Flachglas Wernberg – Markterfahrung seit 75 Jahren Vom abhängigen zum eigenständigen Glashersteller

Flachglas Wernberg feiert zum 75-jährigen Bestehen namhafte Markterfolge. Das Unternehmen hat sich vom Sicherheitsglas-Spezialisten zum Vollsortimenter entwickelt. Seine Mitarbeiter sind in besonderer Weise am Geschäftserfolg beteiligt.

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    Glasprodukte von Flachglas Wernberg prangen in solch spektakulären Objekten wie dem QRC Tower in Hongkong.
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    Sonnenschutzglas der Infra-Serie ist eines der funktionalen Glasprodukte von Flachglas Wernberg.
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    Mit viel Erfahrung fertigen die Mitarbeiter des Unternehmens unter anderem Verbundglas.

1999 stand der Betrieb als Teil des Pilkington-Konzerns noch unter Druck, weil sich die Konzern-Mutter konsolidieren und Flachglas Wernberg veräußern wollte. „Im Dialog zwischen Mitarbeitern, Politik, Gewerkschaften und dem Unternehmen reifte die Idee, einen Teil des Betriebs an die Mitarbeiter zu verkaufen“, erläutert Holger Rexhausen, Geschäftsführer von Flachglas Wernberg. Pilkington gewährte den Mitarbeitern ein Darlehen und jeder erhielt einen gleichen Anteil am Unternehmen. Mittlerweile sind die Kredite getilgt und die Angestellten profitieren als stille Gesellschafter vom Geschäftsergebnis der Firma und erhalten ihren Teil am Gewinn. Mit diesem Modell gelang dem Hersteller der Schritt in die Unabhängigkeit. Den größeren Spielraum nutzte die Geschäftsführung für die Ausweitung der Produktpalette. Konzentrierte sich der Betrieb zunächst auf die Fertigung von Sicherheitsglas, v.a. als Verbundsicherheitsglas (VSG), kamen im Lauf der Jahre Fassadenglas (Iso, Funktionen Sonnenschutz, Schallschutz etc.) Interieurglas (Böden, Treppen, Trennwände etc.), Fahrzeugglas dazu. „Heute sind wir ein Vollsortimenter und bieten unter anderem alle Varianten an Einscheibensicherheitsglas, VSG und Isolierglas an“, sagt Rexhausen.

Auf komplexe Produkte konzentrieren

Als Teil der aktuellen Strategie will sich Flachglas Wernberg auf innovative Produkte mit dem Schwerpunkt Objektgeschäft konzentrieren. „Wir suchen uns dabei gezielt Objekte aus, die anspruchsvolle und komplexe Glasprodukte erfordern. Dazu kommt als zweiter Teil unseres Pakets die hohe Qualität der Dienstleistung aus Beratung, Konstruktion, Logistik und Verklebung mit hoher Zuverlässigkeit als Komplettservice“, erläutert der Geschäftsführer. Im Sinn hat er dabei höherwertige Glaskombinationen mit VSG aus Dünnglas, Glas mit Digitaldruck, Mehrfachaufbauten und Isoliergläser für Spezialanforderungen. Ein Alleinstellungsmerkmal führt das Unternehmen mit seiner thermischen Bedampfungsanlage ins Feld. „Damit sind wir als einziger Hersteller in der Lage, gebogene Scheiben und Panzerglas zu beschichten“, betont Rexhausen. Seiner Meinung nach sind noch mehr Funktionen im Glas machbar und sinnvoll. Je höherwertiger und funktionaler Glas sei, desto unbedeutender sei der Preis bei den Verhandlungen mit den Kunden. „Viele Bauherren und Planer sind froh, wenn wir ihre Probleme bei schwierigen Herausforderungen lösen. Der Preis rückt dann in den Hintergrund“, sagt der Glasexperte.

Niedrige Preise drücken auf
die Stimmung

Die Diskussion über Preise beschäftigt Rexhausen mit Blick auf die Entwicklung des Glasmarkts. Massive Überkapazitäten in der Floatglasproduktion haben in den vergangenen Monaten den Preis für Rohglas gesenkt. Als großes Problem sieht der Branchenkenner die Tendenz vieler Glasverarbeiter, diese gesunkenen Preise und Produktivitätsfortschritte fast 1 : 1 an die Endkunden weiterzugeben: „Das macht einfach keinen Sinn, weil wir uns langfristig die Preise kaputtmachen und weil die Kosten für die Verarbeitung von hochwertigen Produkten ja nicht gesunken sind. Die EEG-Umlage verzerrt den Markt durch unterschiedliche Energiekosten für die einzelnen Unternehmen zusätzlich.“ Daneben drängen verstärkt Glashersteller aus europäischen Ländern nach Deutschland, die ihre Kapazitäten in ihren teilweise zusammengebrochenen Heimatmärkten nicht auslasten können. In diesem Marktumfeld bietet die Steigerung der eigenen Produktivität eine Möglichkeit, im Wettbewerb zu bestehen. Seit 1999 hat Flachglas Wernberg zirka 25 Millionen Euro aus dem eigenen Cashflow in diese Strategie investiert. Eine weitere Möglichkeit für bessere Margen bietet das Verkaufen von Glasprodukten über höhere Preise. „Wir haben in der Branche zu viel Angst vor verlorenen Aufträgen und wir haben verlernt, zu verkaufen. Höhere Preise muss ich dem Kunden mit hoher Qualität, Funktionalität, aufwändiger Produktion und Energiekosten erläutern“, zieht Rexhausen Bilanz.

Erfahrung als Trumpfkarte

Wachsen will Flachglas Wernberg künftig mit der Spezialisierung auf hochwertige Glasprodukte als Kombinationen aus ESG und VSG mit Digitaldruck und anderen Zusatzausstattungen. Zu den Kunden zählen Glasgroßhändler, weiterverarbeitende Unternehmen, Metall- und Fassadenbauer, Werften und Fahrzeughersteller in Deutschland und Europa, im Einzelfall auch in aller Welt. Den Schwerpunkt sieht der Geschäftsführer im Objektgeschäft, aber auch der Privatkundenbereich biete gerade in der Sparte Interieur Potenzial. Mit Unternehmenszukäufen will die Flachglas-Wernberg-Gruppe in spezialisierten Nischen vor allem die Lieferzeiten verkürzen und ihre Präsenz in Märkten mit Wachstumschancen stärken. Mit dieser Ausrichtung erwirtschaften heute 620 Mitarbeiter inklusive 60 Auszubildende einen Jahresumsatz von zirka 70 Millionen Euro. Als größten Trumpf für die Zukunft des Unternehmens nennt Rexhausen die große Erfahrung in der Produktion und Entwicklung von Glas. „Wir haben viele Mitarbeiter, die 40 Jahre bei uns arbeiten und ihr Wissen an die jüngere Generation weitergeben. Diese große Erfahrung grenzt uns sicher von anderen Unternehmen der Branche ab“, erläutert der Geschäftsführer. Stolz ist er auf die Entwicklung von Flachglas Wernberg in den vergangenen Jahrzehnten: „Wir haben uns von einem abhängigen Produktionsstandort zu einem unabhängigen Unternehmen entwickelt und wir sind gleichzeitig gewachsen. Das ist schon ein besonderer Erfolg unserer Mitarbeiter und der Geschäftsleitung.“