, Herr Gastel?

Im Skype-Gespräch mit GFF saß dieses Mal Wolfgang Gastel, Vize-LIM Baden-Württemberg, auf der anderen Seite. Er spricht über die politische Lobbyarbeit, die DIN 18008, die staubfreie Baustelle, den kleinen Asbest-Schein – und über ungeduldige Kunden.

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    Skypen mit GFF: Glasermeister Wolfgang Gastel und Redakteurin Andrea Mateja in Aidlingen, Redakteur Matthias Metzger in den Redaktionsräumen in Bad Wörishofen (Monitor)
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    Blick von der anderen Seite: Redakteur Matthias Metzger zeichnete das Gespräch auf.

Seit fast zwei Jahren ist Wolfgang Gastel stellvertretender Vorsitzender im Vorstand des Fachverbands GFF Baden-Württemberg (GFF BW). Schwierigkeiten, sich in das Amt einzuleben, hatte er keine – dank der Aufgabenteilung mit dem Vorsitzenden Jürgen Sieber, dem „Top-Mann fürs Fachliche“. Gastel wiederum vertritt das Glaserhandwerk auf politischer Ebene. „Politisch bin ich als Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften in Baden-Württemberg sowie durch meinen Sitz im Baden-Württembergischen Handwerkstag gut vernetzt. Insofern hat sich für mich eine Titelergänzung ergeben, aber keine explizite Änderung der Tätigkeit“, sagt Gastel.

Ob er durch seine politische Vernetzung auch daran beteiligt gewesen sein könnte, dass die Bauministerkonferenz die sog. 0,8 Meter-Regelung in der DIN 18008 vor Weihnachten aufgrund zu erwartender steigender Baukosten in ihrer geplanten Form zurückwies?

Glasermeister mit Ministerzugang

Gastel berichtet, dass bei einem Gespräch im kleinen Kreis mit dem baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller das unnötige Verteuern des Bauens durchaus Thema gewesen sei. Allerdings: „Ob das der direkte Auslöser war, die 0,8 Meter-Regelung in der bisherigen Form zu verwerfen, sei dahingestellt“, sagt Gastel. Der Glasermeister selbst hält ein Regelwerk für den Einsatz von Sicherheitsglas im privaten Wohnbau für unnötig. Es reiche aus, dass der Fachhandwerker eine Hinweispflicht im Verhältnis zum Kunden habe. „Der Kunde soll nach der Beratung selbst entscheiden, welche Ausführung er bevorzugt.“

Höchst politisch waren auch die zurückliegenden BIV-Wahlen in Trier. „Mit dem Ergebnis hat keiner gerechnet, es ist eine unglückliche Situation entstanden“, sagt Gastel. Zur Erinnerung: Mit Bayern ist ein (weiterer) starker Landesverband nicht mehr im Vorstand vertreten, darüber hinaus sind zwei Präsidiums­plätze unbesetzt geblieben. Der GFF BW selbst hatte seinen Rückzug aus dem Präsidium bereits frühzeitig vor den Wahlen exklusiv vor der GFF-Filmkamera verkündet: Man wolle sich als Kompetenzzentrum für den Fensterbau auf die eigenen Themen konzentrieren, ohne in Interessenskonflikte zu geraten, die ein Sitz im BIV-Vorstand mit sich bringen könnte. „Im Nachhinein bin ich froh, dass wir mit unserer Ankündigung frühzeitig in die Offensive gegangen sind“, sagt Gastel. „Wir wollen uns verstärkt im und für den Fensterbau einbringen.“

Staubfreie Baustelle als Serviceleistung

Ein Thema, das hier alsbald auf die Tagesordnung treten dürfte, sind die seit dem 1. Januar 2019 gültigen neuen Grenzwerte für Stäube am Arbeitsplatz. Gastel rechnet damit, dass es bis Ende des Jahres konkrete Arbeitsanweisungen geben werde. „Inwieweit diese im Fensterbau greifen werden, bleibt abzuwarten“, sagt der Glasermeister. Seine Sorge ist, dass insbesondere das Zerstäuben bestimmten Auflagen unterliegen werde. „Wir können dem Kunden dann nur noch den Fensteraustausch mit abgeschlagener Laibung empfehlen. Das ist mit Zusatzkosten verbunden – und die Sanierung dauert länger.“ Auch davon abgesehen sieht Gastel zu strenge Vorschriften kritisch. Bereits heute baut der Fachmann nämlich in der Sanierung gewisse Einhausungen auf – dem Kunden zuliebe. „Wir haben immer weniger Möglichkeiten, uns über Serviceleistungen von Mitbewerbern abzuheben“, sagt Gastel. Seine Vorahnung: „Wenn Einhausungen vorgeschrieben sind, werden einige diese Leistung sicherlich nicht in Rechnung stellen.“

Bereits ein anerkanntes Verfahren gibt es beim Thema Asbest im Fensterkitt. „Ich bin froh, dass der BIV sich hier so stark engagiert hat“, sagt Gastel. Auch wenn das Thema in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle spiele – mit dem Verfahren seien Fachbetriebe auf der sicheren Seite, die Arbeit werde damit wesentlich vereinfacht. Sein Rat an die Kollegen: „Der kleine Asbestschein steht an.“ Gastel selbst hat den Schein im vergangenen Januar gemacht.

Abstimmung mit anderen Gewerken

Als Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften in Baden-Württemberg vertritt Gastel alle Gewerke im organisierten Handwerk. Auch in der Praxis weiß der Fachmann, wie wichtig die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit ist. „Um mein Gewerk richtig auszuführen, brauche ich die Unterstützung der anderen“, sagt der Glasermeister. Man müsse sich in manchen Fällen mit dem Kollegen, der davor und und danach kommt, abstimmen. Am liebsten sind Gastel vor diesem Hintergrund Architekten, die die einzelnen Gewerke frühzeitig einbinden und darüber hinaus nach deren Vorgaben planen. „Im Austausch mit den anderen Gewerken entstehen die besten Lösungen. So bekommt der Kunde am Ende eine mängelfreie Leistung.“

Mehr Verständnis für Handwerker

Apropos Kunde: Obwohl der Fachkräftemängel im Handwerk immer deutlicher zutage trete, werden die Kunden laut Gastel immer ungeduldiger. Dem Fensterbauer ist das ein Dorn im Auge. „Wir wollen für den Kunden ordentliche Arbeit leisten – das braucht Zeit“, sagt Gastel. Das akzeptiere der Kunde immer weniger. Es müsse immer schneller gehen. Wenn der Auftraggeber heute anruft, möchte er am Abend das Angebot auf dem Tisch haben. „Es ist manchmal schwierig, dem Kunden zu vermitteln, dass er Geduld braucht.“ Angesichts des Fachkräftemangels wünscht sich Gastel mehr Verständnis im sozialen Umfeld. Nicht für jeden sei ein Studium der richtige Weg, die handwerkliche Ausbildung eröffne viele Möglichkeiten. „Ich würde mir wünschen, dass die Entscheidung für einen Lebensweg im Handwerk auf mehr Verständnis stößt.“