Bestandsaufnahme zur Warmen Kante Warme Kante

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Warme-Kante-Systeme für den Randverbund von Mehrscheiben-Isolierglas sind seit mehr als 20 Jahren bekannt. Bei deren Marktdurchdringung gibt es – zum Leidwesen unserer Autorin – allerdings nach wie vor Luft nach oben.

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    Der Einfluss des Fensterformats auf den U W -Wert, berechnet für ein einflügeliges Fenster mit kalter Kante (elf Zentimeter Profilbreite, U g = 0,8 W/m²K, U f = 1,1 W/m²K sowie C g = 0,08 W/mK): Für das Standardformat 1,23 mal 1,48 Meter beträgt der U-Wert U w = 1,1 W/m²K (exakt: 1,0898 W/m²K; gelbe Markierung im Diagramm).
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    Der Einfluss des Fensterformats auf den U w -Wert, berechnet für ein einflügeliges Fenster mit Warmer Kante (elf Zentimeter Profilbreite, U g = 0,8 W/m²K, U f = 1,1 W/m²K sowie C g = 0,04 W/mK): Für das Standardformat 1,23 mal 1,48 Meter beträgt der U-Wert U w = 0,99 W/m²K (exakt: 0,9900 W/m²K; gelbe Markierung im Diagramm).

Nach den Zahlen der VFF/BF-Studie „Mehr Energie sparen mit neuen Fenstern“, zuletzt aktualisiert im September 2017, haben Fenster in den vergangenen 20 Jahren eine enorme Entwicklung hingelegt. Den größten Beitrag zur wärmetechnischen Verbesserung der produzierten Elemente leisteten demnach die Verglasungen. Aber auch die Rahmen-U-Werte sind in den vergangenen 20 Jahren im Mittel um 35 Prozent gesunken. Dabei gibt es große Unterschiede bei den einzelnen Rahmenmaterialgruppen: Während die Aluminiumfenster, die 1996 noch Rahmenwerte von durchschnittlich Uf = 3,0 W/m²K aufwiesen, die größte wärmetechnische Wegstrecke zurücklegen mussten (2016: 1,4 W/m²K), bewegten sich die in Deutschland gebauten Holzfensterrahmen in 20 Jahren gerade mal von Uf = 1,7 W/m²K zu 1,4 W/m²K. Allerdings tritt eine gewisse Ernüchterung bei der Feststellung ein, dass der durchschnittliche Uw-Wert über alle Rahmenmaterialien, Glasaufbauten und Randverbundarten mit zirka 1,2 W/m²K immer noch um 50 Prozent über dem machbaren Niveau für Passivhausfenster liegt.

Potenzial nicht ausgeschöpft

Zudem fällt es auf, dass sich die Uw-Werte in den vergangenen vier Jahren trotz ambitionierter Klima-Fernziele kaum noch verbessert haben. Das liegt vermutlich am fehlenden Zwang durch weitere Verschärfungen seitens der EnEV. Oft wird wegen der Zwängungen des Marktes nur das vom Gesetzgeber geforderte Minimum eingebaut. Dabei wäre so mancher Bauherr bereit, wärmetechnisch leistungsfähigere Produkte einzusetzen. Schließlich haben Fenster andere Lebenszyklen als Mobiltelefone oder Automobile. Dafür sind jedoch eine kompetente Beratung und das Anbieten von Zusatzleistungen vonnöten – leider keine Selbstverständlichkeit in der Fensterbranche. Offensichtlich werden bei Fenstern die technischen Möglichkeiten noch lange nicht vollständig ausgeschöpft. Das gilt nicht nur für die Verwendung von Dreifach- anstelle von Zweifach-Isolierglas oder von besser dämmenden Rahmenprofilen, sondern insbesondere auch für den wärmetechnisch verbesserten Randverbund. Die Grafik links zeigt, dass im Jahr 2016 lediglich 63 Prozent der produzierten Fenster in Deutschland ein Warme-Kante-System im Isolierglas-Randverbund enthielten. Dabei gibt es zwar regionale Unterschiede – in manchen Regionen ist für Isolierglashersteller der Aluminium-Abstandhalter zum seltenen Sonderprodukt geworden. Trotzdem mag sich der eine oder andere Leser in Anbetracht dessen verwundert die Augen reiben, dass sich angesichts der vielen Vorteile und der vergleichsweise geringen Mehrkosten die Entwicklung eines nennenswerten Marktanteils für die Warme Kante so lange hinzog und dieser noch immer nicht bei 100 Prozent liegt.

Die Vorteile der Warmen Kante

Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Die bessere Isolierglas-Scheibe ist die mit wärmetechnisch verbessertem Abstandhalter im Randverbund. Warum?

  • Die Wärmebrücke im Übergangsbereich von Glas zu Rahmen oder Fassadenprofil wird minimiert. Das spart Heizenergie (und Kühlenergie) und schont das Klima.
  • Im Heizungsfall bleibt die raumseitige Oberflächentemperatur am Glasrand höher (deshalb „Warme Kante“), das Risiko von hygienisch bedenklicher Tauwasser- und Schimmelbildung sinkt.
  • Die U-Werte von Fenstern und Fassaden verbessern sich durch die niedrigeren Psi-Werte bei Warme-Kante-Systemen signifikant.

Weitere Informationen stehen mit dem BF-Merkblatt 004 kostenlos auf der Homepage des Bundesverbands Flachglas (BF) zur Verfügung.

