Skype-Interview mit dem Hauptgeschäftsführer des Fachverbands GFF BW Was gibt es Neues, Herr Dörr?

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Kurz vor der Weltleitmesse glasstec dreht sich in der Branche alles um den transparenten Werkstoff. Via Skype erzählt GFF BW-Hauptgeschäftsführer Waldemar Dörr GFF u.a., warum Glas eine zunehmend größere Rolle im Verband spielt.

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    Unsere Redakteurin Andrea Mateja im Skype-Gespräch mit Waldemar Dörr und Chefredakteur Reinhold Kober (v.li.)
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    Anderer Blickwinkel: GFF BW-Hauptgeschäftsführer Waldemar Dörr (2.v.li) ging im Skype-Gespräch mit der GFF-Redaktion auf viele Themen rund ums Glas ein.

Mit der glasstec steht die Messe rund ums Glas an. Das Branchenhighlight haben wir zum Anlass genommen, uns zu einem Skype-Gespräch mit Waldemar Dörr, dem Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg (GFF BW), zu verabreden. GFF-Chefredakteur Reinhold Kober traf sich mit Dörr, der zudem die GFF-Fachschule in Karlsruhe leitet, im Meisterbetrieb von Glasermeister und ö.b.u.v. Sachverständigem Jürgen Sieber in Stetten a.k.M. Im Anschluss ging es für die Herren auf eine gemeinsame Motorradtour – in weiblicher Begleitung. (Mehr dazu lesen Sie im nachfolgenden Beitrag.)

Gleichberechtigung von Glas

Vor dem gemeinsamen Ausflug diskutierten wir mit Dörr über die aktuelle Lage im Fachverband. Der GFF BW öffnete sich in den vergangenen Jahren thematisch immer mehr in Richtung Glas. „Darauf legen wir großen Wert“, sagt der Hauptgeschäftsführer. „Wir werden oft mit dem Fenster assoziiert, aber man findet in unserem Titel die drei Worte ,Glas, Fenster, Fassade’. Wir wollen alle drei Bereiche im gleichen Umfang abdecken.“ Der Verband achte innerhalb der einzelnen Themen daher auf inhaltliche Ausgewogenheit. Das betreffe beim Fenster z.B. die gleichberechtigte Bearbeitung der Rahmenmaterialgruppen Aluminium, Holz und Kunststoff. Der GFF BW gebe seinen Mitgliedern die Möglichkeit, sich mit Neuem zu befassen, für zusätzliche Impulse im Tagesgeschäft. „Die Hinweise verstehen wir als Chancen, einen Mehrwert zu schaffen und Perspektiven aufzuzeigen. Vielleicht gelingt es Betrieben so, sich besser in ihrer Region zu platzieren.“

Diese Taktik schlägt der Fachverband ebenfalls in seiner Bildungseinrichtung ein. „In der Theorie und Praxis wollen wir alle Materialbereiche bedienen und so die ganze Range abdecken, die wir zu bieten haben“, sagt Dörr. Dies hätten die Schüler positiv aufgefasst und neu erworbene Kenntnisse sogar als Erweiterung in ihren Unternehmen umgesetzt.

Die aktuell stabilen Mitgliederzahlen beweisen, dass die Neuausrichtung des Verbands in den vergangenen Jahren richtig war. „Und wir kämpfen weiter. Denn trotz dieser positiven Erfahrungen steht unsere Branche vor Problemen wie dem Fachkräftemangel“, sagt Dörr. So groß die Bemühungen des Verbands sind, wenn es keinen Nachwuchs gibt, wird die Mitgliederzahl irgendwann zwangsläufig sinken.

GFF-Fachschule auf der glasstec

„Um wieder junge Menschen für unser Handwerk zu begeistern, versuchen wir, neue Wege einzuschlagen“, sagt Dörr. Der Verband ging eine Kooperation mit der Berufsakademie im niedersächsischen Melle bei Osnabrück ein, durch die Absolventen erst einmal ihren Meistertitel an der GFF-Fachschule erwerben. Im Anschluss belegen sie für vier Semester den dualen Bachelor-Studiengang Fenster- und Fassadenbau. Mit einem Info-Counter zum Studiengang ist die Schule auch auf der glasstec in Düsseldorf vertreten. „Wir wollen Glasern zeigen, dass es für sie viele Weiterbildungsmöglichkeiten gibt“, sagt Dörr. Viele einzelne Bundesländer könnten eine Kooperation wie diese nicht realisieren, aber gerade deswegen zeige die Fachschule Präsenz. „Das ist eine neue Chance für Glaser, um sich weiterzuqualifizieren. Das gilt es nun, deutschlandweit darzustellen.“

Neue Hoffnung bei DIN 18008

Das Ergebnis der ersten Einspruchssitzung zur DIN 18008 bezeichnet der Hauptgeschäftsführer als positive Entwicklung. Eine Formulierung soll die 0,8-Meter-Forderung ergänzen. Nach dieser entscheide eine Risikoabschätzung über das einzusetzende Glas. Sollte es trotz der Abwägung mit dem Kunden zum Unfall kommen, ändere sich die haftungsrechtliche Situation nicht wesentlich. „Die besprochene Risikoabschätzung ist ein guter Kompromiss“, sagt Dörr. Sie befreie den Handwerker von einer gewissen Unmündigkeit. „Jetzt wird er in seiner Präsenz und Kompetenz wieder gefragt. Das ist für uns sehr wichtig.“

Zurückhaltung bei Vakuumglas

Vakuum-Isolierverglasung (VIG) ist in den zurückliegenden Jahren fast schon zum Unwort geworden. Auf einem Vortrag von Peter Schober (HFA) für die Veranstaltungsreihe der FH Biel zur FENSTERBAU FRONTALE tauchte das Thema wieder auf – wird es doch noch was mit dem energieeffizienten Rückenschmeichler? „Die Technik und die Leistung sind realisierbar. Dennoch gibt es große Berührungsängste“, sagt Dörr. Schließlich fehlten weiter Belege für die gesichert funktionierende Produktionstechnik, ganz zu schweigen von der Marktakzeptanz in Hinblick auf die sichtbaren Abstandhalter. Deshalb sei es verständlich, dass Isolierglashersteller mit Investitionen zögerten. „Für sie geht es um viel Geld. Sinnvoll ist das nur, wenn es die Sicherheit gibt, dass sich die Investition refinanziert“, sagt Dörr.

Einsatzbereiche für steife Folien

Bei Fassaden sind möglichst wenige und schmale Profile weiterhin ein Trendthema. Um diese Anforderung umzusetzen, könnte der Fachmann mit der Schubsteifigkeit von Verbundsicherheitsglas (VSG) spielen. Beim Einsatz von bestimmten Glasaufbauten in Kombination mit entsprechenden Folien ist es möglich, größere Abmessungen und homogene Glasansichten zu erzielen. Im Vergleich zu Asien und den USA, aber auch Märkten in Europa agierten die Regelsetzer hierzulande bislang konservativ, was die statische Nachweisführung betrifft. „In großen Projekten ist das ein Thema“, sagt Dörr, im handwerklichen Bereich von untergeordneter Bedeutung. „Solche Anforderungen treten in einem kleinen Teil des Objektmarkts zutage.“ Etwas progressiver zu sein, schadet der Branche nicht.