Nicht jedes Fenster hat die Abmessung 1,23 mal 1,48 Meter und ist einflügelig. Dieses Standardmaß wurde im Zuge der Normierung für die Vergleichbarkeit von Werteangaben eingeführt. Für die CE-Kennzeichnung wird der Uw-Wert für Fenster (ab Ug < 1,9 W/m²K) immer mit dieser Abmessung ermittelt.

Der Einfluss von Format und Gestaltung auf den Uw-Wert

Der Uw-Wert ist jedoch eine gemischte Angabe aus flächen- und längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten. Deshalb haben Format und Gestaltung Einfluss auf den Gesamtwert. Unter Fensterformat sind das Verhältnis von Länge zu Breite sowie die gesamte Fenstergröße zu verstehen. Für den Einfluss der Warmen Kante auf den Uw-Wert heißt das:

  • Eine quadratische Fläche von einem Quadratmeter weist weniger Rand auf als eine entsprechende rechteckige Fläche. Beim rechteckigen Fenster hat der Rand (Rahmen und Glasrand) im Vergleich zum Quadrat stärkeren Einfluss.
  • Ein kleines Fenster weist ein ungünstigeres Verhältnis von Glasrandlänge zu Gesamtfläche auf als ein großes. Kleine Fenster haben anteilig mehr Rand. Deshalb wird der Uw-Wert auch bei gleichem Verhältnis von Länge zu Breite besser, je größer das Fenster ist.

Die Abbildungen auf der nächsten Seite zeigen, dass die Uw-Werte der im Wohnbau üblichen Fensterformate mit Warmer Kante deutlich besser sind.

Als Fenstergestaltung wird die Ausführung eines Fensters als einflügelige oder zweiflügelige Variante mit Setzpfosten oder Stulp, mit Oberlicht oder Seitenteilen, als Drehkipp-Fenster, Drehfenster, Klappfenster oder festverglastes Fenster usw. verstanden. Diese Gestaltung des Fensters hat ebenfalls Einfluss auf den tatsächlichen Uw-Wert: Ein zweiflügeliges Fenster oder ein Fenster mit Oberlicht weist deutlich mehr Glasrand und mehr Rahmenfläche auf als ein einflügeliges Fenster mit identischen Abmessungen. Für eine genaue Berechnung der Wärmeverluste eines Gebäudes kann der Planer die individuelle Angabe des Uw-Werts für jedes einzelne Fenster fordern. Eine gemischte Werteangabe ist nicht zulässig, es müssen alle Fenster mit ihrem individuellen Uw-Wert gekennzeichnet werden.

Warum gibt es immer noch Aluminium-Abstandhalter?

Von der ersten organisch geklebten Isolierglasscheibe im Jahr 1959 bis zum Auftauchen der ersten Warme-Kante-Systeme Mitte der 90er-Jahre vergingen in Deutschland annähernd 40 Jahre. In dieser Zeit hatte sich der Aluminium-Abstandhalter, samt der dazugehörigen ausgefeilten Verarbeitungstechnik in den Isolierglasproduktionen, zum Standardprodukt für den Isolierglas-Randverbund entwickelt. Einziger Nachteil dieser ansonsten bewährten Lösung war die hohe Wärmeleitfähigkeit von Aluminium, die im Randbereich von Isolierverglasungen eine Wärmebrücke verursachte. Die wärmetechnische Verbesserung dieser Schwachstelle, zum Teil aber auch der Wunsch nach mehr Automatisierung in der Isolierglas-Fertigung, führte schließlich zur Entwicklung verschiedener Warme-Kante-Lösungen.

Heute sind Warme-Kante-Abstandhalter für Mehrscheiben-Isolierglas seit mehr als 20 Jahren bekannt. Es zählen dazu Profile, die auf konventionelle Weise zu Abstandhalterrahmen verarbeitet werden (Profilstangen aus Edelstahl sowie Hybridprofile aus Kunststoff mit Edelstahl oder auch mit Verbundfolien), aber auch die flexiblen Systeme, die vollautomatisch direkt auf die Scheiben appliziert werden (thermoplastische Abstandhalter aus dem Fass, kurz: TPS, oder geschäumte Profile von der Rolle). Sicherlich ist einer der Hauptgründe dafür, dass 2016 immer noch 37 Prozent aller Fenster in Deutschland mit kalter Kante produziert wurden, der fehlende gesetzliche Zwang zum wärmetechnisch verbesserten Randverbund. Für Neubauten fordert die EnEV (aus gutem Grund) lediglich einen Gesamtwert für die thermische Gebäudehülle.

Fazit

Offensichtlich ist vielen noch immer nicht klar, wie groß der positive Effekt der Warmen Kante für das Erreichen dieses Gesamtwerts ist. Das Wissen um die Werteverbesserung von Uw, aber auch Ucw ist noch immer nicht bei allen angekommen. Natürlich muss es immer auch Pioniere geben, die heute schon an den Produkten von übermorgen arbeiten und Uw-Werte von weniger als 0,6 W/m²K anstreben. Gerade was die Warme Kante angeht, wäre es jedoch wünschenswert und sinnvoller, wenn die heute bereits bewährten, guten Lösungen erst einmal den Markt vollständig durchdringen und den Aluminium-Abstandhalter komplett ablösen würden. Gemeinsam mit einer Erhöhung des Anteils von Dreifach-Isoliergläsern und der Nutzung besserer Rahmensysteme könnten sich die durchschnittlichen Uw-Werte der in Deutschland produzierten Fenster weiter signifikant verbessern.